Gelsenkirchen. Schalkes Fördergenossenschaft ist an den Start gegangen. Und zu Beginn knirschte es. Das Projekt ist wichtig für Klub und Klubchef.
Ein Feuerwerk in Gelsenkirchen gab es am Mittwoch um 11.04 Uhr nicht, jedenfalls kein am Himmel sichtbares. Sein neues Projekt, das laut Vorstandschef Matthias Tillmann das „wichtigste seit dem Bau der Veltins-Arena“ feierte der FC Schalke 04 virtuell. Mit vielen warmen Worten und einer Menge Pathos drückten die Königsblauen den digitalen Knopf und schalteten das Portal frei, mit dem Vereinsmitglieder auch Mitglieder der Fördergenossenschaft „Auf Schalke eG“ werden können. Und am Anfang lief erst einmal... nichts.
Schalke-Genossenschaft: Tillmann erwartet keinen Raketenstart
Die Server des Online-Dienstleisters hielten dem Andrang nicht stand. „Sorry für die Umstände“, kommentierten die Schalker das über die Sozialen Netzwerke. Bis zu einer Stunde mussten die Interessenten warten - wenn sie denn so viel Geduld hatten. In der Wartezeit hätten sie noch einmal die Festlichkeits-Rhetorik der Vereinsführung durchlesen können. „Wenn wir unsere Kräfte bündeln, werden wir Schalke zu neuer Stärke führen“, ließ sich Tillmann in einer Meldung zitieren, die auch auf das Vereinslied Bezug nahm, in dem es heißt mit Hinweis auf die Bergbau-Vergangenheit heißt: „1000 Feuer in der Nacht haben uns das große Glück gebracht.“ Die Schalker deuteten das um: „Zwar sind die meisten Öfen längst abgebaut und die Zechen geschlossen, doch mit der Fördergenossenschaft soll nun sinnbildlich ein neues Feuer entfacht werden.“ Eine Bewegung solle gestartet werden, sagte Sven Kirstein, Vorsitzender des eG-Aufsichtsrats. Eine Spur kleiner ging es nicht.
Dabei hatte die Auf Schalke eG in den vergangenen Tagen und Wochen nicht ohne Knirschen begonnen. Intern wurde immer wieder darüber diskutiert, ob Schalke trotz der sportlich lange prekären Lage nicht zu wenig für das wichtige Projekt wirbt. Auf Plakaten, der eigenen Homepage oder bei Heimspielen war die Fördergenossenschaft ganz lange nur wenig präsent, nur rund um die Mitgliederversammlung im November wurde viel über das Projekt gesprochen. Erst in den vergangenen Tagen erhöhte Schalke die Text-Taktzahl, Tillmann selbst gab sich einen Tag vor dem Start skeptisch. Er werde keinen „Raketenstart“ erwarten, sagte er in einem Sky-Interview - im Wissen, wie viele (oder wenige) Gutscheine in den vergangenen Wochen verschenkt worden waren.
Tillmann selbst sorgte zusätzlich am Dienstagabend für Unruhe - und das war unnötig. Im Rahmen der digitalen Mitglieder-Fragerunde „mitGEredet“ verkündete er gleich zur Begrüßung, dass der langjährige Klubchef Clemens Tönnies keine Anteile zeichnen wird. In einem Bild-Interview hatte Tillmann im Januar verkündet, er hätte den Eindruck, Tönnies sei nicht abgeneigt. Darauf folgten zwei Briefe des Fleisch-Unternehmers. „Er hat richtiggestellt und korrigiert, dass er sich nicht beteiligen möchte. Das finde ich sehr schade“, sagte Tillmann. Auf Nachfrage dieser Zeitung gab Tönnies zu seinen Beweggründen keine Stellungnahme ab. Tönnies gilt nicht als Freund der Genossenschafts-Idee und liegt mit der aktuellen Vereinsführung überkreuz. Das gilt vor allem für Aufsichtsrats-Chef Axel Hefer, seinen Nachnachfolger. Hefer ist mit Tillmann sehr gut befreundet. Kirstein ist ein Teil der Ultras Gelsenkirchen, die Tönnies stets mit Ablehnung gegenüber standen.
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Wie gut die Fördergenossenschaft angenommen wird? Einen ersten Zwischenstand wollen die Schalker rund um das Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg (Samstag, 13 Uhr/Sky) verkünden. Die Schalker haben erst einmal 190.400 Anteile herausgegeben, einer kostet 250 Euro, 75 Euro Verwaltungsgebühr sind zusätzlich zu bezahlen. Mit den Einnahmen soll die Genossenschaft Anteile der Veltins-Arena erwerben, das Geld fließt direkt in die Vereinskasse. Der Verein will im ersten Schritt Darlehen ablösen und damit Schulden und Zinsen senken. Im zweiten Schritt sollen Investitionen in die Infrastruktur folgen.
Schalke-CEO Tillmann: 50 Millionen Euro wären Befreiungsschlag
Das ist jedenfalls die Wunschvorstellung der Schalker. Doch machen alle Mitglieder da mit? Vielversprechend liefen die ersten vier, fünf Stunden nach Zeichnungsstart, da war die virtuelle Warteschlange noch sehr lang. Eine Vergleichszahl gibt es: Der FC St. Pauli nahm mit einem ähnlichen Projekt in den ersten elf Tagen von etwa 12.100 Anteilseigner rund 15,7 Millionen Euro ein - ein Anteil bei den Hamburgern kostet 750 Euro.
Wie Tillmann sagt, wären 50 Millionen Euro ein Befreiungsschlag für den Klub. Was er nicht sagt, aber weiß: Ein gutes Ergebnis wäre auch für ihn ein Neustart nach 13 oft unglücklichen Monaten im Amt, in denen es sportlich nicht bergauf ging. Die Idee einer Genossenschaft auf Schalke ist nicht neu, schon vor Jahren wurde darüber diskutiert. Tillmann ist aber das Gesicht des Projekts. Würde Schalke mittelfristig nicht einmal die 10-Millionen-Euro-Grenze knacken, wäre das für Tillmann der nächste Niederschlag.
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