Sundern. Er sammelt Fußballergebnisse und -tabellen – jetzt steht für Hobbystatistiker Marlon Simatos eine schwere Zeit an. So vergleicht er den Lockdown.
Schon der erste Lockdown im Frühjahr sei nicht leicht gewesen, sagt Marlon Simatos. Dass nun aufgrund der Coronapandemie bis Ende November erneut der komplette Freizeit- und Amateursport in Nordrhein-Westfalen ruht, hat auch für den Hobbystatistiker aus Sundern Folgen: Seiner liebsten Freizeitbeschäftigung, dem Sammeln und Erfassen von Fußballergebnissen und -tabellen, wird weitgehend ein Riegel vorgeschoben.
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„Für jemanden, der Tabellen sammelt, ist das ärgerlich und bedauerlich. Man möchte die Statistiken komplett haben“, sagt Simatos – und stellt einen interessanten Vergleich an.
Corona wie frühere Winter: Als klirrende Kälte für lange Pause sorgt
Schneefall bereits im November, mehrere Kältewellen und Temperaturabstürze – der Winter 1962/1963 hatte es in sich. Laut verschiedener Quellen war dieser Winter der insgesamt strengste in Deutschland im gesamten 20. Jahrhundert.
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Kälte und Schneefall machten damals auch den Menschen im Hochsauerlandkreis zu schaffen. Marlon Simatos stammt nicht nur von hier und wohnt im HSK, sondern hat als Fußballstatistiker seinen Schwerpunkt auf die Gesamtklassements in den A-, B-, C- und D-Ligen Westfalens – vorzugsweise aus dem Sauerland – gelegt. Dass wochen- oder gar monatelang kein Fußball gespielt werden konnte, sei vor allem im Winter 1962/1963 deutlich geworden. „Das war eine der wohl längsten Unterbrechungen im Spielbetrieb“, sagt Marlon Simatos.
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Die damalige 1. Kreisklasse Arnsberg lasse sich besonders gut als Beispiel anführen. „Die Witterungsbedingungen hatten den Spielbetrieb fest im Griff. Während des gesamten Februars und noch bis Mitte März 1963 war kein Spielbetrieb möglich. Alle Spieltage in dieser Zeit wurden auf vorerst unbestimmte Zeit verlegt“, erklärt er. Erst am 17. März 1963 – 77 Tage nach den letzten Spielen – wurde der Spielbetrieb mit sieben Partien wiederaufgenommen. Anschließend wurde an jedem Wochenende und an den Feiertagen gespielt. „Spiele innerhalb der Woche waren ausgesprochen selten – ganz anders als heute. Das lag auch an der fehlenden Mobilität der Menschen“, so Simatos.
Erst am 7. Juli 1963 wurde die Saison der 1. Kreisklasse Arnsberg mit den letzten drei Partien beendet. Dabei bezwang unter anderem der SSV Allendorf – heute als SG Allendorf/Amecke in der Kreisliga B Arnsberg aktiv – den TuS Müschede, der mittlerweile als SG Herdringen/Müschede in der Kreisliga A Arnsberg spielt, mit 11:0 und stieg als Erster in die Bezirksklasse auf. Die Abschlusstabelle (7. Juli 1963) führte den Vorletzten SuS Langscheid als Absteiger in die 2. Kreisklasse, während der TuS Sundern Jungliga den Spielbetrieb einstellte.
Perspektiven zum Wiedereinstieg
Zurück in das Hier und Heute, in dem vom fortschreitenden Winter mit gestern satten 19 Grad Celsius keine Gefahr für den Spielplan ausgeht. Dafür droht diese umso mehr durch die Coronapandemie, die aktuell dafür sorgt, dass bis Ende November auf den heimischen Fußballplätzen rein gar nichts passieren wird. „Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass in diesem Jahr überhaupt noch gespielt wird, schließlich müssen die Vereine vor ihrem Wiedereinstieg ja auch vernünftig trainieren“, sagt Marlon Simatos.
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Als im Frühjahr die Coronapandemie ausbrach und der Amateurfußball erstmals die Reißleine ziehen musste, „hat mich irritiert, dass die Vereine zum großen Teil die vergangene Saison abbrechen wollten. Ich dachte eigentlich, dass sie eher zu Ende spielen möchten“.
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Derzeit erscheint im Amateurfußball vieles möglich: zum einen, die Spielzeit mit allen geplanten Partien ausspielen zu können, zum anderen, mindestens die Hälfte der Spiele auszutragen – also nur eine Halbserie –, damit die Saison gewertet werden kann, und auch eine Annullierung. „Ich sehe die aktuelle Lage schon problematisch, ob die laufende Saison beendet werden kann“, sagt Marlon Simatos. Es gelte nun abzuwarten, „was die Politik vorgibt. Klar ist aber: Der Schutz des Lebens steht an vorderster Stelle“, betont der Freizeitstatistiker.
So fängt alles an
Bereits seit 34 Jahren übt Simatos sein ungewöhnliches Hobby aus. „Damals gab es im Fußball noch die Zwei-Punkte-Regel und den Torquotienten. Es hat mich gereizt, Tabellen nach- oder selbst auszurechnen. Und da habe ich auch angefangen, selbst Tabellen zu sammeln“, erzählt er. Für das Werk „Fußball im Westen“ betreut der Sauerländer etwa 160 Ligen. Und seit 30 Jahren ist Simatos Mitglied im Deutschen Sportclub für Fußballstatistiken (DSFS). „Es ist schön, sich hier mit Gleichgesinnten zu treffen und auszutauschen“, betont er.
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Wobei: die regelmäßigen Treffen – sie fielen in diesem Jahr ebenfalls der Coronapandemie zum Opfer. „Darunter waren die Jahreshauptversammlung des DSFS und auch die Treffen unserer ,West’-Gruppe“, sagt Simatos. Immerhin: Mit einigen anderen Statistikfreunden gelang ein Austausch auf digitalem Wege. „Wir haben dabei vor allem über unsere persönlichen Erfahrungen mit Corona gesprochen.“
Für sein zeitaufwendiges Hobby recherchiert der Sauerländer normalerweise bei Zeitungen, in Bibliotheken und Archiven, beispielsweise im Stadtarchiv Arnsberg oder dem Institut für Zeitungsforschung in Dortmund. „Auch diese Besuche habe ich seit März komplett eingestellt“, sagt Simatos. Aktuell ist er ein Jäger und Sammler ohne Beute.