Newcastle. BVB-Zugang Felix Nmecha wurde in Dortmund lange mit Skepsis gesehen. Nun traf er in Newcastle - und deutet seinen Wert für den Klub an.
Es gab am Donnerstagmittag noch einen Moment des Ausharrens, mit leichter Verspätung startete das Flugzeug von Borussia Dortmund, um die Mannschaft aus England zurück in die Heimat zu bringen. Zeit, um noch einmal nachzudenken über das Erlebte.
Dieses intensive Spiel, das alle Zutaten mitbrachte für einen bemerkenswerten Zwischenerfolg: Regen, schreiende Fans, Abwehrduelle wie Boxkämpfe, Grätschen, auch Glück und ein Tor von Felix Nmecha, das den Mut ausdrückte, durch den der BVB seinen ersten Champions-League-Sieg in der Gruppe F erreichte. 1:0 wurde Newcastle United bezwungen, eine Überraschung, weil jenes Newcastle im Heimspiel zuvor über Paris Saint-Germain hinweggerannt war (4:1). Die Qualifikation für das Achtelfinale ist wieder deutlich näher gerückt, am 7. November kann diese Ausgangslage im Rückspiel gegen den englischen Erstligisten weiter verbessert werden.
Die Aufregung um Felix Nmecha hat sich gelegt
Knapp eine Stunde nach dem Schlusspfiff hatte sich der Torschütze Nmecha bereits unter der Dusche aufgewärmt, im Trainingsanzug machte er sich auf den Weg in Richtung Mannschaftsbus und hielt dabei, eher ungewöhnlich für den 23-Jährigen, noch vor dem wartenden Medienpulk an. „Wenn ich mehr spiele, mehr Rhythmus kriege, bin ich da“, sagte der Mittelfeldspieler. Er versuche, nicht viel nachzudenken. „Ich habe mein Vertrauen in Gott.“
Dass er sehr gläubig lebt, damit geht der gebürtige Hamburger offen um. Um die Auslegung seines Glaubens wurde im Sommer allerdings heftig gestritten. Zwei geteilte Inhalte bei Instagram in seiner Zeit beim VfL Wolfsburg lassen ein homophobes Weltbild vermuten, es rumorte im Umfeld des Dortmunder Vereins, der sich für Vielfalt engagiert. Mittlerweile hat sich die Aufregung gelegt, Schrammen sind geblieben.
Nico Schlotterbeck glänzt mit Torvorbereitung
Anhand von Nmecha lässt sich deswegen erzählen, warum die Zweifel und die Unruhe unter den Fans beim Saisonstart so deutlich zu vernehmen waren und auch, warum nun der Weg in die richtige Richtung führt. Denn neben dem Wirbel beschäftigten den 30-Millionen-Euro-Einkauf kleinere Verletzungen in der Vorbereitung, sportlich sah er daher zu Beginn wie ein Fremdkörper aus. Er wirkte nicht austrainiert und manchmal seltsam abwesend, wenn er die Defensivarbeit vernachlässigte.
Dass es allerdings Gründe gab, warum gerade Trainer Edin Terzic den möglichen Nationalspieler unbedingt verpflichten wollte, zeigte sich langsam in den vergangenen Spielen. In diesen stand ein anderer Nmecha auf dem Platz. Einer, dem noch die letzte Präzision fehlte, der aber explosionsartig zwei Gegenspieler verdutzt stehen ließ, der nach hinten malochte. Garniert wurde dies in Newcastle nun noch mit Genauigkeit. Mit der rechten Innenseite nutzte Nmecha die Willensvorarbeit von Nico Schlotterbeck für einen Schuss in die rechte Ecke. Sein erster Pflichtspieltreffer im schwarz-gelben Trikot, der die Zweifel weiter wegwischen wird.
BVB-Mitspieler loben Felix Nmecha
Einfach sei das persönliche sportliche Tief nicht gewesen, aber „ich weiß, dass ich die Qualität habe“, sagte Nmecha. Trainer Terzic würde ihm vertrauen. „Ich versuche, jeden Tag besser zu werden, ihm zuzuhören.“
Aus Mannschaftskreisen hörte man bereits vor Nmechas Aufschwung, dass dieser im Training Herausragendes zeige, dass er dies nur noch im Spiel präsentieren müsse. „Felix ist ein herzlicher Mensch, er ist sehr, sehr fröhlich“, berichtete Torhüter Gregor Kobel. „Und er hat eine Riesenqualität. Er ist schnell, technisch gut, explosiv. Er hat noch sehr, sehr viel Luft nach oben.“
Julian Brandt dürfte zurückkehren, Emre Can ist fraglich
Am Sonntag (15.30 Uhr/DAZN) wird Dortmund die Qualität von Felix Nmecha bei Eintracht Frankfurt brauchen. Julian Brandt, der in England aufgrund einer Wadenverletzung kurzfristig aussetzen musste, wird aller Voraussicht nach zurückkehren. Wie es um Kapitän Emre Can steht, der aufgrund eines Pferdekusses am rechten Oberschenkel ausgewechselt wurde, muss abgewartet werden. Salih Özcan vertrat Can aber souverän.
„Wir sind bislang mit wenigen Verletzungen durchgekommen“, meinte Sportdirektor Sebastian Kehl. „Das ist die Situation, die wir immer wollten.“ Zudem gebe der Sieg gegen Newcastle Selbstbewusstsein. „Das wird uns helfen, weiter zu wachsen.“ Auch Felix Nmecha sei dabei, sich weiterzuentwickeln. „Wir sehen unglaublich viel in ihm.“
Und bevor der Klub zu lange über das Vergangene nachdenken konnte, hob das Flugzeug schließlich ab.
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