Katrin Föster von der Buchhandlung WortReich liest „Der späte Ruhm der Mrs. Quinn“. Warum sie das Buch so spannend findet.
Katrin Föster
Jeder kennt sie, viele schauen sie sich an, nicht jeder mag sie – Koch- und Backshows, mal mit Prominenten, mal mit Profis, mal mit Ottonormalverbraucher, sind aus den Medien nicht mehr wegzudenken. Sie alle haben auch durch die Pandemie davon profitiert, dass sich viele von uns wieder auf das Leben in den eigenen vier Wänden zurückgezogen haben bzw. zurückziehen mussten.
Olivia Ford hat sich in ihrem Debütroman auf den ersten Blick dieses Themas angenommen und eine Geschichte erzählt, über eine Endsiebzigerin, die gerne backt und es zur Routine gemacht hat, sich mit ihrem Mann Backshows anzusehen. Bei einer dieser Gelegenheiten wird dazu aufgerufen, sich für die Teilnahme an der bekanntesten in Großbritannien zu bewerben. Und Jennifer Quinn, 77 Jahre alt, und seit ihrer Jugend leidenschaftliche Hobbybäckerin, fängt an, sich auszumalen, was sie machen würde, wenn sie an dieser Show teilnehmen würde. Sie ist hin- und hergerissen, zögert, redet sich ein, sie wäre zu alt, fängt an, Rezepte zu sortieren und bewirbt sich schließlich auf den letzten Drücker als Kandidatin.
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Zunächst hat man als Leser*in den Eindruck, man liest eine nette Geschichte, unterhaltsame, gut geschriebene Lektüre. Aber mit der Zeit entfaltet die Autorin eine Lebensgeschichte, die einen berührt. Immer wieder wird neben dem Handlungsstrang in der Gegenwart – die Backshow mit ihren unterschiedlichen Auswahlverfahren, den unterschiedlichen Kandidaten, den verschiedenen Wettbewerbsrunden – in einem zweiten Handlungsstrang die Geschichte einer jungen Frau erzählt, die zu anderen Zeiten mit den damaligen, aus heutiger Sicht frauenfeindlichen Umständen kämpfen muss und fast an ihrer Situation zerbricht.
Der Autorin, die lange für das Unterhaltungsfernsehen in Großbritannien gearbeitet hat, gelingt es, mit dem heutigen Wettbewerb eine Lebensgeschichte zu verknüpfen, die in der damaligen Zeit viele junge Frauen auf die eine oder andere Weise erlebt haben – immer einfühlsam, nicht verklärend oder anklagend. Am Ende fügt sie beide Handlungsstränge zusammen und man schließt das Buch mit dem Gefühl, dass Unterhaltungsliteratur durchaus in der Lage sein kann, auch ernsthafte Themen zu behandeln und Tiefgang zu haben.
Olivia Ford: Der späte Ruhm der Mrs. Quinn, dtv, 24 Euro.
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