Sundern. Marlon Simatos aus Sundern hat ein ungewöhnliches Hobby. Der 45-Jährige sammelt und erfasst Fußballtabellen. So läuft das genau ab:

TuRa Freienohl gegen TuS Voßwinkel. Fußball-Kreisliga A Arnsberg, angesetzt in der Saison 1949/1950, konkret für den 18. Mai 1950. „Das Spiel muss stattgefunden haben“, sagt Marlon Simatos. Das Ergebnis der Partie kennt er bislang aber nicht. Das nagt am Sunderner. Denn Simatos ist akribisch: In seiner Freizeit sammelt und erfasst er Fußballtabellen vergangener Jahrzehnte, vorwiegend aus dem Hochsauerlandkreis.

Männertraum wird wahr

Der 45-Jährige hat sich für sein ungewöhnliches Hobby in seiner Wohnung in Sundern gar einen eigenen Raum eingerichtet – ein Traum für wohl fast jeden Mann. Alte Lokalsport-Ausgaben verschiedener Zeitungen – auch der Westfalenpost und der Westfälischen Rundschau – stapeln sich hier, dazu Fachmagazine wie der „kicker“. In speziellen Schränken, wie man sie sonst nur aus Archiven kennt, lagern, chronologisch geordnet, jede Menge Aktenordner. Sie sind prall gefüllt mit auf Papier ausgedruckten Tabellen. Marlon Simatos nennt diesen Raum liebevoll „mein Fußballzimmer“.

Der Fan von Borussia Dortmund ist Jäger und Sammler. Er sei fasziniert von Zahlen, sagt Simatos. Sein Beruf als Industriekaufmann passe ins Bild. „Der Wunsch, Fußballtabellen zu sammeln, setzte bei mir mit 13 Jahren ein. Damals gab es im Fußball noch die Zwei-Punkte-Regel und den Torquotienten. Es hat mich gereizt, Tabellen nach- oder selbst auszurechnen. Und da habe ich auch angefangen, selbst Tabellen zu sammeln“, so Simatos.

Beschäftigte er sich anfangs mit Zahlen rund um die 1. und 2. Bundesliga sowie den Regional- und Oberligen, hat er seinen Schwerpunkt auf die Gesamtklassements in den A-, B-, C- und D-Ligen Westfalens – vorzugsweise aus dem Hochsauerlandkreis – verlagert. Für das Werk „Fußball im Westen“ betreut Simatos beispielsweise etwa 160 Ligen. Seit 1990 ist er Mitglied im Deutschen Sportclub für Fußballstatistiken (DSFS). „Es ist schön, sich hier mit Gleichgesinnten zu treffen und auszutauschen“, sagt er.

Hier läuft die Recherche

Für sein zeitaufwendiges Hobby recherchiert der gebürtige Fröndenberger bei Zeitungen, in Bibliotheken und in Archiven. Im Stadtarchiv Arnsberg sei er Dauergast, erzählt Simatos, der auch regelmäßig das Institut für Zeitungsforschung (Dortmund) und das Zeitungs- und Pressearchiv (Münster) besucht. Mit etwa 98 Jahren Fußball (Spielzeiten von 1907 bis 2005) habe er sich bereits intensiv auseinandergesetzt. „Ich habe in meinem Leben schon tausende Fußball-Tabellen erfasst. Im Hochsauerlandkreis sind es etwa 900. Früher habe ich die Tabellen und Ergebnisse per Hand herausgeschrieben. Mittlerweile habe ich immer meine Kamera dabei“, sagt Simatos.

Er beklagt, dass die amtlichen Tabellen vergangener Jahrzehnte „leider immer wieder fehlerhaft sind“. So seien Tor- und Punktverhältnisse häufig falsch berechnet und damit ebenso falsch als vermeintliche Abschlusstabelle publiziert. „Ich mache mir die Mühe, diese Tabellen, die aus meiner Sicht falsch sind, zu korrigieren. Das ist viel Arbeit, denn man muss sehr akribisch vorgehen“, sagt der Hobbystatistiker.

In Zeiten des Internets und dessen unendlich vielen Möglichkeiten sei diese Arbeit zwar insgesamt leichter geworden, doch es kämen auch unseriöse Quellen hinzu. Mittlerweile erfasst Marlon Simatos die Tabellen in der Regel am heimischen Computer. Im Sauerland kenne er noch zwei andere Hobbystatistiker, sagt Simatos, einen in Brilon und einen in Meschede. „Ansonsten sind die Menschen, die dieses Hobby haben, komplett in Deutschland und Europa verteilt.“

So reagiert Simatos’ Umfeld

Dass die Art, seine Freizeit zu verbringen, bei anderen Menschen durchaus für Kopfschütteln und Unverständnis sorgt, hat der Sunderner bereits oft erlebt. „Begeistern konnte ich noch niemanden für das Tabellensammeln. Freunde und Verwandte winken oft nur noch ab“, sagt Simatos und schmunzelt.

Er selbst spielte übrigens nur kurzzeitig selbst aktiv Fußball. „Das war mit 17 Jahren bei den A-Junioren des SV Oesbern in Menden. Ich habe aber meist nur trainiert und wurde zwei Mal eingewechselt“, erzählt Simatos. Sein Debüt ging dabei gleich gehörig daneben. „Ich war zu diesem Zeitpunkt noch nicht spielberechtigt, das wussten wir aber nicht. Im Nachgang wurde das Spiel also für unseren Gegner gewertet.“ Selbst erfasst hat der Freizeitstatistiker dieses Ergebnis indes nicht.