Gelsenkirchen. Was hat Schalkes aussortierter Dauerpatient Lino Tempelmann? Der Verein gibt es bei Rückfragen sehr einsilbig.

Es ist noch nicht einmal ein Jahr her, da war Lino Tempelmann „Schalker des Monats“. Im Oktober 2023 erhielt er den Pokal, was er vor allem seiner Leistung im Heimspiel gegen Hannover 96 zu verdanken hatte. Schalke 04 siegte 3:2, Tempelmann erzielte ein Tor per Weitschuss, feierte vor der Nordkurve. Es war der erste Auftritt von Trainer Karel Geraerts in der Arena. Passiert ist viel seitdem: Schalke entrann knapp dem Abstieg, es folgte eine XXL-Umbau auf allen Ebenen - und der 25 Jahre alte Tempelmann ist zum königsblauen Gespenst geworden. Wo ist er? Was macht er? Wie geht es ihm?

Lino Tempelmann: sechs Schalke-Einsätze 2024

In den sozialen Netzwerken hat er seit dem 12. März keinen Beitrag mehr veröffentlicht - das war mitten im Abstiegskampf, als er noch nicht regelmäßig von Geraerts aus dem Kader geschmissen worden war. Von seinen 22 Einsätzen absolvierte er nur sechs in der Rückrunde - und sogar nur zweimal spielte er von Beginn an. Je tiefer Schalke in den Sumpf rutschte, desto schlechter spielte er - er war einer der Profis, die dem Druck nicht gewachsen waren. Geraerts setzte ihn aber nicht einmal mehr auf die Bank. Leistungsgründe.

So hatte sich Tempelmann, als Kind S04-Fan, seinen Wechsel nach Gelsenkirchen nicht vorgestellt. Im zentralen Mittelfeld wollte er ein entscheidender Bestandteil einer Aufstiegsmannschaft werden. Doch auf die aus seiner Sicht schlimme Rückrunde folgte die nächste Hiobsbotschaft: Die Schalker teilten ihm mit, dass sie ohne ihn planen.

Jetzt mit der Schalke-Rückennummer 27

Im letzten Spiel 2023/2024 bei der SpVgg Greuther Fürth (0:2) hatte Tempelmann, bis dahin mit der Nummer 10 unterwegs, noch von Beginn an gespielt. Seitdem verliert sich dessen Fußball-Spur. Chef-Kaderplaner Ben Manga sagte bei einer Medienrunde am Montag knapp: „Lino ist verletzt.“ So weit, so bekannt. Aber was hat er? Die Schalker verkündeten offiziell nur, es würde sich um eine Knieverletzung handeln. Aber welche genau? Wie schwer ist die Verletzung? Dauert sie zwei Wochen oder acht Monate? Hat schon ein Schalke-Arzt aufs Knie geschaut? Diese Zeitung stellte dem Kaderplaner alle Fragen - aber Manga, sonst ein auskunftsfreudiger Mann, blieb allgemein, bügelte die Fragen fast schon ab: „Man kann nicht sagen, wann er zurückkehrt. Ich beschäftige mich damit jetzt nicht.“ Der Unterton: genervt.

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    Die Spurensuche nach Tempelmann beginnt in München - nach Auskunft von Ben Manga erholt er sich noch immer dort im Rehatraining, auf eigenen Wunsch und nach Absprache mit dem Berater. So geht die Sprachregelung seit Beginn der Sommervorbereitung Mitte Juni 2024. Die Knieverletzung muss offenbar so schwer sein, dass Tempelmann nach zweieinhalb Monaten immer noch nicht in der Lage ist, Laufrunden im Mannschaftskreis in Gelsenkirchen zu drehen - wie es sonst üblich ist. Klar ist: Sein Knie bereitete Tempelmann schon zu Jugendzeiten Probleme. Sein letztes U19-Jahr (2017/2018) beim SC Freiburg endete mit sechs Monaten Verletzungspause, weil er am Meniskus operiert wurde. Später folgten noch ein Innenbandanriss (November 2019) und eine Sehnenverletzung in der Kniekehle (Juni 2020). Immer wieder bereitete das Knie Probleme, im Dezember 2023 sagte Tempelmann nach unbefriedigender Hinrunde: „Ich hatte immer wieder Schmerzen und Probleme. Für mich war es so total schwer zu zeigen, was ich zeigen möchte.“ Immer wieder das Knie?

    Doch wie geht es nun weiter?

    Schalke: Manga berichtet von Anfragen für Tempelmann

    Aktuell haben die Schalker offenbar wenig Probleme mit Tempelmann. Durch die langwierige Knieverletzung - wie schwer sie auch immer ist - soll er von der Berufsgenossenschaft bezahlt werden, wie am Berger Feld zu hören ist. Schalke würde in diesem Fall das Monatsgehalt sparen. In der abgelaufenen Transferperiode gab es laut Manga Anfragen für Tempelmann - obwohl er seit Mitte Mai kein Mannschaftstraining mehr absolviert hat. „Man hat sich nicht einigen können“, sagte Manga darüber.

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    Nur einmal tauchte das Phantom Tempelmann in Gelsenkirchen auf - an der Seite seines Beraters aus der Agentur Pro Profil, die ihren Schützling abschirmt als wäre er ein Staatspräsident. Ein Treffen, das kein Ergebnis brachte. Tempelmann steht noch bis Juni 2026 bei den Schalkern unter Vertrag, eine Abfindung wäre für S04 aktuell kaum zu bezahlen.

    Sobald sich Tempelmann gesund zurückmeldet, soll er wieder Teil des Profikaders sein - sagt jedenfalls Manga. „Wenn er zurückkehrt, haben wir einen Spieler mehr, der unter Vertrag steht. Lino kann sich dann wie Tobias Mohr präsentieren“, sagte Manga. Auch Mohr war aussortiert, spielte sich aber durch gute Leistungen im Training und in den Tests zurück in Geraerts‘ Mannschaft. Geraerts und Tempelmann - das passte aber nie. Dass diese Kombination noch einmal zusammenfindet, ist fast auszuschließen. Auf Tempelmanns Paradeposition - er ist am liebsten der Achter im Mittelfeld - ist ohnehin Geraerts‘ Lieblingsspieler Paul Seguin gesetzt.

    „Für Dominick Drexler ist die Tür zu.“

    Ben Manga
    Kaderplaner des FC Schalke 04

    Lino Tempelmann, noch einmal „Schalker des Monats“? Zugegeben, es ist so wenig wahrscheinlich wie ein Sechser im Lotto - aber nicht ganz unmöglich. Auch wenn er den Pokal nicht mehr mit der Nummer 10, sondern mit der „27“ auf dem Rücken entgegennehmen müsste.

    Einer wird aber keinen Preis mehr auf Schalke gewinnen, wie Manga in diesem Fall eindeutig bestätigte. Auch mit Dominick Drexler (34), der die letzte Saison seiner aktiven Karriere begonnen hat, konnte er sich nicht auf eine Abfindung verständigen. Zu Tempelmann gibt es aber einen Unterschied. „Für Dominick Drexler ist die Tür zu“, sagte Manga unmissverständlich. „Wir hatten Gespräche, wir hatten auch Anfragen für ihn. Aber der Spieler ist immer noch hier“, ergänzte Manga.

    Drexler wird deshalb weiter nur Teile des Mannschaftstraining absolvieren und sich sonst individuell mit einem Athletik- oder zu Hause mit einem Privattrainer fithalten. Das ist für niemanden eine optimale Lösung. Von einem Großteil der Schalker wird Drexler übrigens immer noch geschätzt - dass er von den Profis so gut es geht ferngehalten wird, geht vor allem auf den Wunsch von Trainer Geraerts zurück.

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