Neheim/Meschede. Johanna Kotthoff (24) ist die einzige in höheren Ligen pfeifende Fußball-Schiedsrichterin im HSK. Sie spricht über ihr großes Idol und Sprüche.

Dass sie sich als Schiedsrichterin längst den Respekt vieler heimischer und in den Nachbarkreisen tätiger Fußballer erarbeitet hat, macht Johanna Kotthoff an einem Beispiel fest. „Ich habe kürzlich ein Spiel gepfiffen. In der Schlussphase rief ein Spieler: ,Schiri – wie lange noch?’ Einer seiner Mitspieler antwortete: ,Das ist doch eine Frau!’ Und sein Kollege erwiderte darauf: ,Das ist mir doch egal!’ Das fand’ ich ganz schön, weil es ja nun mal wirklich egal ist“, sagt die gebürtig aus Meschede-Erflinghausen stammende Kotthoff und lacht.

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Auch wenn ihr Beruf vorgeht – die 24-Jährige, großer Fan der jüngst zurückgetretenen Profischiedsrichterin Bibiana Steinhaus, wird Ärztin – möchte sie als Unparteiische in ihrem liebsten Hobby gerne weiter klettern.

Mescheder Unparteiische: So sehen ihre Anfänge als Schiri aus

Mittlerweile ist Johanna Kotthoff längst die höchstklassig pfeifende Fußball-Schiedsrichterin im Hochsauerlandkreis. Ehe das geschafft war, hatte sie jedoch einen langen Weg zurücklegen müssen. Ganz klassisch spielte Kotthoff selbst früher Fußball, absolvierte in der 7. Klasse eine Schiedsrichter-AG, hatte ihren Schein in der Tasche – „aber ich habe zunächst kaum gepfiffen. Das kam dann erst in der Vor-Abi-Zeit“, erzählt sie.

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Nach einem Bruch des linken Armes entschied Johanna Kotthoff, nicht mehr selbst zu spielen, und pfiff fortan mit der Hilfe von Mentoren wie Stefan Vollmer selbst als Unparteiische. Zunächst waren es Partien im Frauenfußball. „Da wird man herangeführt. Die Stimmung ist anders als bei den Herren, die Trainer und die Spielerinnen sind entspannter als im Herrenfußball. Es war toll, dass dir erfahrene Schiedsrichter Tipps geben und so den Einstieg erleichtern“, sagt sie.

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Der Mentor

Als im Gespräch mit Johanna Kotthoff der Name von Stefan Vollmer fällt, ist die Reaktion der Unparteiischen schnell: „Stefan ist mein Mentor!“ Das Lob gibt Vollmer umgehend zurück. Der Vorsitzende des Kreisschiedsrichterausschusses des Fußballkreises HSK begleitet Johanna Kotthoff seit nun mehr sechs Jahren. „Sie hat sich schnell als ein Riesentalent erwiesen und hervorragend entwickelt. Johanna konnte das Spiel von Anfang an lesen, sie besitzt ein unheimliches Durchsetzungsvermögen, beherrscht die Regeltechnik und hat eine Art, die gut angenommen wird“, sagt Stefan Vollmer. Er traue ihr den Sprung in die Herren-Westfalenliga „mindestens zu. Da mache ich mir gar keine Sorgen“.

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Und immerhin: Im Fußballkreis HSK sind nun seit diesem Frühjahr zwei weitere Schiedsrichterinnen neben Kotthoff aktiv – dank einer virtuell durchgeführten Schulung in der Pandemie.

Das Vorbild

Kotthoffs Idol ist Bibiana Steinhaus, die 2013, 2014, 2017 und 2018 gar zur Weltschiedsrichterin gewählt worden war und nun aufgrund von privaten Gründen mit 41 Jahren ihre Karriere als Profi beendete. „Ich habe Bibianas Weg immer verfolgt. Sie hatte immer Bestnoten, hat nie aufgegeben und durchgehalten. Ihre Kommunikation mit den Spielern und ihre Auftreten waren toll und nie arrogant. Das alles hat mich beeindruckt“, sagt Kotthoff.

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Die schlimmen Erlebnisse

Klar, sie kenne die vollkommen sinnfreien Sprüche, die wohl alle Schiedsrichterinnen begegneten, sagt Johanna Kotthoff. „Rufe wie ,Geh’ mal lieber wieder in die Küche!’ habe ich auf dem Fußballplatz auch schon gehört.“

Gewalt gegen sie als Schiedsrichterin habe sie allerdings nie erleben müssen. „Ich versuche auf dem Platz, freundlich mit den Spielern umzugehen, ins Gespräch zu kommen und deeskalierend zu wirken“, erklärt Kotthoff.

Die schönen Erlebnisse

Als ehemalige Fußballerin schätzt es die Sauerländerin auch in ihrer Rolle als Unparteiische, „dass man in Spiele geht und gar nicht weiß, was passieren wird“.

Besonders schön sei das Lob von Spielern oder Trainern, die ihr nach ihrem Schlusspfiff zu ihrer Leistung gratulierten. „Wenn so etwas dann noch von der Verlierermannschaft kommt, ist das besonders cool“, betont Johanna Kotthoff.

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Die Ziele

Als Assistentin war die Meschederin schon in der 2. Bundesliga der Frauen an der Seitenlinie aktiv. Regelmäßig pfeift sie unter anderem Spiele in heimischen Herren-Landesliga-Staffeln, mal im Stadion Große Wiese in Hüsten oder in der Saisonvorbereitung die Partie des SV Brilon gegen Regionalligist Borussia Mönchengladbach II (Kotthoff: „Für mich als Gladbach-Fan war das natürlich super“).

Unter anderem mit ihrem „Entdecker“ und ehemaligen Mathelehrer Christian Schäffer – mittlerweile einer ihrer beiden Assistenten – soll Johanna Kotthoff beispielsweise an diesem Sonntag die Landesligapartie der Dortmunder Vereine SV Brackel und Kirchhörder SC pfeifen. „Ich will so weit kommen, wie es möglich ist, auch wenn der Beruf Vorrang hat. In der Herren-Westfalenliga zu pfeifen, das wäre schön.“

Egal wie hoch es für die 24-Jährige noch geht, Eindruck hat sie im Sauerland und darüber hinaus bereits durch Leistung hinterlassen.