Gelsenkirchen. Schalkes Suche nach einem neuen Sportchef stockt. Wir stellen vor, welche Kandidaten aktuell ohne Verein sind.
Die Vereinsführung des FC Schalke 04 hatte schon schlechtere Ideen, als Youri Mulder zum Interims-Sportchef zu ernennen. Der 55 Jahre alte Eurofighter sorgt mit seiner positiven Art für beste Laune in der Kabine und im Profileistungszentrum, schaute als Ansprechpartner der Öffentlichkeit auch bei der Spieltags-Pressekonferenz vor dem Spiel beim HSV (Samstag, 20.30 Uhr/Sport 1 und Sky) vorbei. Doch Mulder bleibt nur vorübergehend, das stellte er wiederholt klar.
Schalke sucht schon seit ein paar Wochen – ursprünglich wollte die Klubführung aber am im Januar verabschiedeten Konzept festhalten. S04 hatte sich für einen zweiköpfigen Vorstand entschieden, CEO Matthias Tillmann erhielt das Sportressort. Tillmann führte zwei Direktorenposten ein – den Direktor Kaderplanung (Ben Manga) und den Sportdirektor. Seit Marc Wilmots‘ Rauswurf ist dieser Job vakant. Und Tillmann suchte einen Kandidaten für den Direktorenposten, der in der Hierarchie nicht über Manga steht.
Doch die Misserfolge der vergangenen Wochen und Monate, die Kritik vieler Mitglieder bei der Mitgliederversammlung, Schalkes Klubführung würde die Kompetenz fehlen, sorgte für ein Umdenken. Aufsichtsrats-Vize Sven Kirstein sprach sich für einen Sportvorstand aus, der von den Mitgliedern in das Gremium gewählte Ender Ulupinar punktete in seiner Wahlrede vor allem mit derselben Forderung. Die Schalker können es sich eigentlich nicht mehr erlauben, am Zweier-Vorstand festzuhalten.
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Doch die Suche stockt. Oliver Ruhnert, bisher Chefscout von Union Berlin und auf Schalke im Gespräch, zieht es für das Bündnis Sahra Wagenknecht in den Bundestag, er tritt bei der Wahl an, kehrt nicht nach Gelsenkirchen zurück. Die Berufung eines Vorstands liegt in den Händen des Aufsichtsrats. Schalke benötigt einen erfahrenen Mann, der die Arbeit bei einem Traditionsverein kennt, mit dem Druck von Öffentlichkeit und Fans umgehen kann. Und der sensibel genug ist, mit Kaderplaner Manga gut zusammenzuarbeiten. Aktuell ist Manga mit großer Macht ausgestattet, von der er einen kleinen Teil abgeben müsste. Nach dem Wilmots-Fehler wollen sich die Bosse extra viel Zeit lassen – einen weiteren Fehlgriff können sie sich nicht mehr erlauben.
Wer steht aktuell zur Verfügung? In finalen Gesprächen befinden sich die Schalker noch nicht, sondern noch in der Sondierungs- und Vorgesprächsphase – wir stellen elf Kandidaten vor, die aktuell vereinslos sind.
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Holt Schalke einen Sportvorstand? Mögliche Kandidaten
Fredi Bobic (53): Er ist im Kreis der verfügbaren Kandidaten der Erfahrenste – und wahrscheinlich auch der teuerste Kandidat. Er war als aktiver Profi Nationalspieler, sogar Europameister, und als Funktionär erfolgreich in Stuttgart (2010 bis 2014) und Frankfurt (2014 bis 2021). Er baute die Eintracht neu auf, er ist der Mentor von Schalkes Kaderplaner Ben Manga. Seine Zeit bei Hertha BSC (2021 bis 2023) in seinem Wohnort Berlin endete aber wenig erfolgreich im Streit - die Gerichtsverhandlung über seine Abfindung läuft noch. Es gilt als wahrscheinlich, dass ihm im Dezember 3,5 Millionen Euro zugesprochen werden. Aktuell ist er TV-Experte bei Sky. Für ihn sprechen die Erfahrung im Geschäft und bei Traditionsklubs, zudem ein großes Netzwerk sowie die Zusammenarbeit mit Manga. Doch ob ihn der Job auf Schalke reizen würde? Und ob die Bosse einen so starken Sportvorstand dulden würden? Er dürfte zudem viel zu teuer für die angeschlagenen Schalker sein.
Alexander Rosen (45): Er gilt in der Branche als Fachmann, baute seine Karriere behutsam auf, studierte Sportökonomie, erwarb die Trainer-A-Lizenz. Nachteil: Er arbeitete nur im beschaulichen Baden bei der TSG Hoffenheim – als Sportlicher Leiter des Nachwuchsleistungszentrums (2010 bis 2013), Leiter/Direktor Profifußball (2013 bis 2023) sowie zuletzt als Geschäftsführer Sport (2023/2024). Diese Zeit war eine Achterbahnfahrt. Nachteil: Als Funktionär weiß er zwar, wie es ist, mit mächtigen Investoren zusammenzuarbeiten, kennt aber das Innenleben eines Traditionsvereins nicht.
Jonas Boldt (42): Er ist erst 42 Jahre alt - und doch sehr erfahren. Er lernte das Fußballgeschäft als Chefscout (2007 bis 2014) und Assistent von Rudi Völler (2014 bis 2018) bei Bayer Leverkusen kennen, galt dort als sehr trickreich, ausgestattet mit einem guten Auge. In erster Reihe arbeitete er von 2019 bis 2024 beim Hamburger SV, verpasste mit dem HSV aber fünfmal den Bundesliga-Aufstieg. Sämtliche Emotionsausschläge eines großen, aber abgestürzten Klubs lernte er im Volksparkstadion kennen. In der Hansestadt wohnt er auch noch, entwickelte ein neues Projekt mit Ex-Hockey-Nationalspieler Moritz Fürste. Er hat ein großes Netzwerk weit über den Fußball hinaus.
Rachid Azzouzi (53): Er war lange der beliebte Mister Fürth. Von 2005 bis 2012 und von 2017 bis 2024 arbeitete er in verschiedenen Funktionen für die SpVgg Greuther Fürth, zuletzt als Geschäftsführer Sport. Er gilt als Architekt des zweiten Fürther Aufstiegs im Jahr 2021. Schalkes Eurofighter-Legende Mike Büskens adelte Azzouzi, den er in Fürth kennengelernt hatte, seinerzeit: „Vieles steht und fällt mit Rachid. Mit diesem zweiten Aufstieg macht er sich in Fürth unsterblich. Rachid hat nicht nur einen überragenden Job geleistet, er zeichnet sich auch durch seine Empathie gegenüber allen Mitarbeitern aus, er ist in seiner Art authentisch.“ Trotz eines durchschnittlichen Budgets spielte Fürth auch davor und danach häufig um den Aufstieg mit, stets erwirtschaftete Azzouzi Transfer-Überschüsse. Im November wurde er in Fürth gemeinsam mit Trainer Alexander Zorniger gefeuert - ein in der Stadt heiß diskutierter, überraschender Rauswurf. Sein wichtigster Mitarbeiter Sergio Pinto hat eine Schalke-Vergangenheit in der Knappenschmiede, kommt wie Klublegende Benedikt Höwedes aus Haltern. In Fürth machte Azzouzi Pinto zum Chefscout - eine Rolle, die auf Schalke schon besetzt ist. Und Ben Manga ist unumstritten. Was gegen Azzouzi spricht: Zweimal arbeitete er außerhalb Fürths, doch weder in St. Pauli (2012 bis 2014) noch in Düsseldorf (2015 bis 2016) blieb er nachhaltig in Erinnerung.
Oliver Kreuzer (57): Der ehemalige Bayern-Profi blickt auf eine bereits 22-jährige Funktionärskarriere in Österreich (Salzburg, Graz), der Schweiz (Basel) und Deutschland (zweimal Karlsruher SC, HSV, 1860 München) zurück, kennt Druck als Spieler und Funktionär - Berührungspunkte allgemein zum Ruhrgebiet oder speziell zu Schalke 04 gab es bisher aber nicht. Zuletzt arbeitete er lange beim KSC, der in der Kreuzer-Zeit (2016 bis 2023) vom abgestürzten Drittligisten zum ambitionierten Zweitligisten mit einem schön umgebauten Stadion wurde. Er machte den inzwischen begehrten Christian Eichner zum KSC-Cheftrainer. Rausgeworfen wurde Kreuzer im April 2023 wegen fehlender Kaderwertentwicklung. Der KSC formulierte das am Tag des Rauswurfs recht deutlich: In den Bereichen TV-Gelder und Transfererlöse befände sich der Verein weit unter dem Durchschnitt der Zweiten Liga. Kaderwertentwicklung steht auf Schalke aber im Mittelpunkt der Zukunftsstrategie. Zum 31. Mai 2024 löste Kreuzer den KSC-Vertrag auf, er wäre zu haben.
Jörg Schmadtke (60): Der 60 Jahre alte Schmadtke befindet sich eigentlich schon im Fußball-Ruhestand, schwer vorstellbar, dass er ihn für eine Mammut-Aufgabe wie Schalke 04 abbricht. Erfahrung hätte er genug, in Aachen (2001 bis 2008), Hannover (2009 bis 2013), Köln (2013 bis 2017) und Wolfsburg (2018 bis 2023) feierte er Erfolge, sammelte zuletzt in Liverpool (2023 bis 2024) Auslandserfahrung. „Eine Ehre“ sei das gewesen, sagte er nach seinem letzten Arbeitstag. Der Name Schmadtke ist aus dem Profifußball aber nicht verschwunden, Sohn Nils arbeitet für den FC Bayern. Was ihn mit Schalke aktuell verbindet: Er machte Ben Manga in Aachen zum Scout, ist deshalb dessen Entdecker.
Bleibt Schalke bei dem Sportdirektor-Modell? Mögliche Kandidaten
Youri Mulder (55): „Interim ist interim“, sagte Schalkes „Zwischenpapst“ (wie er sich selbst nennt) Anfang der Woche. Bis der neue Mann gefunden ist, ist Mulder für die Öffentlichkeit der Prellbock der sportlichen Leitung und der gute Geist in der Kabine und im Profileistungszentrum. Spielt Schalke erfolgreich, ist es nicht ganz ausgeschlossen, dass die Königsblauen versuchen, Mulder doch noch zu überreden, dauerhaft zu bleiben. Dann könnten sie am Doppel-Direktoren-Modell ohne Gesichtsverlust festhalten.
Mirko Slomka (57): Der ehemalige Schalke-Trainer hat seine Trainerkarriere für beendet erklärt und will bei einem Verein im Management einsteigen. Er bildete sich weiter, studierte in St. Gallen. Schon im Dezember 2023 gab es Gerüchte über Verhandlungen. Schalke sei für ihn eine Herzensangelegenheit, sagte er damals bei Sky, er sei dem Verein immer eng verbunden geblieben. Gespräche hatte es jedoch nicht gegeben, Schalkes Wunschkandidat war seinerzeit Marc Wilmots. Holt Schalke nun einen Ex-Trainer als Manager-Rookie? „Ich werde mich weiter fortbilden und hoffentlich bald eine Chance bekommen“, sagte Slomka kürzlich im „Fever Pit‘ch-Podcast“ allgemein über einen möglichen Einstieg als Funktionär im Profifußball. Er lebt in Hannover.
Benedikt Höwedes (36): Der Ehrenkapitän ist sicherlich der Traumkandidat vieler Fans – allerdings gilt immer noch, dass er sich auf die Karriere nach der Karriere behutsam vorbereitet, mit seinem Leben als dreifacher Familienvater und Prime-Video-Experte aktuell sehr zufrieden ist. Und während einer laufenden Saison will er als Rookie ohnehin keine Aufgabe übernehmen.
Benjamin Schmedes (39): Immer-mal-wieder-Kandidat, als Peter Knäbel noch Schalkes Sportvorstand war, weil beide zu HSV-Zeiten eng kooperierten. Schmedes machte sich als Sportchef des VfL Osnabrück (2017 bis 2021) ebenso einen Namen wie als Technischer Direktor von Vitesse Arnheim (2022 bis 2024). Seit Knäbels Abschied ist ein Wechsel von Schmedes zu S04 aber unwahrscheinlich geworden.
Gerhard Zuber (49): Er hat eine Schalke-Vergangenheit als Dauer-Assistent von Horst Heldt. Er folgte Heldt zu Hannover 96, beerbte ihn dort als Sportchef. Während Heldt aber zu Union Berlin weiterzog, wartet Zuber auf eine neue Aufgabe. Er hat immer noch ein königsblaues Herz, wohnt in Düsseldorf, „Sky“ brachte ihn kürzlich mit Schalke in Verbindung. Engere Kontakte gibt es nach unseren Informationen aber nicht.
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