Meschede-Grevenstein. In Grevenstein ist ein Torpfosten angerissen. Was Torwart, Schiri, Funktionäre und Heimverein dazu sagen. Und warum alle an Real Madrid denken.

Ein Tor würde dem Spiel guttun“ oder „Das erste Tor ist bereits gefallen“: Diese legendären Aussprüche der damalige TV-Kommentatoren Marcel Reif und Günther Jauch vor dem Champions-League-Halbfinale zwischen Real Madrid und Borussia Dortmund, bei dem ein Tor umfiel und den Anpfiff am 1. April 1998 um 76 Minuten verzögerte, sind allen Fußballfans im kollektiven Gedächtnis geblieben. Fast 22 Jahre später fühlten sich nun nicht wenige an diese Ereignisse zurückerinnert, als beim Spiel der Fußball-Kreisliga A Arnsberg zwischen der SG Grevenstein/Hellefeld-Altenhellefeld und der SG Herdringen/Müschede der rechte Pfosten eines der Tore anbrach und die Partie in der 69. Minute abgebrochen werden musste.

Die neuesten Entwicklungen und was die Beteiligten sowie Funktionäre zu diesem kuriosen Fall sagen.

Der Schiedsrichter

Nach einem Weitschuss der Gäste, der knapp über die Querlatte des Grevensteiner Kastens strich, flog Grevensteins Schlussmann Jannik Ackerschott dem Ball hinterher. „Er ist im Tornetz gelandet und dabei hat sich das Tor zu viel bewegt. Als er wieder aufgestanden war und weiterspielen wollte, habe ich die Partie unterbrochen, weil ich gesehen habe, dass das Tor nicht im Lot stand“, schildert André Franzisko, Schiedsrichter der Partie, die Ereignisse.

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Der Unparteiische des TuS Voßwinkel entdeckte einen Riss am unteren Ende des rechten Torpfostens. „Einige Spieler wollten unbedingt weitermachen und den Riss zum Beispiel mit Panzertape reparieren. Das darf man aber nicht und das war auch viel zu gefährlich“, sagt der 39-Jährige. Da die Tore auf dem Kunstrasenplatz in Grevenstein in den Boden einbetoniert sind, habe es keine andere Möglichkeit für ihn gegeben, als die Begegnung abzubrechen. Das Spiel wird wiederholt, ein Termin steht noch nicht fest.

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Nachdem er beruflich bedingt 20 Jahre lang als Fußball-Schiedsrichter pausiert habe, pfeife er wieder aktiv seit dem Oktober des vergangenen Jahres. „Dass ein Torpfosten anreißt, habe ich in meiner Laufbahn zum ersten Mal erlebt – gerne auch zum letzten Mal“, sagt Franzisko und lacht: „Du denkst in so einem Moment natürlich sofort zurück an die legendäre Reportage von Reif und Jauch aus Madrid. Wahnsinn!“

Der Torwart

Jannik Ackerschott muss kurz schmunzeln. Klar, den einen oder anderen Spruch habe es schon gegeben, nachdem der Torhüter der SG in das eigene Tornetz gefallen war und bedingt durch diese Aktion der rechte Torpfosten anbrach. „Die Jungs haben gesagt, dass ich ja einen ganz schönen Stahlkörper hätte“, erzählt der 25-Jährige und lacht. Nach der Aktion habe er unheimlich viele Reaktionen erhalten. „Mir hat gefühlt das halbe Fußball-Sauerland geschrieben.“

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Seit zweieinhalb Jahren hütet er den Kasten der SG Grevenstein/Hellefeld/Altenhellefeld. Dieser auch für ihn einzigartige Vorfall sei „schon ziemlich kurios“ gewesen, betont Ackerschott: „Man hätte unter keinen Umständen weiterspielen können. Das war viel zu gefährlich.“

Der Heimverein

Die beiden Stürme „Sabine“ und „Victoria“ an zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden, zwei „uralte“ Torpfosten und der unglückliche Sturz in das Tornetz: Aus Sicht von Stefan Kramer, Fußball-Fachwart des SuS Grevenstein, kamen „viele Faktoren zusammen“, die zum Anriss des Aluminiumpfostens führten. Mehrere Mitglieder aus dem Vorstand und erweiterten Vorstand – darunter auch ein Bauingenieur – begutachteten das Tor am Montagabend. „Gut ist, dass die Hülse im Boden selbst unbeschädigt geblieben ist, genau wie der Untergrund. Wir haben mit ein paar Helfern das defekte Tor aus der Hülse gehoben und es abgebaut. Als Improvisationslösung dient zunächst ein transportables Tor“, erklärt Stefan Kramer.

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Da „nur“ ein defekter Pfosten vorliege, sei der SuS Grevenstein vergleichsweise gut weggekommen. Der Verein müsse keine Fachfirma engagieren, sondern erledige alles in Eigenregie und klappere nun Lieferanten ab, um möglichst schnell an ein neues Fußballtor zu kommen, was den SuS wohl etwa 1500 bis 2000 Euro kosten werde. Eine Reparatur des defekten Tores sei nicht mehr möglich. „So ein neues Tor hat wohl etwa zwei Wochen Lieferzeit, insofern könnte es zeitlich alles hinhauen, zumindest für den Spielbetrieb der Seniorenteams“, betont Stefan Kramer. Das nächste Heimspiel der Spielgemeinschaft gegen den TuS Rumbeck findet erst am Sonntag, 8. März, statt.

Die Funktionäre

Mit seiner Entscheidung, die A-Liga-Partie in Grevenstein abzubrechen, habe der Unparteiische André Franzisko komplett richtig gelegen, findet Michael Ternes, Vorsitzender des Kreisfußballausschusses des Kreises Arnsberg, Staffelleiter der A-Liga und selbst Schiedsrichter. „Erlebt habe ich so etwas noch nicht“, sagt er. Damals, zu seinen Anfängen, habe er ein mulmiges Gefühl gehabt, wenn er Spiele am Sportplatz Am Krumpaul in Balve leiten musste. Ternes: „Da gab es damals eckige Pfosten aus Holz. Ich hatte immer Angst, dass da mal einer von umknickt.“ Mittlerweile sind die Pfosten der Tore längst modernisiert. Ternes findet, „dass wir auch auf dem Gebiet der Stadt Arnsberg sicher ausgestattet sind, was Sportplätze angeht“.

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Das hat auch zu tun mit einer großen Überprüfung der Sportplätze und Materialien im Arnsberger Stadtgebiet, die im vergangenen Jahr eine Fachfirma im Auftrag der Stadt Arnsberg unternommen hatte (wir berichteten). „Das soll wohl jetzt alle drei Jahre geschehen. Deshalb halte ich es auch für unwahrscheinlich, dass auf Arnsberger Gebiet so etwas wie in Grevenstein passiert“, betont Michael Ternes.

Auch im Stadtgebiet Brilon sind längst Maßnahmen ergriffen worden, um die Sicherheit der Sportanlagen zu gewährleisten. „Die Vereine sollen regelmäßig Sichtprüfungen durchführen und etwaige Schäden oder Mängel melden“, betont Michael Schütte, Vorsitzender des Kreises HSK und langjähriger Vorsitzender des BV Alme. Regelmäßig seien zudem Prüfer der Stadt im Einsatz. In seinem Klub sei vor Jahren entschieden worden, „dass wir spezielle Tore anschaffen, die auch nicht umfallen, wenn Stürme auftreten. Früher war das gefährlich, vor allem für Fußball spielende Kinder“, sagt Schütte.

Unterdessen ist der Sportplatz des SuS Grevenstein wieder freigegeben. Ob das transportable Tor auch für den regulären Spielbetrieb in den Meisterschaften geeignet ist, wollen die SuS-Funktionäre klären.