Hilchenbach. Mit Kultur Pur startet Pfingsten die Festival-Saison. Wie groß der logistische Aufwand ist und warum man früh auf „Lord of the Lost“ setzte.

Selbst große Namen buchen derzeit sicherheitshalber kleine Hallen. Zu stark ist das Risiko, den Saal nicht voll zu kriegen. Bei Rock am Ring (2. - 4. Juni) gibt es sogar noch Karten. Die Eventbranche hat sich von der Corona-Pandemie nicht vollständig erholt, dazu kommen neue Herausforderungen als Folge der Inflation. Wie sieht die Situation im ländlichen Raum aus, wo die Festival-Saison traditionell am langen Pfingstwochenende mit Kultur Pur auf dem Giller bei Hilchenbach-Lützel startet?

„Es wird alles teurer, manchmal sogar sehr viel teurer“, bestätigt Jens von Heyden die Sorgen der Branche. Von Heyden ist der Leiter von Kultur Pur, er trägt die Verantwortung dafür, dass Künstler wie „Lord of the Lost“ (27. Mai) pünktlich auf dem Giller auftreten und vor dem Festival-Auftakt 600 Tonnen Schrauben, Kabel und anderes Material verbaut werden. „Allein die Stromversorgung wiegt 30 Tonnen mit Kabeln und Aggregaten“, so von Heyden.

Besondere Situation in der Region

Denn eine Besonderheit der Festival-Kultur in der Region besteht darin, dass es keine Infrastruktur gibt. Die grüne Wiese muss in eine funktionierende Festival-Landschaft verwandelt werden, mit Zelten, Klohäuschen, Scheinwerfern, Security, Bier-Ständen und Angeboten für Nackenkoteletts und Tofuwürstchen gleichermaßen.

Wie geht das, wo doch viele Veranstaltungstechniker und Beleuchter während der Corona-Zwangspause in die Industrie abgewandert sind und teilweise nicht zurückkommen? „Von den Profis sind nach zwei Jahren viele weg. Die, die noch da sind, sagen aber: Wir kommen wieder. Wir arbeiten viel mit Studierenden zusammen. Wir haben vier Meister für Veranstaltungstechnik und darüber noch zwei für die Gesamtleitung. Da muss viel bedacht werden, 250 Gesetze und Verordnungen, alleine das Sicherheitskonzept hat 70 Seiten. Das kann man nicht nebenbei machen.“

Lord of the Lost kommen

Kultur Pur wird vom Kreis Siegen-Wittgenstein getragen, Jens von Heyden leitet das Kulturbüro des Kreises. Daraus ergibt sich ein besonderer Auftrag, der Kultur Pur von anderen Festivals unterscheidet. „Unser Konzept ist es, ein großes und vielfältiges Programm anzubieten, um Leute an Kultur heranzuführen. Wir haben unsere Budgets, sind aber nicht kommerziell ausgerichtet.

Lord oft the Lost hat das Kultur Pur Team übrigens verpflichtet, da stand der ESC noch gar nicht im Fokus. „Glamrock kommt bei uns relativ gut an. Als wir die engagiert haben, wusste ich gar nicht, dass die Band so einen Hype erfährt.“

Neben den Personalproblemen sind die Kosten das große Thema in der Festival-Szene. „Alle haben jetzt mehr Kosten. Die Frage ist: Wie sehr steigen die Eintrittspreise und wann kommen die Leute an ihre Grenzen?“ Kultur Pur will sich als öffentlich gefördertes Kulturangebot eine Preisgestaltung leisten, die keinen überfordert: „Wir sagen: Kultur für alle. Wir möchten auch Familien beim Festival haben. Wir sprechen nicht bestimmte Zielgruppen an, sondern haben ein breites Spektrum von 15 bis über 60.“

Mix aus Rock, Pop, Klassik, Kleinkunst

Der Mix aus Rock, Pop, Klassik, Tanz und Kleinkunst ist typisch für Kultur Pur, das im 31. Jahr zu den dienstältesten Festivals im Land gehört und mit rund 50.000 Besuchern durchaus zu den größeren. Jens von Heyden ist seit der ersten Stunde dabei und wird es nicht leid: „Ich freue mich immer drauf. Die Verbindung von Natur und Kultur ist einzigartig. Wir schaffen Begegnungen. Wo findet man das sonst noch, dass sich so viele Menschen, die so verschieden sind, treffen, zum Beispiel die Besucher der Philharmonie Südwestfalen mit den Hardrockfans.“

www.kulturpur-festival.de