Stuttgart. Dani Olmo ist nach seinem Geniestreichen gegen Deutschland nun gegen Frankreich gefordert. Der Ausfall von Pedri ist daher wohl zu verkraften.
So schnell verschwinden die Veranstaltungszelte also nicht. Alles was die Real Federación Española de Fútbol, kurz RFEF, in Donaueschingen an temporären Einrichtungen aufgebaut hat, ist vorerst stehen geblieben. Es heißt, dass Helfer am Trainingsplatz des SV Aasen und Bedienstete aus dem Luxushotel Öschberghof durchaus gespalten waren, wem sie eigentlich die Daumen drücken sollten. Deutschland oder Spanien? Dass letztlich die iberischen Gäste mit dem Erreichen des EM-Halbfinals gegen Frankreich (Dienstag 21 Uhr) ihre Verweildauer verlängert haben, hatte mit einem Profi zu tun, der seit viereinhalb Jahren in Deutschland spielt: Dani Olmo.
Dabei hatte der Edeltechniker von RB Leipzig im vergangenen Jahr viel Zeit im Krankenstand verbracht. Knieverletzung, Schultereckgelenkssprengung, muskuläre Probleme: Immer war was. Ist er allerdings gesund, gibt es wenig bessere Mittelfeldspieler: Sein Flachschuss zum 1:0 und seine Maßflanke zum 2:1 auf den einst bei Borussia Dortmund beschäftigten Mikel Merino lösten die spanische Jubelarie aus. Wie ist dem Blondschopf aus der Stadt Terrassa in der Provinz Barcelona dieser Geniestreich in der 119. Minute gelungen? „Ich habe den Ball auf der Seite bekommen, ich hatte ein bisschen Zeit – Mikel Merino hat gezeigt, dass er großartig bei Kopfbällen ist“, erzählte der „Man of the Match“. Gegen die Franzosen müsse man sich vor allem die Haltung bewahren: „Wir haben uns mit Krallen und Klauen verteidigt. Das ist der Weg.“ Zwischendrin blitzt sowieso immer wieder spanische Spielkunst auf.
Olmo als besserer Pedri: RB-Profi schlägt voll ein
Olmos frühe Einwechslung sollte sich als Glücksfall für „La Furia Roja“ erweisen. Wie herauskam, hat der von Toni Kroos binnen sieben Minuten gleich zweimal hart attackierte Mittelfeldmann Pedri eine „innere seitliche Verstauchung zweiten Grads im linken Knie“ erlitten: Der 21-Jährige vom FC Barcelona fällt für den Rest der EM aus. Klagen wollte Nationaltrainer Luis de la Fuente („Ich komme aus den 80er Jahre, daher erschrecken mich diese Dinge nicht“) darüber nicht; wohl auch, weil Olmo als siegbringender Pedri-Ersatz auftrat, der die Zehnerräume exzellent besetzte und bespielte.
Der 26-Jährige hatte sich zuvor in der „Süddeutschen Zeitung“ als „ein Mix aus dem Fußball, der in Leipzig und bei der Selección gespielt wird“, beschrieben. Die RB-Fußballidee habe ihn besser gemacht: „Den Ball nehmen, nach vorne denken, Chancen kreieren, aus der Distanz schießen.“ Bessere Taten hätte er diesen Worten am Freitag kaum folgen lassen können.
„Es war einer der schönsten Abende meiner Karriere. Um Deutschland zu besiegen, mussten wir ein besonderes Spiel machen“, sagte der Matchwinner. Zwei Tore und zwei Vorlagen bei dieser Endrunde bringen ihm viel Wertschätzung ein. Bis zum 15. Juli soll seine Ausstiegsklausel greifen, die für 60 Millionen Euro einen Wechsel erlaubt. Eine Rückkehr nach Barcelona steht im Raum.
Olmo verließ Spanien, um in Zagreb zu reifen
Ihn plagten keine Gewissensbisse, den Gastgeber aus dem Turnier gekegelt zu haben. „Na, ja, letzten Ende spiele ich für mein Land.“ Olmo ist mit der deutscher Influencerin Laura Schmitt, alias Laura Abla, liiert. Die gebürtige Ostfriesin postete auch aus Stuttgart Bilder von sich mit dem spanischen Trikot mit der Nummer zehn. Ihr Partner gilt fast als Liebling von de la Fuente. Beide pflegen seit Jugendzeiten eine besondere Beziehung. „Als ich in Kroatien war, hat er mich angerufen und mir vertraut“, verriet Olmo, der mit 16 Jahren den Heimatklub Barça verließ, um bei Dinamo Zagreb zu reifen. Ein allemal ungewöhnlicher Werdegang. „Das hat mich Dinge entwickeln lassen, die ich in Spanien vielleicht nicht gelernt hätte.“
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Seinem heutigen Nationalcoach rechnet er hoch an, dereinst nicht aus dem Blickfeld zu verschwinden. „Als wir 2015 in Griechenland mit der U19 Europameister wurden, mit Merino und Rodri, später mit Olmo und Fabian bei der U21“, erläuterte de la Fuente, „das hat uns zu einer engen Einheit gemacht.“ Der 63-Jährige betonte, „dass mich diese Spieler nicht enttäuschen.“ Olmo hatte bereits vor fünf Jahren im EM-Endspiel fürs Spaniens U21 gegen Deutschland getroffen; mit einem feinen Heber über Alexander Nübel.
Olmo verschoss Elfmeter gegen Italien
Jetzt verglich de la Fuente das K.-o.-Duell gegen die Deutschen mit der Begegnung eines „wilden Tieres“, weshalb Kampfspuren völlig normal seien. Im Halbfinale werden ihm die gesperrten Abwehrstützen Daniel Carvajal und Robin Le Normand fehlen. Insbesondere Olmo hat in München noch etwas gutzumachen. Vor drei Jahren spielte er in London gegen Italien über 120 Minuten herausragend, als es aber auf dem heiligen Rasen ins Elfmeterschießen ging, leistete er sich als erster Schütze einen Fehlschuss. Kurz darauf war der Titeltraum geplatzt. „Wir sind alle nach dieser Erfahrung reifer. Das zahlt alles auf die Gegenwart ein“, sagt er heute. Soll heißen: Die Spanier wollen noch bis zum nächsten Wochenende im schönen Donaueschingen bleiben.