Dortmund. Kylian Mbappé kehrt gegen Polen zurück, dennoch kommt Frankreich nur zu einem 1:1. Team und Trainer geben sich aber gelassen.

Am Mittwoch war Erholung angesagt: Trainer Didier Deschamps hatte den Spielern der französischen Nationalmannschaft einen freien Tag spendiert. Es wurde also nicht trainiert in Paderborn, stattdessen durften die Familien ins luxuriöse Best Western Premier Parkhotel & Spa in Bad Lippspringe. Die Seele baumeln lassen, den Kopf freibekommen, auf andere Gedanken kommen nach einer Vorrunde, die so gar nicht nach den eigenen Vorstellungen verlaufen war und die am Dienstagabend in Dortmund passend abgerundet worden war durch ein enttäuschendes 1:1 (0:0) gegen eine polnische Mannschaft, die schon zuvor keine Chance aufs Weiterkommen mehr gehabt hatte, die aber das Elfmetertor von Kylian Mbappé (56.) durch Robert Lewandowskis Strafstoß (79.) egalisierte.

Weitergekommen immerhin waren die Franzosen, aber durch das Unentschieden waren sie abgerutscht auf Rang zwei, hinter Österreich. Die Grande Nation hinter der kleinen Alpenrepublik? Incroyable, unglaublich, allenfalls im Skifahren akzeptabel, aber doch nicht im Fußball! Und der Tabellenstand entsprach den gezeigten Leistungen: Die hochkarätig besetzte Mannschaft um Weltstar Mbappé hat in der Vorrunde nur fünf Punkte eingesammelt und dabei zwei Törchen geschossen. In drei Spielen. Eins davon war ein Eigentor, das andere ein Elfmeter. Auf einen eigenen Treffer aus dem Spiel warten die Franzosen noch immer. Und, quel desastre, der Zweitplatzierte landet in jenem Turnierbaum, in dem auf dem Weg ins Halbfinale die deutlich stärkeren Gegner warten, nämlich Portugal, Spanien und Deutschland.

Frankreich zwischen Aufregung und Gelassenheit

Und so herrschte am Mittwochabend bereits erhöhte Alarmstufe im Dortmunder Stadion, zumindest im Lager der mitgereisten Journalisten. Entsprechend scharf und kritisch gerieten die Fragen an Spieler, Trainer, Funktionäre – und es war schon bemerkenswert, wie gelassen, wie entspannt die Antworten im Gegensatz ausfielen. „Natürlich sind wir enttäuscht, dass wir den ersten Platz verspielt haben“, sagte Eduardo Camavinga, Mittelfeldspieler von Real Madrid. „Aber das Wichtigste ist doch, dass wir im Achtelfinale sind.“

Noch entspannter gab sich Trainer Deschamps. „Ich bin überhaupt nicht enttäuscht“, sagte der 55-Jährige. „Wir sind jetzt da, wo wir sein wollten, im Achtelfinale. Unsere Gruppe war definitiv schwierig. Jetzt beginnt praktisch ein neuer Wettbewerb.“ In diesen aber schleppen die Franzosen die alten Probleme, die Camavinga in nur zwei Worten prägnant auf den Punkt brachte, als er gefragt wurde, was gegen die Polen gefehlt hatte: „Die Tore“, meinte der 21-Jährige. „Es ist wichtig, dass das kommt, aber ich habe großes Vertrauen in unsere Offensive.“ Chancen hatte es ja gegeben gegen Polen, aber sie wurden mehr oder weniger kläglich vergeben.

Kylian Mbappé war wieder dabei, lange aber nicht im Spiel

Auch durch Mbappé, den Superstar, der nach seinem im ersten Gruppenspiel gegen Österreich erlittenen Nasenbeinbruch endlich wieder mitwirbeln durfte, mit dunkler Gesichtsmaske. Er stand zwar von Beginn an auf dem Platz, aber er brauchte eine ganze Weile, um ins Spiel hineinzufinden, er wirkte gehemmt und ging den Zweikämpfen eher aus dem Weg. „Er gewöhnt sich langsam an die Maske, aber es ist nicht so einfach. Wenn es heiß ist, läuft der Schweiß in die Augen. Für den weiteren Turnierverlauf war es wichtig, dass er es im heutigen Spiel testen konnte“, sagte Deschamps.

Denn Mbappé bleibt der eine Spieler, den auch diese üppig besetzte Offensive nicht ersetzen kann. Das hatte sich beim mauen 0:0 gegen die Niederlande gezeigt, das zeigte sich nun auch beim tristen 1:1 gegen die Polen. Wenn es gefährlich wurde, dann hatte meiste Mbappé seine Füße im Spiel, die anderen Topstars nahmen sich eine ausgedehnte Auszeit: N‘Golo Kanté, zweimal der herausragende Mann, zeigte im dritten Spiel, dass ein Jahr in der mittelprächtigen saudi-arabischen Liga wohl doch nicht spurlos an ihm vorbeigegangen ist. Ousmane Dembélésetzte sich selten durch, Antoine Griezmann wurde geschont.

Polens Torhüter Lukasz Skorupski trieb Frankreich zur Verzweiflung

Blieb also Mbappé der nach rund 40 Minuten richtig ankam in der Partie, Chancen über Chancen ansammelte. Aber da war eben einer noch besser: Lukasz Skorupski, Torhüter der Polen. Der spielte nur, weil Trainer Michal Probierz nach dem Ausscheiden munter durchwechselte, und nun die Franzosen mit seinen Paraden in die Verzweiflung trieb.

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Auch das sollten sie aus den Köpfen bekommen an ihrem freien Tag in Paderborn. Ganz sicher werden sie sich daran erinnert haben, dass sie auch 2018 als Weltmeister und 2022 als Vize-Weltmeister weit davon entfernt waren, den schönsten Fußball des Turniers zu spielen. Erfolgreich waren sie dennoch – weil sie ab und an das Tor dann doch trafen.