Madrid. Borussia Dortmund darf lange vom ersten BVB-Sieg im Santiago Bernabeu träumen. Am Ende aber schlägt Real Madrid eiskalt zurück und siegt 5:2.

Nuri Sahin erlebte alle emotionalen Facetten des Fußballs. In der ersten Halbzeit noch da sprang Borussia Dortmunds Trainer seinem Assistenten und langjährigen Assistenten Lukasz Piszczek voller Freude in die Arme, als der BVB durch Donyell Malen (30.) in Führung ging. Und eine Stunde später, da stand Sahin zerknirscht an der Seitenlinie. Real Madrid hatte im mit 85.000 Menschen ausverkauften Santiago Bernabeu durch Vinicius Junior zurückgeschlagen, das 2:2 erzielt (60.). Und es sollte noch schlimmer kommen, als Lucas Vazquez kurz vor Schluss das 3:2 schoss (84.). Vinicius junior traf erst zum 4:2 (86.) und setzte in der fünften Minute der Nachspielzeit den Schlusspunkt.

Doch in der neustrukturierten Königsklasse bleibt der BVB nach Siegen gegen Celtic Glasgow (7:1) und bei Club Brügge (3:0) trotz der Lehrstunde nach der Pause, trotz des 2:5 (2:0) im ausverkauften Estadio Santiago Bernabeu auf Kurs. Das nächste Spiel steht am 5. November gegen Sturm Graz an.

Da war die BVB-Welt noch schön: Donyell Malen nach seinem Tor.
Da war die BVB-Welt noch schön: Donyell Malen nach seinem Tor. © AFP | PIERRE-PHILIPPE MARCOU

BVB-Trainer Sahin bringt Nmecha, Sabitzer und Süle

Nuri Sahin überraschte vor seiner bisher größten Herausforderung in seiner noch jungen Trainer-Karriere und baute seine Mannschaft auf zwei Schlüsselpositionen um. In der Innenverteidigung rotierte Niklas Süle für Waldemar Anton in die Startelf, das zentrale Mittelfeld stellte Sahin völlig auf den Kopf, indem er Felix Nmecha neben Marcel Sabitzer aufstellte und dafür den zuletzt angeschlagenen Pascal Groß und Kapitän Emre Can auf die Bank beorderte. „Es war einfach ein Bauchgefühl“, begründete Sahin seine Entscheidung.

Sahin weiß bestens, wie schwer es ist, im Santiago Bernabeu zu bestehen. Als Spieler verbrachte er die Saison 2011/12 im Trikot der Königlichen. Dem BVB gelang in sieben Anläufen bei zwei Remis und fünf Niederlagen noch kein Sieg in der vor Kurzem modernisierten Edel-Arena. Dass eine deutsche Mannschaft bei Real erfolgreich gewesen ist, lag mehr als neun Jahre zurück. Unter anderem ein Doppelpack von Klaas-Jan Huntelaar reichte Schalke 04 damals aber trotz des 4:3-Sieges nicht, um ins Viertelfinale der Königsklasse einzuziehen.

BVB geht dank Malen und Gittens plötzlich in Führung

Es war zunächst eine höchst zähe, unspektakuläre Partie in der spanischen Hauptstadt, in der der BVB zwar zu überraschend viel Ballbesitz kam, aber nur selten, und dann meist über den auffälligen Nmecha, vertikal den grünen Rasen überspielen konnte. Bis zur 30. Minute, die die Partie fundamental verändern sollte. Da setzte Julian Brandt plötzlich nach, Serhou Guirassy streichelte den Ball mit der Sohle in den Strafraum, und Donyell Malen stieß in die Schnittstelle der Abwehr um Nationalspieler Antonio Rüdiger vor. Ein trockener Abschluss in die rechte Ecke, das 1:0 für den BVB.

Antonio Rüdiger steigt hoch, BVB-Verteidiger Niklas Süle staunt.
Antonio Rüdiger steigt hoch, BVB-Verteidiger Niklas Süle staunt. © AFP | THOMAS COEX

Die Dortmunder Fans, die sich in der oberen Stadionecke einquartiert haben, hatten ihr Europapokal-Lied gerade erst beendet, da legte ihre Mannschaft nach. Malen überlistete im Duell auf der Außenbahn Ferland Mendyl, in der Mitte war Jamie Gittens Vinicius junior und Lucas Vazquez entwischt und schob ein. Auf einmal stand ein 2:0 auf der futuristischen 180-Grad-LED-Wand.

Und Real? Wachte nun auf. Erst der frühere Dortmunder Jude Bellingham, der von Nico Schlotterbeck eingelassen im Strafraum völlig frei zum Kopfball kam, den Anschluss besorgen müssen (36.). Dann knallte Rodrygo den Ball an die Latte, Sekunde später Bellingham, und zum Abschluss der aufregenden Szene in der 37. Minute wischte Gregor Kobel einen Ball aus dem Winkel, den Brandt sonst zu einem Eigentor abgefälscht hätte. Der Dortmunder Kapitän feuerte kurz darauf einen Distanzschuss ab, den wiederum Real-Keeper Thibaut Courtois herausragend parierte. Ein Spiel, gerade noch lähmend, jetzt elektrisierend.

Real Madrid dreht in der zweiten Halbzeit die Partie gegen BVB

Aber konnte das wirklich gut gehen, trotz 2:0-Führung? Der BVB musste sich in der zweiten Halbzeit auf einen heißen Tanz einstellen. Kobel rettete gegen Vazquez (53.), und spätestens ab diesem Zeitpunkt mussten sich die Dortmunder gegen Reals stürmische Bemühungen wehren. Sahin wollte mit seinen Wechseln helfen. Für Torschütze Gittens kam in Person von Anton ein dritter Innenverteidiger in die Partie. Die Idee, die Grundordnung zu verändern, ging nicht auf.

Auch Anton konnte nicht verhindern, dass Madrid in der 60. Minute auf der rechten Seite überlagerte, der blasse Kylian Mbappé flankte und Rüdiger frei zum 1:2 einköpfte. Nur Sekunden später zappelte der Ball wieder im Netz, diesmal war es Vincius junior, der nach einem abgeblockten Schuss von Mbappé schneller schaltete als alle in Schwarz und Gelb (62.). Nun war auch das lange wenig begeisterte Madrider Operetten-Publikum da.

Doch der BVB stabilisierte sich wieder, Kobel hielt noch einmal gegen Mbappé (79.). Auf der Gegenseite hatte der eingewechselte Maximilian Beier die größte Chance der zweiten Hälfte (83.). Dann schlugen Vazquez und Vincius junior eiskalt zu.

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