Sauerland. Der Übermotivierte, das Kampfschwein, der Partylöwe: Diese Spielertypen gibt’s im Amateurfußball in jedem Team. Wir stellen elf von ihnen vor.

Zweikampfstärke, Passquote und Torriecher – all das ist in den Niederungen des Amateurfußballs eher überbewertet. Seien wir mal ehrlich: Worauf es doch wirklich ankommt zwischen Kreisliga D und Landesliga ist dieses geile Gefühl, wenn eine Mannschaft funktioniert. Eine Gemeinschaft ist, die Spaß hat, Niederschläge gemeinsam wegsteckt und Erfolge feiert.

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Um so richtig zu feiern, braucht jedes Team seinen Partylöwen. Ihm zur Seite stehen das ewige Talent, der Pessimist oder der Übermotivierte. Sie alle bilden die Säulen eines Amateurfußball-Teams. Wir stellen elf typische Spielertypen vor.

Der F-Jugend-Brasilianer

Gut, ich geb’s direkt zu: So hat mich selbst früher der eine oder andere Kumpel auf dem Platz gerufen. Sicher anerkennend gemeint. Denn: Jedes Team braucht einen Techniker, der Gegner aussteigen lassen kann als gäb’s kein Morgen. „Für so einen ist es nicht wichtig, welcher Pass gespielt wird, sondern wie der Pass aussieht“, sagt Sebastian Held vom Bezirksligisten TuS Sundern.

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Leider vergisst der F-Jugend-Brasilianer aber, dass die Kontrahenten mit fortgeschrittenem Alter zumeist auch körperlich stärker sind als das noch zu Juniorenzeiten der Fall war. Eine Finte zu viel heißt bisweilen also: Sprung über die Klinge. Und trotzdem freut sich der Techniker des Teams besonders, wenn der nächste Tunnelversuch gelungen ist. Auf direktem Wege zum Tor marschieren? Pah, kann ja jeder.

Das ewige Talent

Damals, in der Jugend, da hat er sein Team regelmäßig zu Siegen und Aufstiegen geballert. Auch im ersten Seniorenjahr lief es richtig gut. Er hat’s drauf. Doch leider ist das erste Seniorenjahr schon fünf Jahre her und der nächste Entwicklungsschritt lässt auf sich warten.

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Jetzt ist das Talent Mitte 20 und wird zum ewigen Talent. Trainer verzagen, weil sie aus ihm nicht das Optimum herausholen. In der Bezirksliga wird das ewige Talent trotzdem zum Leistungsträger. Zehn Buden, acht Vorlagen und bei jedem Mannschaftsabend die alte Anekdote, als er damals im Aufstiegsspiel die A-Junioren mit vier Toren allein in die Landesliga schoss – das ist doch auch schön.

Das Kampfschwein

Er ist die Wiedergeburt der Zweitliga-Legende Willi Landgraf. Vor einem Zweikampf groß nachdenken? Dieses Hindernis überspringt das Kampfschwein – und setzt gleich zur Blutgrätsche an.

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Dass dabei der gegnerische und mitunter auch eigene Körper versehrt zurückbleibt? Geschenkt. Das Kampfschwein ist wichtig für jede Mannschaft. „Diese Jungs sind meistens neben dem Platz total liebe Kerle. Ich mag diesen Spielertyp à la Arturo Vidal total. Sobald der Anpfiff ertönt, geben sie alles“, sagt Stefan Fröhlich, Coach des Landesligisten SV Brilon.

Der Unterschätzte

Er ist kleiner als die anderen Fußballer auf dem Platz. Seine kleine Plauze lässt das Trikot spannen und die Gegenspieler schmunzeln. Spielt der Unterschätzte auf der rechten Abwehrseite, dann ist klar, über welche Flanke der Konkurrent vermehrt angreifen wird: über links.

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Doch wenn dieser Spielertyp erst mal richtig loslegt, erstarrt der Gegner – so wie das einst Marco Grebe, heute Coach der B-Junioren des SV Hüsten 09 und von Herren-Bezirksligist TuS Voßwinkel als Aktiver erleben musste. „In der D-Jugend habe ich mit dem SV Hüsten 09 gegen den SV Holzen gespielt, bei dem damals Paul Freier aktiv war. Paul war klein und pummelig, aber hatte unfassbare Anlagen. Was der technisch drauf hatte und mit dem Ball konnte, war grandios“, schwärmt Grebe im Rückblick. Paul Freier nutzte sein Talent, wurde Profi beim VfL Bochum und Bayer Leverkusen und deutscher Nationalspieler.

Der Partylöwe

Sein Saisonziel ist klar: Es müssen neue Anekdoten her, die in der Kombination zwischen waberndem Bierdunst und kameradschaftlichem Trinken beste Chancen haben, zu entstehen. Punkte, Tore, Platzierungen: Für den Partylöwen sind das nur Nebensächlichkeiten.

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Der letzte Schritt in die Startelf bleibt ihm naturgemäß verwehrt – auf Jahre. Denn was für ihn wirklich zählt, das ist das Ergebnis am Glas. Um 6 Uhr morgens nach Hause, um 10 Uhr zum Treff zum Spiel: Für den Partylöwen ist das am Wochenende Alltag. „Er behauptet immer, betrunken seine besten Spiele zu machen“, sagt Raphael Humpert, Torhüter des A-Ligisten SuS Westenfeld.

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Sollte dann aber mal gar nichts mehr gehen, dann muss das Team auf den Partylöwen verzichten. Völlig verständlicher Grund: Die Schwester (müsste mittlerweile so 19, 20 sein) feiert ihre Kommunion oder der Opa seinen Geburtstag. Gefühlt beides jedoch nicht zum ersten Mal in diesem Jahr.

Die Diva

Dieser Spielertyp neigt nicht gerade zu einer gesunden Selbsteinschätzung. Überhöhung ist hier eher das Stichwort. Warum der Pass auf der Kuhweide landet anstatt beim Nebenmann? Was kann er dafür, wenn das Loch im Boden alles sabotiert?! „Die Diva hinterfragt immer alles: Warum das? Warum so? Warum ich? Ein absoluter Schönwetterfußballer“, erklärt Tobias Walter, Coach des A-Kreisligisten SV Bachum/Bergheim.

Abgerundet wird der Auftritt der Diva durch ein spezielles Outfit: T-Shirt bis zu den Knien, teure Schuhe und viel Haargel – ohne geht gar nichts. Klar, dass die Kickerstiefel dann auch nicht klassisch schwarz gehalten, sondern viel mehr in einer Mischung aus Gelb und Pink daherkommen. Zweikämpfe hingegen liegen der Diva eher nicht so.

Der Indianer

Jeder Trainer braucht als Häuptling einen verlängerten Arm auf dem Platz: den Indianer. Einen Spieler, auf den er sich zu 100 Prozent verlassen kann.

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Dieser Typ eckt mitunter bei seinen Kollegen auch mal an, weil er versucht, jede taktische Finesse auf dem Platz umzusetzen. Stefan Fröhlich: „Er ordnet alles dem Dienst der Mannschaft unter.“

Der Pessimist

Auch nach einer Siegesserie tritt er als Warner auf: „Jungs, wir werden insgesamt aber wackeliger. Lasst euch nicht von den Ergebnissen täuschen!“

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Kassiert seine Mannschaft dann die erste Saisonniederlage, ist er endgültig bedient. Für ihn ist spätestens jetzt der Abstiegskampf ausgerufen. „So ein Spieler spricht auch nach einem 5:0-Erfolg davon, dass da ja ganz viel Glück dabei gewesen sei“, sagt Raphael Humpert.

Der Übermotivierte

Kommentiert wird auf dem Spielfeld ohnehin schon viel. Der Übermotivierte sticht dabei besonders heraus. Jede, wirklich jede Aktion garniert er mit wichtigen lautstarken Hinweisen à la „Kein Foul!“, „Musst Du machen!“, „Mehr Körpersprache!“ oder „Gönn’ dir den mal!“.

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Der Übermotivierte macht seinem Ruf aber auch schon vor dem Anpfiff alle Ehre. „So ein Typ ist bei uns in der Mannschaft Alex Gierse. Wenn ich zum Sportplatz komme, dann steht er schon umgezogen auf dem Feld und schießt auf das leere Tor“, erzählt Daniel Struwe, Coach des A-Ligisten TuS Rumbeck, und lacht.

Nach einer Niederlage rastet der Übermotivierte auch schon mal aus. „In der B-Jugend habe ich nach einem Spiel mal eine Anlage aus dem Fenster geschmissen. Da kann nicht nach einer Niederlage Musik laufen“, sagt Cesare De Leo, Coach des B-Kreisligisten SuS Langscheid/Enkhausen II.

Der Ex-„Profi“

Auch mit Anfang 40 macht ihm auf der „Sechs“ keiner etwas vor. Gut, außer sein Gegner ist 20 Jahre alt. Früher war besagter erfahrener Kicker sogar kurz als Profi aktiv, doch eine hartnäckige Verletzung hat den großen Traum zunichte gemacht.

Gleichwohl profitiert er von langjähriger Erfahrung in der Landesliga. Indiz: Seine „Zuckerpässe“ mit dem Außenrist. Über die freut sich auch der Gegner – stets ein sicherer Ballgewinn.

Der, der nie spielt

Es gibt diese Spieler, die sind immer da. Beim Training. Beim Spiel. Bei der Mannschaftsfahrt. Eingesetzt aber werden sie nie. Das kann zum einen an einem möglichen Fehlverhalten liegen. Wer beispielsweise gleich zwei Sonntage hintereinander jeweils während einer Teamsitzung in seiner Weingummitüte kramt, der drängt sich beim Coach nicht wirklich für einen Einsatz auf.

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Doch da gibt’s auch den Typen, der nicht viel sagt, doch stets zuverlässig ist. Und beim Verlesen der Aufstellung trotzdem vergeblich auf seinen Namen wartet. Er genießt im Team gleichwohl Wertschätzung.

Wenn er dann im letzten Saisonspiel bei einer 4:0-Führung drei Minuten vor Schluss zur Einwechslung bereitsteht, flüstert ihm sein Trainer gönnerhaft ins Ohr: „Und jetzt belohn’ dich!“