Gelsenkirchen. Am 11. September 2001 schlugen zwei Flugzeuge in die Twin Towers ein. Die Welt stand unter Schock. Auf Schalke rollte abends der Ball gegen Panathinaikos.
Am 11. September 2001 – vor 23 Jahren – steht die Welt still. Islamistische Terroristen entführen an diesem Tag vier Zivilflugzeuge. Zwei Flugzeuge stürzen in das World Trade Center in New York, ein Flugzeug steuert in das Pentagon von Washington, eines stürzt ab. Rund 3000 Menschen verlieren ihr Leben. Bilder, die die Welt niemals vergessen wird.
Sechs Stunden nach den Anschlägen rollte der Ball auf Schalke
Dass auf Schalke an diesem Tag trotzdem Fußball gespielt wird, ist noch immer nicht vorstellbar, aber Realität. Nur sechs Stunden, nachdem um 14.46 Uhr deutscher Zeit das erste Flugzeug ins World Trade Center einschlägt, empfängt der FC Schalke 04 um 20.45 Uhr Panathinaikos Athen in der Arena zum ersten Champions-League-Spiel der Vereinsgeschichte.
Obwohl die Schalker Verantwortlichen mehr als bestimmt auf eine Verlegung der Partie drängen, besteht der europäische Fußballverband UEFA darauf, dass gespielt wird. Olaf Thon kann aufgrund einer Verletzung nicht dabei sein, der damals 35-Jährige verfolgt das Spiel von der Tribüne aus.
Olaf Thon: „Kein Spiel konnte sportlichen Wert haben“
Mit 23 Jahren Abstand sagt er im Gespräch mit der WAZ: „Heute sage ich, dass wir uns über die Entscheidung der UEFA hätten hinwegsetzen müssen. Wir hätten gar nicht auflaufen dürfen.“ Olaf Thon ergänzt: „Sportlichen Wert konnte an diesem grauenvollen Tag doch sowieso kein Fußballspiel haben.“
Schalkes früherer Finanzvorstand Peter Peters sagt vor der Partie: „Es gibt Tage, die eignen sich einfach nicht zum Fußball spielen!“ Wie wahr!
Schalker Familie freute sich monatelang auf Königsklasse
Dabei hatte sich die große Schalker Vereinsfamilie monatelang auf diesen Dienstagabend im September 2001 gefreut. Als „Meister der Herzen“ war die Mannschaft von Jahrhunderttrainer Huub Stevens in die Königsklasse des europäischen Fußballs eingezogen – zum ersten Mal überhaupt in der Vereinsgeschichte. Panathinaikos Athen - okay, kein Wunschlos zum Auftakt. Aber mit dem griechischen Meister kam ein Gegner in die erst wenige Wochen zuvor eingeweihte Arena, der zu schlagen gewesen wäre. Zumindest an einem normalen Tag.
Panathinaikos kam mit der Situation besser zurecht als Schalke
Olaf Thon sagt, dass er an das Geschehen auf dem Arena-Rasen nur „sehr blasse Erinnerungen“ hat, er spricht von einem Freistoß, der für Torhüter Oliver Reck nicht zu halten gewesen sei. Ob haltbar, oder nicht: Goran Vlavovic trifft nach 76 Minuten per Freistoß zum 1:0, Angelos Basinas nur vier Minuten später zum 2:0-Endstand. „Panathinaikos ist mit der Situation viel besser zurechtgekommen als wir. Warum es so wirkte, als wäre es fast ein normales Spiel für sie, weiß ich bis heute nicht“, sagt der heute 58-jährige S04-Repräsentant. Die Griechen feiern ihre Treffer und den Sieg vor insgesamt 52.000 Zuschauern auf jeden Fall ausgelassen.
Ansonsten herrscht in der Arena – zumindest beim Schalker Publikum – überwiegend gruselige Stille. Die UEFA ordnet an, dass vor dem Spiel und auch in der Halbzeit keine Stimmungsmusik abgespielt werden darf. Stattdessen erklingt leise Klaviermusik. Außerdem gibt es vor dem Anpfiff eine Schweigeminute. So lautet die Vorgabe der UEFA auch für die anderen sieben Stadien in Europa, in denen an diesem Abend tatsächlich Champions-League-Fußball gespielt wird.
Huub Stevens lässt den Vorstand aus dem Mannschaftsquartier am späten Nachmittag wissen, dass seine Mannschaft nicht in der Lage sei, Fußball zu spielen. An Fußball mag niemand mehr denken. Statt vor dem Spiel Videos über die Gegenspieler aus Griechenland zu schauen, verfolgt das Team gemeinsam Nachrichtensendungen.
Schalke 04: Rudi Assauer spricht später von „Machtlosigkeit“
Obwohl Olaf Thon nicht im Kader steht, bekommt er natürlich mit, mit welcher Vehemenz die Schalker Chefetage noch versucht, eine Spielabsage zu erwirken. Manager Rudi Assauer spricht später von „Machtlosigkeit“. Olaf Thon sagt: „Rudi Assauer, Peter Peters und Josef Schnusenberg haben wirklich alles versucht. Sogar Jürgen W. Möllemann aus dem Aufsichtsrat hat sich eingeschaltet und seine politischen Kontakte spielen lassen.“ Vergebens!
Olaf Thon ist um 14.46 Uhr noch zu Hause. Er will sich gerade auf den Weg zur Arena machen, als er vom schrecklichen Ereignis in New York erfährt und sofort den Fernseher einschaltet. „Ich habe, wie viele andere auch, zuerst an einen tragischen Unfall gedacht. Als dann das zweite Flugzeug wenige Minuten später in den Südturm des World Trade Centers eingeschlagen ist, war klar, dass es sich um feige terroristische Anschläge handelt“, sagt er.
Das Spiel ist bei S04-Legende Thon wie ausgelöscht
Nur darum geht es an diesem schrecklichen Tag. Kaum jemand ist mit den Gedanken bei der Champions League. Auch Olaf Thon nicht. „Ein Spiel, das niemand brauchte. Deshalb ist es wie ausgelöscht“, sagt er. Die Bilder aus den USA werden es niemals sein.
Schalke und BVB mussten spielen
Dass die Entscheidung der Uefa, die Spiele am Dienstagabend durchzuführen, schlichtweg falsch war, zeigte sich auch am folgenden Tag: Da nämlich setzte die Uefa die für den Mittwochabend (12. September 2001) geplanten Champions-League-Spiele der Gruppen E, F, G und H selbst ab. Diese Partien, unter anderem mit Beteiligung von Bayer 04 Leverkusen und dem FC Bayern, wurden im Oktober nachgeholt. Am 11. September musste hingegen neben Schalke auch Borussia Dortmund spielen (2:2 bei Dynamo Kiew).
Schalke 04 schied mit sechs Punkten als Tabellenletzter der Gruppe C nach der Vorrunde aus. Die Königsblauen trafen neben Panathinaikos Athen noch auf den FC Arsenal und RCD Mallorca. Siege gab es auf Mallorca (4:0) und im Heimspiel gegen den FC Arsenal (3:1). Panathinaikos als Gruppensieger und der FC Arsenal als Gruppenzweiter zogen in die nächste Runde ein.
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