Hamm/Iserlohn. Klare Niederlage für die Stadt Iserlohn in der Abfindungs-Affäre: Ex-Ordnungsamtsmitarbeiter Ünal muss die hohe Abfindung nicht zurückzahlen.
Die Stadt Iserlohn ist am Dienstag vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm mit ihrer Klage gegen ihren ehemaligen Ordnungsamtsmitarbeiter Ugur Ünal auf Rückzahlung der vor drei Jahren gezahlten Abfindung (265.000 Euro) gescheitert. Ünals Anwalt Daniel Wüstrich sprach nach der Urteilsverkündung in dem Berufungsverfahren von einem „vollen juristischen Erfolg“. Einen weitere juristischen Schritt – die Revision zum Bundesarbeitsgericht – habe die 6. Kammer nicht zugelassen, wie das Gericht erklärte. Sein Mandant habe „erhobenen Hauptes“ den Gerichtssaal verlassen können, so Anwalt Wüstrich.
In der sogenannten Iserlohner Abfindungsaffäre hatte die Stadt im Januar 2019 den Arbeitsvertrag mit Ünal gelöst und ihm eine Abfindung in Höhe von 266.000 Euro gezahlt. In einer Klage vor dem Arbeitsgericht Iserlohn hatte die Kommune die Abfindungssumme aus dem Aufhebungsvertrag zurückgefordert, den sie einst selbst mit Ünal abgeschlossen hatte. Nicht etwa die Nettosumme in Höhe von 177.000 Euro, die auf das Konto des mittlerweile von Hartz IV lebenden Ex-Stadtangestellten geflossen war, sondern gut 300.000 Euro wegen Zinsen und entgangener Steuern.
Ugur Ünal: „Für mich ist das Urteil eine Genugtuung“
„Für mich ist das Urteil ein Stück Genugtuung“, sagte Ugur Ünal erleichtert nach dem Urteil. Für ihn sei es ganz wichtig gewesen, dass der zuständige LAG-Richter mit Blick auf die Annahme der Abfindungssumme „keine Anzeichen für eine Beihilfe zur Untreue oder ein Fehlverhalten meinerseits“ gesehen habe. Genau das wirft die Staatsanwaltschaft Hagen Ünal in ihrer Anklage vor. „Ich hoffe jetzt, dass es möglichst bald zu einem Strafprozess vor dem Landgericht kommt“, so Ünal weiter, „und meine Familie und ich endlich wieder ein normales Leben führen können.“
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Die Stadt Iserlohn hatte in ihrer Arbeitsgerichtsklage angeführt, dass rund um die Auflösung von Ünals Arbeitsvertrag der Personalrat nicht ordnungsgemäß gehört wurde. Das Arbeitsgericht Iserlohn hatte sich dieser Sichtweise angeschlossen. Anders nun das Landesarbeitsgericht Hamm. „Die mangelhafte Beteiligung des Personalrats geht auf ein Versäumnis der Stadt zurück, weshalb sich diese auf eine daraus folgende Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages nicht berufen kann“, so das Gericht. Es sei auch nicht erkennbar, dass Ugur Ünal mit dem Abschluss des Aufhebungsvertrages gegen Strafgesetze oder die guten Sitten verstoßen habe. Denn das könne allein aus einer im Vergleich zu den Gepflogenheiten öffentlicher Arbeitgeber ungewöhnlich hohen Abfindung wie in diesem Fall nicht gefolgert werden. Vielmehr habe Ünal das „ihm vorteilhaft erscheinende Angebot annehmen dürfen“.
Stadt Iserlohn lehnt Einigung ohne Urteil ab
In der Verhandlung habe er noch einmal die Einleitung eines Güterichterverfahrens zum Zwecke einer Einigung angeboten, sagt Anwalt Daniel Wüstrich weiter. Dann hätte es keines LAG-Urteils bedurft. „Die Vertreter der Stadt Iserlohn, die bereits vor der Urteilsverkündung das Gericht verließen, haben dies abgelehnt. Beobachter könnten so langsam den Eindruck gewinnen, dass die Stadt gar keine Einigung und damit eine Wiedereinstellung von Ünal will, mit der Klage aber in der Öffentlichkeit den Eindruck von Aktivität erwecken wollte.“
Die Stadt Iserlohn hat bislang noch nicht auf eine Anfrage der WESTFALENPOST zu dem Urteil reagiert.
>> HINTERGRUND: Wie lief die Abfindungszahlung?
- Laut der Feststellung des Landesarbeitsgericht habe die Stadt Iserlohn Ugur Ünal nach Differenzen mit Vorgesetzten – unter anderem wegen der Einführung eines neuen Schichtdienstmodells – die Auflösung des Arbeitsverhältnisses angeboten.
- Und zwar bei rund siebenmonatiger bezahlter Freistellung und gegen Zahlung einer Abfindung von von 250.000 zuzüglich Steigerungsbeträgen bei vorzeitiger Beendigung. Bei Aufhebung des Arbeitsvertrags zum 30. April 2019 habe die Stadt schließlich eine Abfindung in Höhe von 264.800 Euro brutto gezahlt.
- Gegen den damaligen und im Zusammenhang mit der Affäre zurückgetretenen früheren Iserlohner Bürgermeister, den damaligen Bereichsleiter Personal und Ugur Ünal ist zwischenzeitlich Anklage mit dem Tatvorwurf der Untreue bzw. der Beihilfe zur Untreue erhoben worden. Ein Prozesstermin steht noch aus.