Hagen. Auch in der Mitte der Gesellschaft liegt Aggressivität in der Luft. Kontrollverlust verwandelt sich in Wut. Wie konnte es dazu kommen?.
Neulich hatte ich das Verlangen, einem Mitmenschen die Nase zu brechen. Ich hörte schon das Knirschen der Knochen in meinem inneren Ohr, und es war wie Musik. Dann erschrak ich vor mir selbst.
Wenn es um Gewalt geht, wird derzeit schnell auf die Anderen geguckt, die Zuwanderer mit ihren Messern, die Nazi-Schläger, die verwahrloste Jugend. Aber das führt am Kern vorbei. Denn eine nie gekannte Alltags-Aggressivität vergiftet sogar die Mitte der Gesellschaft.
- Wisent, Wolf: Wenn Artenschutz unter falscher Flagge segelt
- Streit um Aktivisten: Die Hamas hat doch längst gesiegt
- Streit in der Ampel: Der Unfriede hört nicht auf
Ich denke, dass die antisozialen Effekte des Internets unterschätzt werden. Wir alle verlieren im Internet die Kontrolle, es werden Dinge mit unseren Daten und unseren Fotos angestellt, die wir nicht steuern können. Wir sind Treibsand in den unergründlichen Klüften der Homepages von Telefonanbietern und Versicherungen, beschweren dürfen wir uns aber nur noch bei den Bots. Und trotzdem können wir nicht aus dem Internet aussteigen, weil nichts mehr ohne funktioniert.
Parallel führt das Internet zu einer gesellschaftlichen Enthemmung, die sogar seriöse Studienräte um die 60 infiziert. Die verschicken auf WhatsApp-Kettenbriefe, die sich abwertend über die Figur von Ricarda Lang auslassen - oder die Attacken der Bauern auf Robert Habeck als Robinhoodiaden verherrlichen – alles Sachen, die man als gut erzogener und anständiger Mensch nicht tut. Wir können uns nicht einerseits über die Angriffe gegen Wahlplakatierer echauffieren und gleichzeitig schmunzelnd gutheißen, wenn ein Minister, der uns nicht passt, und seine Familie von einem Mob/ bedroht werden. Beides hängt unter dem Stichwort Verrohung zusammen.
Aus dem sich immer noch steigernden privaten Kontrollverlust und aus einer unkontrollierbaren Weltlage ergibt sich eine große Verunsicherung, die leider von der Politik nicht ernst genommen und noch befeuert wird. Wenn man die Leute richtig in Brass bringen will, muss man Spielchen mit ihrem Geld veranstalten, also mit der Rente, die unsereins brav einzahlt. Wenn diese Spielchen dann auch noch von Eigennutz getrieben werden, wie es die FDP derzeit vormacht, brennen die Sicherungen durch. Der Bürger fühlt sich hilflos, er wird wütend – und schlägt gegen das System zurück.
Der Fisch stinkt vom Kopf. Bevor wir also über Schnellgerichte diskutieren, für prügelnde Demokratiefeinde und Pressefreiheitsfeinde, für Frauenschläger und Sanitäterschläger, müssen wir vom Bundeskanzler einfordern, dass er für den gesellschaftlichen Frieden sorgt.