Dortmund. Nach dem Viertelfinal-Einzug ist bei Trainer Terzic die Erleichterung groß. Doch bekannte Probleme sind nicht vor der Hand zu weisen.
Edin Terzic hob leicht den Arm und schaute auf seine Armbanduhr, um seine These der „spätesten Pressekonferenz aller Zeiten“ auch mit einer Geste zu untermalen. Ob diese Vermutung einer historischen Überprüfung standhielte, ist offen. Schließlich hatte es in der Klub-Geschichte ja schon den einen oder anderen Abend gegeben, der mit Verlängerung und Elfmeterschießen weitaus mehr zu bieten hatte als ein Fußballspiel mit 90 Minuten.
Dass sich Terzic – es war schon früher Donnerstagmorgen um kurz nach 0 Uhr – so lange gedulden musste, um sein Statement zum Achtefinal-Rückspiel gegen die PSV Eindhoven abzugeben, lag an dessen Kollegen Peter Bosz. Der 60-Jährige referierte eine halbe Stunde über das 2:0 (1:0), über die Gründe, warum nun Borussia Dortmund in der Runde der letzten Acht steht und nicht die von Bosz trainierte PSV.
Man war da auch recht schnell bei Jadon Sancho angekommen. Ein schneller Haken, ein strammer Schuss – nach drei Minuten führte der BVB schon mit 1:0, weil der Engländer eben noch immer außergewöhnliche Momente aus seinem Fußgelenk schütteln kann. „Jadon hat ein tolles Spiel gezeigt“, urteilte Terzic. „Das war seine beste Leistung, seitdem er wieder bei uns ist. Er ist in ansteigender Form und hatte großen Einfluss auf unser Spiel.“ Und er bereitete den Weg für einen bedeutenden Sieg, der dem BVB allein an Prämien 10,6 Millionen einbringt. Hinzu wird so manche Million aus dem TV-Pool kommen.
BVB: Jadon Sancho ist noch weit weg von seiner Top-Form
Geld, das man ja gut gebrauchen könnte, um jenen Sancho zu verpflichten, der aktuell nur ausgeliehen ist von Manchester United. Der englische Rekordmeister hatte ihn im Sommer 2021 für 85 Millionen Euro beim BVB ausgelöst. In Manchester aber wurde Sancho bekanntlich nie glücklich, spielte wenig, überwarf sich mit Trainer Erik ten Hag – und nun will der 23-Jährige beim BVB die ins Stocken geratene Karriere wieder in Schwung bringen.
Zur Wahrheit aber gehörte gegen Eindhoven wie so oft in den letzten Wochen aber auch: Mit seinen Dribblings rannte sich Sancho zu oft fest, nur in 40 Prozent seiner Versuche kam er auch am Gegner vorbei, immer wieder versäumte er die Gelegenheit zum Pass. Der Jadon Sancho, der im Januar 2024 zum BVB kam, ist noch lange nicht der Jadon Sancho, der den Klub im Juli 2021 verlassen hatte.
BVB: Torwart Gregor Kobel muss mehrfach eingreifen
Damals waren die Dribblings unwiderstehlich, die Gegenspieler regelmäßig schwindlig, zudem brachte es der Engländer in jener vorerst letzten Saison in Dortmund auf herausragende 40 Torbeteiligungen. Der gegenwärtige Sancho steht damit symbolisch für den BVB in dieser Saison. In Phasen blitzt das große Talent, das große Potenzial der Mannschaft auf, die andererseits so häufig unter ihren Möglichkeiten bleibt. Auch gegen die PSV hatte es ja nach einer halben Stunde einen Bruch gegeben. Nur mit viel Dusel und einem erneut starken Torwart Gregor Kobel sind die Passivität und fehlerbehaftetes Aufbauspiel nicht bitterböse bestraft worden ist. „Wir haben viel Kritik einstecken müssen“, meinte Terzic. „Trotzdem haben wir gezeigt, wozu wir in der Lage sind.“ Der BVB bleibt der Klub der zwei Gesichter.
Ob Sancho auch künftig ein, möglichst das spielfreudige, erfolgreiche Gesicht, prägen kann, ist offen. Grundsätzlich würde man Sancho gerne halten, weil die Bosse in ihm einen Bessermacher sehen, der der Mannschaft Ruhe gibt. Eine Ablöse würde der BVB aber nicht zahlen wollen, denn dafür überzeugt der Engländer noch nicht hinreichend und es wird ja priorisiert nach einem spielstarken Sechser fürs Mittelfeldzentrum, einem Innenverteidiger und mindestens einem Außenverteidiger gefahndet. Eine Fortsetzung des Leihgeschäfts wäre ebenfalls herausfordernd, denn noch einmal würde sich Manchester nicht auf einen Deal einlassen, bei dem United große Teile des Gehalts tragen muss.
BVB hofft auf schnelle Genesung bei Jadon Sancho
Erstmal bangen sie nun in Dortmund um Sanchos Oberschenkelmuskel. Nach 75 gespielten Minuten gegen Eindhoven humpelte der Flügeldribbler vom Platz. „Ich habe etwas gefühlt und wollte kein Risiko eingehen“, erklärte er später. „Wir hoffen natürlich, dass er jetzt, wo er gerade in die Spur und in Form kommt, gesund bleibt und uns schon am Wochenende wieder zur Verfügung steht“ Ameinte Trainer Terzic. Am Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) spielt der BVB zuhause gegen Eintracht Frankfurt. Er braucht einen Sieg, um nach einem „besonderen Abend“ (Terzic) gegen Eindhoven, der auch vom Coach viel Druck nahm, nicht gleich wieder in den Krisenmodus zu geraten, ob der nicht prickelnden Aussichten auf die erneute Königsklassen-Qualifikation.
Zuvor wird noch am Freitag in Nyon/Schweiz das Viertelfinale ausgelost. „Es wird ein hartes Los für uns, egal wer auf uns wartet“, sagte Terzic. „Aber, es wird möglich sein. Und wenn es möglich ist, werden wir es versuchen.“