Essen. Bis zu vier Sender in Deutschland berichten derzeit live über Fußball-Europameisterschaft. Die Sportschau fällt aus mehreren Gründen ab.

Wie heißt es so schön: Konkurrenz belebt das Geschäft? Wenn das bei der diesjährigen Fußball-Europameisterschaft tatsächlich eintreten würde, müsste die ARD in der kommenden Woche eine erhebliche Leistungssteigerung hinlegen. Ähnlich wie die deutsche Nationalmannschaft nach dem verkrampften Spiel gegen die Schweiz am Sonntagabend (1:1). In der K.o.-Phase, die mit den Achtelfinalspielen am kommenden Wochenende beginnt, müssten nach dieser goldenen Regel der Kalender-Sprüche auch die Zuschauer der ARD-Sportschau endlich auf ihre Kosten kommen. Anders, als in den ersten zehn Tagen dieser EM im eigenen Land.

Na klar, es gibt in der Berichterstattungen einige Lichtblicke: Almuth Schult etwa, die ehemalige deutsche Nationaltorhüterin. Sie beeindruckt mit ihren wenigen, aber präzisen Worten bei den Live-Kommentaren der Spiele. Oder der neue Sportliche Leiter des Nachwuchsleistungszentrums bei Borussia Dortmund, Thomas Broich. Der Ex-Spieler vermag es wie kaum ein anderer TV-Experte in Deutschland, über taktische Feinheiten eines jeden Fußballspiels zu philosophieren. Echter Mehrwert!

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Doch viel zu häufig fällt die Sportschau im Vergleich zum konkurrierenden Free-TV-Sender ZDF in der Berichterstattung ab. Da brüllt Christina Graf am vergangenen Donnerstag die Schotten zur Führung im Duell der deutschen Gruppengegner. Problem nur: Xherdan Shaqiri hatte für die Schweiz getroffen. Oder da ist Tom Bartels, der mit seiner Art des Kommentierens - schon nach drei Minuten der Partie zwischen Deutschland und Ungarn spricht er von einem „Spiel ohne Pausen“ - in den Sozialen Netzwerken viel Kritik einstecken muss. Im ZDF hingegen brilliert Christoph Kramer mit seiner flappsigen - aber vor allem Zuschauer-nahen - Art.

Julian Nagelsmann im Gespräch mit Schweinsteiger (Mitte) und Sedlaczek.
Julian Nagelsmann im Gespräch mit Schweinsteiger (Mitte) und Sedlaczek. © dpa | Christian Charisius

Vermeintlich in dieser Liga wollen offenbar auch Esther Sedlaczek und Bastian Schweinsteiger in der Sportschau unterwegs sein. Beide scheinen stets lockere Pläusche halten zu wollen. Hier ein Spruch, da ein wenig Necken. Doch was lustig rüberkommen soll, verursacht zumindest beim Verfasser dieser Worte regelmäßig Fremdscham. Das Duo fällt gegenüber den Experten und Kommentatoren-Duos des ZDF deutlich in der gezeigten Leistung ab. Wie Leroy Sané im Vergleich zu Jamal Musiala und Florian Wirtz im DFB-Team.

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Bestes Beispiel: Während beim Pay-TV-Anbieter MagentaTV das Deutschland-Spiel gegen Ungarn ins kleinste Detail analysiert wurde, kratzt die Sportschau nur an der Oberfläche. Negatives Highlight der Berichterstattung am Sonntagabend im Nachgang des DFB-Remis gegen die Schweiz: Die Analyse des Sportschau-Duos der „Schmatzer-Zeit“ von Julian Nagelsmann mit seiner Freundin Lena Wurzenberger. Über gut eine Minute lang wird über eine Sequenz des turtelnden Paares kommentiert. Leider keine Ausnahme im Zusammenspiel der beiden. Derweil bei MagentaTV: Ex-Nationalspielerin Tabea Kemme und Johannes B. Kerner nehmen sich den ersten Themen dieses Spieltages an und sprechen über die Gefahren des späten Eingreifens von Ersthelfern, nachdem der Ungar Barnabas Varga im deutschen Parallelspiel gegen Schottland zusammensackte. Eine Tatsache, die in der ARD nur in einer Kurzzusammenfassung des Spiels zu sehen war.

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Aber es bleibt die Hoffnung, dass Konkurrenz tatsächlich das Geschäft belebt. Der Autor fordert an dieser Stelle nicht eine herausragende (weil pfiffig, lustig und tiefgreifend) TV-Unterhaltung wie beispielsweise in England. Aber auch die nationale Konkurrenz macht der Sportschau in diesen EM-Tagen vor, wie auch gute Berichterstattung funktionieren kann. Ohne dabei immer weiter in Richtung Boulevard zu rutschen.