Siegen. . Strukturierte Beschaffung von Energie an der Börse soll dem südwestfälischen Mittelstand zu Einsparungen von im Schnitt 22 Prozent verhelfen. Bei der Industrie- und Handelskammer Siegen wurde nun eine Pilotstrategie vorgestellt, auf die auch große Autohersteller und sogar Einzelhandelsketten setzen.
Wie senke ich meine Stromkosten - das ist nicht nur ein brennend aktuelles Thema für Privathaushalte, sondern ebenso für energieintensive Unternehmen aus der Region Südwestfalen, die im Wettbewerb stehen. Ihr Problem: Sie können die tendenziell weiter steigenden Energiepreise nicht an ihre Kunden weitergeben. Bisher wurde versucht, mit immer neuen Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz an der Menge des verbrauchten Stroms zu sparen.
Ein neuer Ansatz, der am Freitag bei der IHK Siegen vorgestellt wurde, weist einen anderen Weg. Es geht nicht mehr nur darum, weniger Strom zu verbrauchen, sondern ihn günstiger zu beschaffen als bislang, wie IHK-Hauptgeschäftsführer Franz-Josef Mockenhaupt erläuterte. „Um auch die letzten Kostensenkungspotenziale zu erschließen“, ließ die IHK im Rahmen eines Pilotprojektes mit 12 energieintensiven regionalen Firmen unterschiedlicher Branchen untersuchen, „welche Spielräume noch zu nutzen sind“, so Mockenhaupt.
Kluge Beschaffung
Darunter sind der Attendorner Autozulieferer Mubea, Grünewald Papier aus Kirchhundem, Ejot aus Bad Berleburg, Achenbach Buschhütten sowie zum Vergleich Sparkasse und Kreisklinikum Siegen. „Zwischen 3 und 34 Prozent Einsparpotenzial - im Mittel 22 Prozent - sind bei kluger Beschaffung möglich“, berichtete der Mathematiker Dr. Alexander Hoffmann vom Siegener Softwarehaus Statmath, der die Pilotstudie begleitete und die Stromverträge der Firmen auswertete: „Die Differenz zwischen den vorliegenden Stromverträgen und den an der Leipziger Strombörse zu erzielenden Marktpreisen kann sechs- bis siebenstellige Eurobeträge pro Jahr ausmachen.“
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Sein Ansatz: 10 der 12 an der Pilotstudie beteiligten Mittelständler haben mit ihrem Versorger einen Vollstromvertrag mit einem einheitlichen Preis für alle Stunden des Jahres. „Ein Sorglostarif, aber teuer“, kommentierte Hoffmann. Zwei der 12 Unternehmen arbeiteten nach dem Fahrplanmodell, dem zufolge eine Firma eine bestimmte Menge Strom abnimmt, aber für jeden Monat neu angeben muss, wieviel.
Weit im Vorfeld
Hoffmanns Ziel: Die strukturierte Strombeschaffung, nach der die Betriebe schon weit im Vorfeld unter Zuhilfenahme des Spot- und des Terminmarktes für jede Stunde des Tages Strom einkaufen. Jede Stunde hat einen anderen Preis, und jede Firma nutzt sie unterschiedlich energieintensiv. „Die strukturierte Beschaffung soll auch für den südwestfälischen Mittelstand verfügbar sein“, fordert der Mathematiker. Alle großen Autohersteller und alle Handelsketten kauften so ein - letztere hätten immer gleiche Öffnungszeiten und Schwankungen im Bedarf nur durch den sommerlichen Einsatz der Klimaanlage.
Unternehmen gesucht
Nun sucht Hoffmann noch Unternehmen, die bereit sind, bei der für das laufende Jahr geplanten Umsetzung mitzumachen. Diese sollten aber Stromkosten in sechsstelliger Höhe haben. Dann will er daran gehen, eine Software zu entwickeln, mit die Unternehmer selbstständig weiterarbeiten können und eine Verbindung zur Strombörse herstellen. Bis die Einsparpotenziale auch realisiert werden können, sieht der Unternehmer noch hohen Informationsbedarf.
Franz-Josef Mockenhaupt zeigte sich jetzt schon sicher, durch „intelligenten Einkauf“ die Stromkosten für die Betriebe senken zu können. „Das müssen wir nutzen, damit auch unser Mittelstand noch wettbewerbsfähiger wird.“