Hagen. Franziskus wettert gegen Forschung, welche das Schicksal von Frauen nicht mehr biologisch bestimmt begreift. Warum hat er Angst?
Nachklapp zum Frauentag. Der Papst hat dazu auch etwas zu sagen. Franziskus hat nämlich ausgemacht, was die „schrecklichste Gefahr“ unserer Zeit ist, und zwar nicht der Klimawandel, der Hunger oder die Kriege. Sondern die Gender-Theorie. Diese sei eine „böse Ideologie“, die darauf abziele, die Unterschiede zwischen Frauen und Männern auszulöschen.
Die Gender Studies untersuchen Geschlecht und Geschlechtsverhältnisse nicht als naturgegebene, sondern als überwiegend gesellschaftliche Phänomene. Es ist ein breites Fachgebiet mit einer Vielzahl von theoretischen Ansätzen. Unterstützt werden viele Ergebnisse durch neue Erkenntnisse der Humanwissenschaft.
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Nun ist es ja schon seit Jahrzehnten ein Narrativ der ultrakonservativen Szene, dass der Sexualkunde-Unterricht zum Beispiel in den Schulen die Kinder indoktrinieren wolle, ihr Geschlecht und ihre sexuelle Orientierung frei zu wählen. Und es ist in diesem Zusammenhang interessant, warum autoritäre Ideologien und die katholische Kirche beide so sehr daran interessiert sind, den „Unterschied zwischen Mann und Frau“ festzuschreiben.
Es geht natürlich um Macht.
Wenn der Papst von Familie spricht, meint er nicht gleichberechtigte Partnerschaft, sondern ein patriarchales System, in dem der Mann das Sagen hat, und die Frau dient. Auf diesem „Unterschied“ baut in katholischer Hinsicht mehr Ideologie auf, als die Gender-Studies je heranschaffen können. Das ganze katholische System basiert darauf, dass Frauen Menschen zweiter Klasse sind, aus Adams Rippe geschnitzt. Nur machen die Frauen nicht mehr mit.
Im Jahr des Herrn 1992 hat Papst Johannes Paul II. den Naturwissenschaftler Galileo Galilei rehabilitiert. Der hatte erkannt, dass sich die Erde um die Sonne dreht und nicht umgekehrt, wie es bis dahin angenommen wurde. Die Kirche fand seine Erkenntnisse des Teufels, verurteilte ihn 1633 und stellte ihn unter Hausarrest. Gut 30 Jahre zuvor verbrannte die Kirche den Astronomen Giordano Bruno, der die These vertrat, dass das Weltall unendlich sei. Bruno ist bis heute nicht rehabilitiert. Seine Hinrichtung kommentierte er so: „Ihr verkündet das Urteil mit größerer Furcht, als ich es entgegennehme.“ Und das sind genau die Worte, die gelten, wenn es um die Stellung der Frau geht. Der Papst hat Angst.
Fast 400 Jahre lang dauerte die Verdammnis des Galileo. Und wissen Sie was? Die ganze Zeit lang hat sich die Erde um die Sonne gedreht.