Freudenberg. Freudenberg nimmt am Mittwochabend emotional Abschied von dem Mädchen, das von Gleichaltrigen getötet worden war. Fast 1000 Menschen nehmen teil.

Es ist die Kirche, in der sie getauft wurde. Damals, als ihr Leben gerade begonnen hatte, als man sich das Beste für sie ausmalte, als man sie auf die Reise geschickt hatte für ein Leben, das noch so viel bereithalten sollte. Ein Leben, das nach zwölf Jahren schon vorbei ist. Ihr Sarg steht in der Kirche, so zeigt es ein Bild, das die Gemeinde später verbreiten lässt. Freudenberg, eine Stadt mit knapp 20.000 Einwohnern im Siegerland, nimmt am Mittwochabend Abschied.

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„Das Leben von Luise ist auf so furchtbare Weise beendet worden“, sagt Pastor Thomas Ijewski in der Evangelischen Kirche Freudenberg über das Mädchen, das vor gut einer Woche tot aufgefunden wurde – erstochen offenbar von zwei gleichaltrigen Mädchen und aufgefunden in einem Waldstück an der Grenze zu Rheinland-Pfalz. Eine Tat, die das ganze Land noch heute fassungslos macht.

Trauerfeier für die getötete Luise am Schulzentrum Freudenberg.
Trauerfeier für die getötete Luise am Schulzentrum Freudenberg. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

„Ihre unbändige Freude, ihr Lachen und ihr Toben – all das fehlt. Fehlt in ihrem Elternhaus, fehlt in der Klasse, fehlt in unserer Stadt“, sagt der Pastor in der Kirche, zu der 270 geladene Gäste Zutritt haben. Draußen vor der Tür sorgen Sicherheitsdienst und Polizei an metallenen Zäunen dafür, dass nur reinkommt, wer auch rein darf.

Trauerfeier für getötete Zwölfjährige in Freudenberg

Trauerfeier für Luise am Schulzentrum Freudenberg
Trauerfeier für Luise am Schulzentrum Freudenberg © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich
Trauerfeier für Luise am Schulzentrum Freudenberg
Trauerfeier für Luise am Schulzentrum Freudenberg © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich
Trauerfeier für Luise am Schulzentrum Freudenberg
Trauerfeier für Luise am Schulzentrum Freudenberg © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich
Trauerfeier für Luise am Schulzentrum Freudenberg
Trauerfeier für Luise am Schulzentrum Freudenberg © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich
Trauerfeier für Luise am Schulzentrum Freudenberg
Trauerfeier für Luise am Schulzentrum Freudenberg © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich
Trauerfeier für Luise am Schulzentrum Freudenberg
Trauerfeier für Luise am Schulzentrum Freudenberg © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich
Trauerfeier für Luise am Schulzentrum Freudenberg
Trauerfeier für Luise am Schulzentrum Freudenberg © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich
Trauerfeier für die getötete Luise am Schulzentrum Freudenberg am Mittwoch den 22.03.2023. Foto: Lars Heidrich / FUNKE Foto Services
Trauerfeier für die getötete Luise am Schulzentrum Freudenberg am Mittwoch den 22.03.2023. Foto: Lars Heidrich / FUNKE Foto Services © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich
Trauerfeier für Luise am Schulzentrum Freudenberg
Trauerfeier für Luise am Schulzentrum Freudenberg © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich
Trauerfeier für Luise am Schulzentrum Freudenberg
Trauerfeier für Luise am Schulzentrum Freudenberg © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich
Trauerfeier für Luise am Schulzentrum Freudenberg
Trauerfeier für Luise am Schulzentrum Freudenberg © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich
Trauerfeier für Luise am Schulzentrum Freudenberg
Trauerfeier für Luise am Schulzentrum Freudenberg © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich
Trauerfeier für Luise am Schulzentrum Freudenberg
Trauerfeier für Luise am Schulzentrum Freudenberg © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich
Trauerfeier für Luise am Schulzentrum Freudenberg
Trauerfeier für Luise am Schulzentrum Freudenberg © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich
Trauerfeier für Luise am Schulzentrum Freudenberg
Trauerfeier für Luise am Schulzentrum Freudenberg © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich
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Per Audiostream wird die Trauerfeier in die Aula der Gesamtschule übertragen, die das Mädchen besuchte. Und auf den Schulhof. Dorthin kommen insgesamt mehr als 600 Menschen, um sich an diesem Abend zu verabschieden.

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An einen Baum vor dem Schulhof sind rote, grüne, blaue Luftballons geknotet. Ihr Name steht darauf. Darunter Kerzen, die neben einem Herz aus Holz im Wind flackern. Und Bastelarbeiten von Kindern beklebt mit Steinchen und Sternchen.

„Wie gerne hätten wir sie begleitet in die Zukunft, wären gespannt gewesen auf Klassenfahrten, auf den ersten Freund, auf die Berufswahl und vielleicht die Gründung einer Familie. All das ist nun vorbei, bevor es angefangen hat“, sagt der Pastor.

Auf dem Schulhof der Gesamtschule fanden sich rund 300 Menschen ein.
Auf dem Schulhof der Gesamtschule fanden sich rund 300 Menschen ein. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Auf dem Schulhof stehen die Menschen reglos am Rand, sitzen auf der Tischtennisplatte, lehnen sich an Säulen, Gitter, Schranken. Eine Stadt sucht Halt. Sie alle starren aus geröteten Augen ins Nichts, verbergen ihr Gesicht in Schals und Mantelkragen.

In der Kirche wird Musik abgespielt. Ein Lied von Sarah Connor: „Flugzeug aus Papier“. Es geht um den Abschied von einem Kind, für immer, obwohl man es doch stets so behütet hat. Jemand lässt dazu einen rosafarbenen Herzchenluftballon in die Höhe steigen. Der kräftige Wind trägt ihn weg. Eine Mutter klammert sich weinend an ihre Tochter.

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„Wir wollen auch Danke sagen“, ist Pastor Ijewski aus den Lautsprechern auf dem Schulhof zu hören: „Danke für die Zeit, die wir mit ihr hatten, die zwölf Jahre und die unzähligen schönen Stunden. Danke für die Bilder und Erinnerungen.“

Sie habe sich so wunderbar freuen können, über Großes und Hunderttausende Kleinigkeiten. Sie konnte sich freuen „über Urlaube in fremden Ländern, wo sie getaucht ist wie eine Meerjungfrau. Konnte sich freuen über ein paar Tulpen, deren Schönheit sie inspiriert hat.“ Sie habe die Tiere geliebt, habe Regenwürmer von der Straße aufgelesen, damit sie nicht überfahren würden.

Luise war laut und flippig: Erinnerungen an unbändige Freude

Ein Bild sei aufgestellt in der Kirche, sagt der Pastor. Eines, das einen Moment zeigt, wie sie gewesen sei: „Oft war Eure Liese erfüllt von unbändiger Freude, laut und flippig werdet Ihr sie in Erinnerung behalten.“ Das Bild in der Kirche habe einen solchen Augenblick für die Ewigkeit festgehalten. „Lebensfroh weht der Wind durch ihr Haar, Leichtigkeit und Lebenslust leuchten uns entgegen. Diese wunderschönen Erinnerungen sind Euch nicht zu nehmen, viele Erinnerungen an sie werden uns begleiten unser Leben lang.“

Der Schmerz, den die Familie erlebt habe, sei unermesslich. „Das so traumhafte Leben endet in einem Alptraum. Stunden voller Bangen und Hoffen. Eine stockfinstere Nacht, erhellt nur durch die flackernden Blaulichter und die Lichtkegel der Suchmannschaften“, sagt der Pastor. „Doch bei aller scheinbaren Trostlosigkeit seid Ihr nicht gänzlich ohne Trost. Ihr findet Trost in der festen Gewissheit, dass Eure Liese sogar noch im Tode für andere Gutes tun kann. Mit ihrem Tod, so habt Ihr mir geschrieben, hat Luise so viel bewirkt: Wildfremde Menschen gehen aufeinander zu, teilen ihre tiefsten Gefühle, sind füreinander da.“

Wie auf dem Schulhof an diesem Abend. Als die Trauerfeier endet, bleiben alle Anwesenden zunächst stehen, harren aus. Weiße und rote Luftballons steigen in den Himmel. Blicke folgen ihnen. Zwei zwitschernde Spatzen tanzen in der Mitte all dieser Menschen zur Musik – und steigen auf in den Himmel. Das hätte ihr sicher gefallen.