Winterberg. Im Oversum Winterberg diskutieren Experten auf Einladung des WDR über den Tourismus-Ansturm. Wie kann so ein Chaos künftig vermieden werden?

„Ansturm im Lockdown - was treibt die Massen in den Schnee?“ Über dieses Thema diskutierte WDR 5 – Moderator Ralph Erdenberger im Rahmen der Sendereihe „Stadtgespräch“ mit Landrat Dr. Karl Schneider und Winterbergs neuem Bürgermeister Michael Beckmann.

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Bei der Live-Sendung aus großen Saal des Oversums kamen aber auch Experten und Betroffene aus der Land- und Fortwirtschaft, des Tourismus und Gastronomie sowie der Liftbetreiber zu Wort. Dr. Heike Döll-König die Geschäftsführerin Tourismus NRW und der Philosoph Professor Markus Gabriel von der Universität Bonn komplettierten zugeschaltet die erlesene Runde.

Alles ausgeartet

Winterbergs Ortsvorsteher Bernhard Selbach betonte zum Auftakt noch einmal, eigentlich sei jeder Gast willkommen, aber während des Lockdowns gehe das nun einmal nicht. Dennoch sei alles ausgeartet, Landwirtin Christina Schmalohr aus Sundern-Wildewiese, die vor allem über die großen angerichtete Schäden durch die Wild-Parkerei auf den Wiesen verärgert war. Ähnlich sah es Forstwirt Franz-Josef Thielke aus Züschen, der auf Anfrage von Moderatorin Beate Schmies vom WDR-Studio Siegen, die Uneinsichtigkeit der Touristen kritisierte. Thielke. Was die Drifter-Szene in Wald und Flur angerichtet habe, sei unvorstellbar.

Gewisse Aggressivität

Landrat Dr. Schneider räumte ein, auf einen solchen Besucheransturm sei weder Winterberg noch der HSK eingestellt gewesen und man habe alle Kräfte zusammengezogen, um der Situation Herr zu werden. Und Bürgermeister Beckmann fügte hinzu: „Es kam das Dreifach, was sonst an guten Winterwochenenden zu uns kommt“. Alle hätten nur ein Ziel gehabt: „Wie wollen Schnee sehen.“ Um den zu erleben, sei jedes Mittel recht gewesen, auch eine gewisse Aggressivität. Christof Klante von Liftkarussell meinte, dass die Sportler wohl zu Hause geblieben wären, aber die breite Masse habe ich einfach nach Schnee gesehnt. Dabei sei man auf einen geordneten Skibetrieb, trotz der geltenden Auflagen vorbereitet gewesen. Der unverantwortliche Besucherandrang habe der Stadt Winterberg keine andere Wahl gelassen, als eine Vollsperrung der Skigebiete anzuordnen, gab der Bürgermeister zu bedenken.

Alle überfordert

Heike Döll-König, die Tourismusmanagerin aus Düsseldorf betonte, man wolle ja die Touristen, aber nicht so. Und für Professor Gabriel war das System schuld: Gabriel: „Von diesen Phänomen waren alle überfordert“.

Gerne gefordert wäre auch die Gastronomie, wie Dirk Engemann beklagte, der von einem Umsatzverlust von 100 Prozent sprach, die Pressesprecher Rainer Soyka von der Tourismus Sauerland mit mehr als 20 Millionen Euro bezifferte.

Doch was ist zu tun? Da müssten erst einmal Fördermittel fließen, so der Bürgermeister, denn von den 70 Prozent der Unternehmen, die Unterstützung beantragt haben, sind erst 25 Prozent in den Genuss von Hilfen gekommen. Beckmann: „Das ist eine Riesenkatastrophe“. Das Geld müsse schnellstens ausgezahlt werden und noch mehr Mittel von Bund und Land erforderlich. Die Grenze ist erreicht, so Beckmann."

App soll Besucherströme lenken

Doch da alle Appelle wenig nutzen, könnten die neuen Medien Abhilfe schaffen und mittels einer App die Besucherströme besser gelenkt werden. Auf dieser App kann jeder Tourist dann aktuell sehen, wie voll es zum Beispiel am Sahnehang ist und dann feststellen, dass auf der Postwiese in Altastenberg noch Kapazitäten frei sind, wohin man ausweichen kann. Gemeinsam mit anderen Ferienregionen im Allgäu und an der Nordsee, will Winterberg dieses Projekt in Angriff nehmen und Fördermittel beantragen.

Doch bis diese App da ist, muss man von Fall zu Fall entscheiden, so Bürgermeister Beckmann, der für dieses Wochenende, ähnlich wie in anderen Orten des Sauerlandes eine Vollsperrung ankündigte.