Dortmund. Borussia Dortmund stellt die Führungsebene des Klubs neu auf. Sebastian Kehl bleibt Sportdirektor beim BVB. Was bedeutet das?
Am Sonntagabend bekam Borussia Dortmund das eigene Leistungsvermögen vor Augen geführt. Natürlich stand der BVB relativ stabil gegen den Deutschen Meister Bayer Leverkusen, der beim 1:1 auf das große Offensivfeuerwerk verzichtete. Aber eigene Akzente setzen, der Werkself eine eigene Idee aufzwingen, einstudierte Spielzüge vorführen – so richtig gelang das nicht.
Und damit blieb auch zum Ende des 30. Spieltages die Erkenntnis, dass es noch ein langer Weg ist zurück an die Bundesliga-Spitze. Um diesen aufzunehmen, benötigt es Veränderungen.
Am Montagmittag vermeldete der BVB auch, wie diese aussehen werden: und zwar sehr überraschend. Vereins-Ikone Lars Ricken wird befördert, der bisherige Chef des höchsterfolgreichen Dortmunder Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) übernimmt ab 1. Mai 2024 den neugeschaffenen Posten als Geschäftsführer Sport. Bisher fiel dieser Teilbereich ins umfassende Aufgaben-Portfolio von Hans-Joachim Watzke. Der 64-jährige Vorsitzende der Geschäftsführung wird Ende des Jahres 2025 auf eigenen Wunsch ausscheiden, schon im Sommer wird er die Sport-Verantwortung abgeben. Damit nicht genug: Sven Mislintat (51) kehrt wie bereits von dieser Redaktion berichtet als Kaderplaner ins Ruhrgebiet zurück. Sebastian Kehl (44) bleibt Sportdirektor.
Diese BVB-Talente entdeckte Lars Ricken
BVB: So wurde Lars Ricken zur Vereins-Ikone
„Ich bin überzeugt, dass wir mit der unfassbaren Kraft dieses Vereins und der Leidenschaft unserer vielen motivierten Mitarbeiter gemeinsam große Siege erringen und Borussia Dortmund in eine erfolgreiche Zukunft steuern werden“, ließ sich Ricken, 47, in einer Vereinsmitteilung zitieren. Der gebürtige Dortmunder ist seit 34 Jahren im Klub, lupfte den BVB 1997 zum Champions-League-Triumph, gewann drei Deutsche Meisterschaften als Profi. Nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn übernahm er im Jahr 2008 die Leitung des NLZ, das später Top-Talente wie Mario Götze, Youssoufa Moukoko, Christian Pulisic und Giovanni Reyna hervorbrachte.
„Die Expertise von Lars Ricken, sein großes Netzwerk und die enorme Identifikation mit seinem Heimatklub, mit dem er auch als Spieler große Erfolge feierte, werden die Geschäftsführung bereichern“, sagte BVB-Präsident Dr. Reinhold Lunow. Zudem hat der Klub die 2025 auslaufenden Verträge mit den beiden weiteren Geschäftsführern Thomas Treß (58, Finanzen) und Carsten Cramer (55, Marketing) vorzeitig bis 2027 verlängert. Auch Ricken ist mit einem Kontrakt bis 2027 ausgestattet. Watzke war nach seiner Abschiedsankündigung Anfang des Jahres vom Präsidialausschuss beauftragt worden, ein Nachfolge-Konzept auszuarbeiten.
BVB: Sven Mislintat soll Sebastian Kehl und Lars Ricken zuarbiten
Um das Erbe Watzkes hatte es monatelang Spekulationen gegeben. Sportdirektor Kehl hatte sich als natürlicher Kandidat Hoffnungen auf eine Beförderung gemacht, behält nun aber sein bisheriges operatives Aufgabengebiet. Der Grund, der hinter vorgehaltener Hand genannt wird: Alle Beteiligten seien im Einklang darüber, dass der jetzige Posten der bessere für den früheren Kapitän sei. Er soll die Mannschaft weiterentwickeln, die Fäden in der Hand halten, wenn es etwa um den Austausch mit der medizinischen Abteilung geht – nicht aber zusätzliche Lasten wie Kommunikations-Angelegenheiten zu klären haben. Kehl ist nach Informationen dieser Redaktion überzeugt davon, auch auf seinem jetzigen Posten Einfluss zu haben, den Klub prägen zu können – so wie es Michael Zorc über 20 Jahre lang gelungen ist.
Stattdessen wird Mislintat ihm in der Kaderplanung zuarbeiten. Es gibt dabei eine klare Hierarchie, in der Mislintat an Kehl und Ricken berichtet. Nur so ließ sich für den BVB die Rückkehr Mislintats bewerkstelligen, der als Scout und Kaderplaner einen exzellenten Ruf genießt, aber doch recht viel verbrannte Erde bei jenen Arbeitgebern hinterließ, bei denen er größere Verantwortung trug. Auch das Verhältnis zwischen Kehl und Mislintat galt als belastet, nun scheinen sich beide aber zusammenzuraufen.
Auch interessant
Zwischen Kehl und Ricken gibt es derweil keinen Dissens. Beide kennen sich lange, haben gemeinsam 98 Partien für den BVB und die deutsche Nationalmannschaft bestritten. Von beiden Seiten gibt es nach Informationen dieser Redaktion das Bestreben, Kehls im Sommer 2025 auslaufenden Vertrag zu verlängern. Zwischen Ricken und Mislintat gab es bisher wenig Schnittpunkte – und keine Streitigkeiten.
BVB muss noch Nachfolge von Lars Ricken klären
Die Nachfolge Rickens als NLZ-Chef ist derweil offen. Thomas Broich (43) wird es nicht, er ist völlig unabhängig von Ricken geholt worden und soll dem Dortmunder Nachwuchs einen gemeinsamen Spielstil einprägen. Gesucht wird ein Kandidat mit Erfahrung als Nachwuchsleiter.
Klar ist, dass derjenige eng mit Ricken zusammenarbeiten wird. Schließlich ist dessen Ernennung zum Sport-Geschäftsführer ein deutlicher Hinweis darauf, dass der BVB künftig wieder mehr auf Talente setzen möchte, die es von der Jugend in den Erwachsenenbereich schaffen, sportlich weiterhelfen – und dann für eine angemessene Summe verkauft werden.
Mehr News und Infos zum BVB
- BVB-Noten: Nmecha überzeugt, Talent macht Lust auf mehr
- Reus-Abschied: Fans kritisieren BVB für Umgang
- Finn Dahmen: Warum er in Dortmund für Unbehagen sorgt
- BVB-Star Marco Reus: Er wurde nicht immer fair behandelt
- Reus: Ein geborener Künstler, aber kein geborener Kapitän
- BVB nimmt Millionen ein: Was bedeutet das bei Maatsen, Sancho und Hummels?