Hagen. Künstler und Intellektuelle im Westen korrumpieren sich in der Kritik an Israel. Wo bleibt der Aufschrei zu den Massakern im Sudan?

Jetzt also der Haftbefehl. Der Konflikt um Israel und die Hamas beschäftigt mich mehr als alle anderen Konflikte unserer seltsamen Epoche. Meines Erachtens wird hier noch mehr geheuchelt als sonst. Bis jetzt sind nicht alle Geiseln frei, da sollen nicht nur die Täter vor Gericht, sondern auch die Vertreter der Opfer. Wenn meine Angehörigen in den Bunkern gefoltert würden, wäre das für mich unerträglich, egal was ich von Netanjahu halte.

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Tatsache ist jedenfalls, dass Netanjahu mit wehenden Fahnen in die Falle der Hamas gerannt ist, das nehmen ihm viele seiner Landsleute so übel. Die Hamas hat von Anfang an die Zivilbevölkerung als Kanonenfutter instrumentalisiert. Die Terroristen wussten, dass Israel militärisch reagieren wird, dies war das Kalkül hinter dem Massaker.

Israel befindet sich seit dem Terrorangriff in einem klassischen, unlösbaren Konflikt. Trotzdem hat Netanyahu sich dazu hinreißen lassen, mitzuspielen, Israels Ansehen zu riskieren, ohne, dass er nach acht Monaten irgendetwas vorweisen kann. Die Geiseln sind immer noch nicht frei, sofern sie überhaupt noch leben, und die Hamas setzt sich in Gaza schon wieder fest. Wie bitter für die Angehörigen! Es hat mir so leidgetan, als ich die Nachricht vom Fund der Leiche des deutsch-israelischen Mädchens gelesen habe, dessen einziger Fehler es war, auf einem Friedensfestival zu tanzen. Und dessen leblosen Körper die Hamas auf einem Pritschenwagen triumphierend durch die Gegend gefahren hat, sich dabei filmend, damit diese Schändung jeder mitkriegt. Das sind die Leute, für die sie an den westlichen Unis derzeit demonstrieren.

Warum wollen westliche Intellektuelle und Künstler unbedingt einen weiteren Taliban-Staat im Nahen Osten? Es kann ihnen doch nicht verborgen bleiben, dass Judenhasser rund um den Globus derzeit Morgenluft wittern. Ist ihnen egal, mit wem man sich ins Bett legt? Naivität? Revolutions-Romantik? Oder Antisemitismus-Reflexe hinter der Maske des Gutmenschentums. So meine ich.

Denn: Im Sudan tobt derzeit ein entsetzlicher Krieg mit fürchterlichen Folgen für fast drei Millionen Menschen. Die Leichenberge von mehr als 10.000 Abgeschlachteten sind auf Weltraumsatelliten zu sehen. Seit Ende April gibt es kein Wasser mehr und kein Essen. Wo sind die internationalen Protestcamps, der Aufstand der Künstler, die Solidaritätsaktionen der SPD-Abgeordneten, wo bleibt der Internationale Strafgerichtshof?