Arnsberg. 20.000 Kinder konnten in NRW im vergangenen Jahr nicht schwimmen lernen. Das erzeugt auch für HSK-Vereine weiterführende Probleme.
Es ist ein klar formulierter Auftrag: Schwimmvereine wie der heimische SV Neptun Neheim-Hüsten verfügen nicht nur über Leistungsmannschaften, in denen Schwimmer trainiert, idealerweise verbessert und in Wettkämpfen eingesetzt werden. Die Klubs sollen darüber hinaus auch dafür sorgen, dass Kinder überhaupt erst das Schwimmen lernen. Diesem gesamtgesellschaftlich betrachtet äußerst wichtigen Ziel können Vereine wie der SV Neptun in der Coronapandemie und dem jüngst verlängerten Lockdown nicht nachkommen. Eine besorgniserregende Entwicklung, die nicht nur für Gefahr im Wasser sorgt, sondern ebenso die Schwimmvereine im HSK vor ein Dilemma stellt.
20.000 Kinder konnten im vergangenen Jahr in Nordrhein-Westfalen nicht schwimmen lernen, rechnet Frank Rabe, Generalsekretär des Schwimmverbandes NRW, in dem in etwa 580 Vereinen mehr als 220.000 Mitglieder organisiert sind, vor. „In NRW nehmen unsere Vereine jedes Jahr rund 25.000 Seepferdchen und 10.000 Schwimmabzeichen in Bronze ab. Davon konnten im Jahr 2020 rund 80 Prozent nicht ausgebildet werden. Und selbst 100 Prozent wären nicht ausreichend gewesen. Ich mache mir große Sorgen, dass viele Kinder auf der Strecke bleiben. Die Welle an Nichtschwimmern holt uns in diesem Jahr ein”, führt Rabe aus.
Rückstau bei HSK-Klubs befürchtet
Auch in den Schwimmvereinen im HSK wird sich bezüglich der Schwimmausbildung ein Rückstau bilden. Allein beim SV Neptun Neheim-Hüsten seien es etwa 100 Kinder, die im vergangenen Jahr aufgrund der Pandemie nicht schwimmen lernten, sagt Karin Kemper, Sportliche Leiterin des Klubs. Weil aktuell auch die Lehrschwimmbecken in Herdringen und Voßwinkel unter anderem aufgrund von Baufälligkeit ausfallen, verschärfe das Virus die Lage beträchtlich: „Natürlich wird es ein Problem werden, wenn dann noch mehr Kinder als ohnehin schon wieder schwimmen lernen wollen und sollen, wenn es wieder möglich ist.”
Für Vereine wie den SV Neptun Neheim-Hüsten steht die fehlende Schwimmausbildung ebenso ein weiterführendes Problem dar. „Wenn wir den Nachwuchs, die Kinder und Jugendlichen, nicht mehr ausbilden können, dann werden uns auf Dauer die Mitglieder für unsere Mannschaften fehlen”, sagt Karin Kemper. Auch das Niveau in den Leistungsteams droht so zu sinken, wenn die normalerweise nachkommenden Talente nicht mehr wie gewohnt untereinander für Konkurrenz sorgen und Leistungssteigerungen bewirken.
An jedem Tag, an dem Schwimmer nicht ins Wasser gehen können, bauen diese einen höheren Trainingsrückstand auf. Neben dem aktuell notgedrungen ohnehin pausierenden Trainingsbetrieb bietet der SV Neptun anders als in den vergangenen Monaten auch keine Trockeneinheiten an. Kemper: „Im Winter ist es eben auch nicht möglich, sich zum Trockentraining auf die Wiese zu legen. Jeder muss sich nun selbst fit halten. Wann es weitergehen kann, ist ja auch noch völlig unklar.”
Neue Studie liefert neue Erkenntnisse
Einer aktuellen Studie des Leibnitz-Instituts für Troposphärenforschung (TROPOS) in Leipzig und des CSIR-National Physical Laboratory in Neu Delhi nach geht von Hallenbädern bezüglich des Virus' keine erhöhte Gefahr aus. Man habe sich „damit beschäftigt, wie sich die Viren in feuchtklimatischen Raumbedingungen, wie sie in Hallenbädern vorherrschen, verhalten. Heraus kam, dass das Virus bei einer hohen Luftfeuchtigkeit schneller zu Boden fällt und nicht durch die Luft wirbelt. Insgesamt ist die Verteilung sogar geringer als in anderen Räumen”, sagt Frank Rabe vom Schwimmverband NRW.
Ein Durchbruch? Karin Kemper vom SV Neptun ist da skeptisch. „Wir trainieren normalerweise mit drei bis sechs Schwimmern auf einer Bahn. Da hilft mir dann auch keine gute Wirkung durch das Chlor: Diese Zusammenkunft ist aus meiner Sicht einfach viel zu nah. Die Sportler strengen sich an, atmen schwer ein und aus und sind eng beieinander. Das funktioniert nicht”, sagt Kemper. Die Funktionärin plädiert dafür, weiter notwendige Geduld aufzubringen: „Leider ist gerade total tote Hose, aber wir hoffen, dass es absehbar weitergeht.”