Sauerland. Der Ex-Bundestrainer im Freiwasserschwimmen, Stefan Lurz, soll jahrelang Athletinnen sexuell genötigt haben. So reagieren Wassersportler im HSK.

Es sind massive Vorwürfe: In seiner aktuellen Ausgabe hat das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ in einem Bericht schwerwiegende Anschuldigungen gegen Stefan Lurz, Bundestrainer Freiwasserschwimmen im Deutschen Schwimm-Verband (DSV) und wichtiger Coach am DSV-Standort in Würzburg, erhoben. Im betreffenden Artikel werden dem 43-Jährigen zahlreiche sexuelle Übergriffe gegen junge Schwimmerinnen vorgeworfen, die über viele Jahre lang stattgefunden haben sollen.

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In verschiedenen Stellungnahmen bestreitet Stefan Lurz die Vorwürfe. Der Würzburger trat von seinem Amt als Bundestrainer Freiwasserschwimmen zurück. Kurz zuvor war er bereits vom DSV beurlaubt worden, „ohne hiermit eine Vorverurteilung durchzuführen“, wie es vom Verband hieß. Die Staatsanwaltschaft Würzburg leitete ein Ermittlungsverfahren ein.

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Dieser Fall hat auch in der heimischen Sportszene für Aufsehen gesorgt. Weil er im Schwimmsport auftrat, haben wir mit Wassersportlern aus dem Sauerland gesprochen.

Mescheder Freiwasserschwimmerin ist entsetzt

Angela Kloppenburg vom SSV Meschede geht seit Jahren in ihrer Freizeit als Freiwasserschwimmerin ins Wasser. Und das durchaus ambitioniert – und mit Erfolg: Gemeinsam mit ihrer Tochter Greta startete die 62-Jährige zum Beispiel im Juni 2019 bei den bislang letzten Internationalen Deutschen Meisterschaften im Freiwasserschwimmen in Burghausen. Angela Kloppenburg feierte damals über 2,5 Kilometer den Gewinn des Vize-DM-Titels in ihrer Altersklasse (AK60). Greta Kloppenburg erreichte in der AK25 über 2,5 und 5,0 Kilometer jeweils einen starken sechsten Platz.

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Der aktuelle Eklat aus dem Profi-Schwimmsport habe sie erschüttert, sagt Angela Kloppenburg. „Ich bin schon lange dabei und auch überregional im Schwimmen als Kampfrichterin im Einsatz. In der Vergangenheit habe ich vereinzelt immer mal wieder Erzählungen gehört, dass Schwimmer und Schwimmerinnen sich in der Anwesenheit bestimmter Erwachsener unwohl fühlen. Übergriffigkeit ist auch im Schwimmsport Thema. Es ist die Aufgabe von uns Eltern und Verantwortlichen, ein wachsames Auge zu haben und das Wohl der uns anvertrauten Schwimmer und Schwimmerinnen stets im Blick zu behalten“, sagt sie.

Grundsätzlich sei der Schwimmsport, ähnlich wie der Turnsport, sicher anfälliger beispielsweise für Trainer und Funktionäre, die ihre Machtpositionen auszunutzen versuchten. „Man hat beim Schwimmen nun mal immer Menschen, die wenig bekleidet sind. Da muss man sehr genau aufpassen, was passiert“, so die Diplom-Sozialpädagogin.

Vereine können Maßnahmen treffen

Erschrocken über die Vorfälle am DSV-Standort Würzburg zeigt sich auch Katharina Bigge vom SV Marsberg. Die 33-Jährige betont, dass der unter Schwimmern „sehr bekannte Name“ des Beschuldigten „bislang mit großem Respekt verbunden gewesen“ sei. Bigge: „Ich finde es entsetzlich, dass diese Vorfälle offenbar so passiert sind.“

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Beim SV Marsberg ist die Sauerländerin für die Anfängerschwimmkurse für Kinder verantwortlich, die aktuell aufgrund der Coronapandemie ruhen müssen. Körperkontakt sei notgedrungen nötig, allein deshalb schon, um Hilfestellung beim Erlernen der Technik zu bieten. „Wir als Trainer sind zu diesen Themen sensibilisiert. Wir schauen beispielsweise in einem Schwimmbad bei Kursen oder im Training immer genau, wer da im Umfeld der Kinder ist. Ich finde, man muss vor allem im Schwimmsport schon einfach genau aufpassen“, sagt sie.

Beim SV Neptun Neheim-Hüsten kümmert sich Christoph Pehle als Pressesprecher um die Öffentlichkeitsarbeit. Der hauptberufliche Polizist betont, dass Schwimmvereine beispielsweise bei der Auswahl ihrer Trainer besonders umsichtig agieren sollten.

Es sollte aus Vereinssicht Wert darauf gelegt werden, dass nicht nur das polizeiliche Führungszeugnis, sondern auch ein erweitertes Führungszeugnis, in dem alle kinder- und jugendschutzrelevanten Verurteilungen auftauchen, verlangt wird. Das ist keine Vorverurteilung, aber wenn jemand in der sportlichen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen eingesetzt werden soll, muss man als Verein das Maximalmögliche machen, damit alle Unwägbarkeiten ausgeschlossen sind“, sagt Pehle.