Sundern. Ernte und Tierfutter sind zerstört. Immer wieder driften Autofahrer über Felder und Wiesen. Auf den Schäden bleiben die Bauern sitzen.
Dunkle Furchen durchbrechen das Weiß der schneebedeckten Wiese. Die Autoreifen haben tiefe Spuren auf der Fläche des Bauernhofs Schmalor in Sundern hinterlassen. Ein großer Teil des Tierfutters und der künftigen Ernte: zerstört. Auf den Schäden bleibt die Familie Schmalor sitzen. So wie mehrere Bauern in der Region, deren Äcker und Wiesen nicht nur durch die vielen Schneetouristen in Mitleidenschaft gezogen wurden.
Die Nachrichten darüber häufen sich: Sundern, Breckerfeld, Meschede, Brilon oder Wittgensteiner Land – immer wieder driften Autofahrer laut ansässiger Landwirte unbemerkt über Flächen, hinterlassen durch das Schlittern auf dem rutschigen Boden immense Spuren und Schäden. „Gesehen haben wir das erst am nächsten Tag“, erinnert sich Kristina Schmalor. Eine Anzeige wäre ins Leere gelaufen, sagt sie. Denn Anhaltspunkte gebe es nicht, „wir haben keine Kennzeichen oder sonstige Informationen über die Verursacher“.
Auch der Polizei fehlen Anhaltspunkte
Neu sei das Problem nicht. Jedes Jahr gebe es solche Fälle, vor allem im Winter. Das bestätigen auch die Kreispolizeibehörden in Südwestfalen, die unter anderem auch von „Parkplatz-Treffen“ berichten, wo zahlreiche Autofahrer ihre Reifenspuren auf dem Asphalt hinterlassen. Woher sie kommen und wie sie sich verabreden sei unbekannt. Meist blieben die Drifter unbemerkt, erklärt die Polizei. „Wir bekommen das in der Regel nur mit, wenn sich die Bevölkerung meldet – etwa wegen Ruhestörung.“ Eingreifen könnten sie daher nur selten.
Doch in diesem Jahr häuften sich die Vorfälle, sagt Hof-Besitzerin Kristina Schmalor. Durch Corona zöge es die Menschen vermehrt in die Natur, aufs Land. „Und im Schneetourismus ist es dann ausgeartet.“ Felder würden als Hundespielwiesen missbraucht und von den Spaziergängern vermüllt. Plastikreste könnten im Futter landen, wenn die Maschinen sie unbemerkt zerkleinern. „Tiere können daran sterben“, sagt Schmalor.
Durch die Schließung der Skigebiete seien deutlich mehr Menschen zu den umliegenden Wiesen gekommen als in den Vorjahren, „damit hatten wir nicht gerechnet“. Dass es sich dabei um Privatgrundstücke handelt, „dafür ist das Bewusstsein nicht mehr da“, sagt Schmalor.
Gegen die Schlittenfahrer habe sie nichts, „da passiert zumindest auf den Wiesen in der Regel nicht viel“. Anders bei den Autos, die sie als Parkfläche nutzen: Viele hätten sich festgefahren und tiefe Spuren hinterlassen. Futter für die Milchkühe sei dadurch hin. Es neu anzusäen sei nicht nur teuer, sondern es entwickle sich auch langsamer. „Das Futter ist durch die vergangenen trockenen Jahre ohnehin knapp“, sagt Schmalor.
„Wiesen sind kein Allgemeineigentum“
Auf mehrere hundert Euro schätzt sie die Schäden. Dafür müssten durchaus die Verursacher aufkommen – doch bleiben die unbekannt, ist das nicht möglich. Das weiß auch Jörg Elsner, Rechtsanwalt und ehemaliger Vorsitzender der AG Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein. Auch er macht deutlich: Wiesen und Äcker seien kein Allgemeineigentum, sondern Eigentum des Landwirts. Und der könne das Betreten untersagen.
Allerdings: Die meisten Wiesen seien nicht eingezäunt, sie zu betreten oder zu befahren sei also erstmal keine Straftat. Untersagen dürften das die Eigentümer dennoch, Wiederholungstäter könnten auch bestraft werden – und wer Schäden durchs Parken oder Driften verursacht, müsse ohnehin dafür haften. Wenn er denn erwischt werde, sagt Elsner.
Ansonsten hätten Autofahrer wenig zu befürchten: Eine konkrete Vorschrift, wegen der die Polizei ein Knöllchen schreiben könnte, gebe es nicht. Ein Verstoß gegen die allgemeine Rücksichtnahme oder aber um die Gefahr abzuwehren, werde nur mit einem geringen Geldbetrag in Höhe von vielleicht 20, 30 Euro bestraft. Abschreckend wirke der kaum.