Essen. Die Gruppenphase ist beendet, nun stehen die K.o.-Spiele an – aber der Turnierbaum hält Ungerechtigkeiten parat. Eine Reform könnte helfen.
Um erst gar keine Irritationen aufkommen zu lassen: An dieser Stelle soll nicht schon im Vorfeld eine Ausrede gefunden werden, sollte die deutsche Nationalmannschaft bei dieser Heim-Europameisterschaft nicht bis ins Finale vordringen. Es soll auch nicht schon jetzt beklagt werden, wie schwer es die Mannschaft von Julian Nagelsmann denn habe. Auch der Autor ist Verfechter des – zugegeben – etwas schlichten Spruchs, dass jeder Gegner geschlagen werden muss, wenn man einen Titel gewinnen will.
Auffällig ist aber das vermeintliche Ungleichgewicht der sogenannten Schwergewichte in den jeweiligen Hälften des Turnierbaums bis hin zum Finale. Während auf der eine Seite Deutschland etwa erst gegen Dänemark, dann eventuell Spanien und in einem möglichen Halbfinale gegen Frankreich spielen könnte, sähe der Weg beispielsweise der Italiener zumindest auf dem Papier einfach aus. Schweiz, Niederlande und Österreich könnten die Gegner lauten, bevor am 14. Juli in Berlin das Finale dieser Europameisterschaft ausgetragen wird.
Ungleichgewicht im Turnierbaum erkennbar
In der oberen Hälfte tummeln sich die Spanier, die in den drei Gruppenspielen stark aufspielten, Deutschland, Portugal, Frankreich, Belgien. In der unteren sind es immerhin neben den Italienern die Niederländer und Engländer – und Geheimfavorit Österreich. Klar, man könne nun sagen, dass es doch alles gar nicht leicht sei. Schließlich überzeugten auch die Franzosen oder Belgier in diesem Turnier noch nicht. England und die Niederlande aber auch nicht.
Das Ungleichgewicht der Turnierhälften ist sicherlich oft ein gefühltes. Aber ein Blick auf die letzten beiden Turniere 2021 und 2016, in denen es die Achtelfinal-Runde jeweils schon gab, verdeutlicht, dass Schwergewichte oft in einer Hälfte unterwegs sind. 2021 etwa waren die vermeintlich stärksten Teams aus England und Deutschland bereits im Achtelfinale aufeinander getroffen. England als Sieger hatte einen vermeintlich leichten Weg ins Finale, während Europameister Italien Nachbar Österreich, Belgien und Spanien aus dem Weg räumen musste.
Auslosung des Achtelfinals würde Spannung bringen
Bundestrainer Nagelsmann sagte vor dem finalen Gruppenspiel gegen die Schweiz sinngemäß, dass es ihm egal sei, wann er sich auf welche Mannschaft einstellen müsse. Andere Trainer aber kalkulierten vielleicht gar mit leichten Turnierbäumen. Eine Auslosung dieser Wege nach der Gruppenphase bis hin ins Finale wäre bei all den Regeländerungen, die die Uefa einbringt, eine sinnvolle. Damit mehr Chancengleichheit herrschen und noch mehr Spannung aufkommen würde. Und auf einen Klassiker der Fußball-Sprüche müsste zudem niemand verzichten: auf dem Weg zum Titel muss ohnehin jeder Gegner geschlagen werden. Egal, wann und in welcher Runde.