Freudenberg. Schockierende neue Erkenntnisse im Fall des getöteten Mädchens (12) aus Freudenberg. Zwei Kinder gelten offensichtlich als Tatverdächtige.

Im Fall der am Wochenende getöteten Zwölfjährigen aus Freudenberg verdichten sich die Hinweise auf ein schreckliches Verbrechen. Nach Informationen der WESTFALENPOST werden zwei Kinder verdächtigt, für den Tod des Mädchens verantwortlich zu sein, das am Sonntag in der Nähe des Freudenberger Ortsteils Hohenhain in einem Waldgebiet tot aufgewunden worden war.

Zuerst hatte RTL über den Verdacht berichtet. Inzwischen haben unterschiedliche Quellen der WESTFALENPOST bestätigt, dass es sich bei den Tatverdächtigen um Minderjährige aus dem Raum Freudenberg handeln soll. Das Opfer und die Tatverdächtigen sollen sich gekannt haben. Bei den Tatverdächtigen handelt es sich offensichtlich um Mädchen. Da beide unter 14 Jahre alt sein sollen, wären sie nicht strafmündig. Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat für Dienstagmorgen eine Bekanntmachung in der Angelegenheit angekündigt, zudem soll das vorläufige Obduktionsergebnis veröffentlicht werden.

Schon am Montag wurde klar: Ermittler tappen nicht im Dunkeln

Schon im Laufe des Montags war klar geworden, dass im Fall des am Wochenende getöteten zwölf Jahre alten Mädchens aus Freudenberg die Ermittler offenbar nicht im Dunkeln tappten. „Wir verfolgen konkrete Spuren“, sagte Mario Mannweiler von der zuständigen Staatsanwaltschaft Koblenz der WESTFALENPOST am Montagnachmittag. Zudem kündigte der Leitende Oberstaatsanwalt für Dienstag die Bekanntgabe eines „vorläufigen Obduktionsergebnisses“ an.

Stunden zuvor hatte die Staatsanwaltschaft Koblenz mitgeteilt, dass es sich bei der am Sonntag in der Nähe des Freudenberger Ortsteils Hohenhain gefundenen Leiche „zweifelsfrei“ um das 12 Jahre alte Mädchen aus Freudenberg handelt, das seit Samstagabend vermisst worden war. „Die bisher durchgeführten Ermittlungen bestätigen den Verdacht, dass das Mädchen Opfer eines Tötungsdeliktes geworden ist. Hinweise auf ein Sexualdelikt liegen derzeit nicht vor“, erklärte die Behörde weiter.

Das Gebiet um den Fundort der Leiche in der Nähe von Hohenhain: Die Anwohner nennen die hügelige und zerklüftete Gegend „Kleintirol“.
Das Gebiet um den Fundort der Leiche in der Nähe von Hohenhain: Die Anwohner nennen die hügelige und zerklüftete Gegend „Kleintirol“. © Jan Reinold

Anwohnerin aus Hohenhain: „Ganz, ganz schlimm“

„Ganz, ganz schlimm. So geht es jedem in solch einem kleinen Ort. Jeden zweiten Tag kommt irgendwas im Fernsehen. Aber wenn es so in der Nähe ist, das geht einem unter die Haut“, sagte Sabine Böttger aus dem 450-Seelen-Ort Hohenhain am Montag im Gespräch mit der WESTFALENPOST. Böttger, die sich angesichts der schrecklichen Nachricht auch Gedanken um ihre in Gießen lebende Enkelin macht, die mit 13 nur ein Jahr älter sei als das Opfer, drehte am Montagmittag eine Walking-Runde mit einer Freundin durch das Waldgebiet, in dem am Wochenende die Leiche gefunden worden war.

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Die hügelige Gegend an der Landesgrenze zu Rheinland-Pfalz wird von den Anwohnern „Kleintirol“ genannt. Wenn man den Spitznamen hört, denkt man an: Bergsteigen, Skifahren, klare Luft, herrliche Aussicht, Urlaub, die angenehmen Seiten des Lebens. Früher fuhr hier die seit Mitte der 1980er Jahre stillgelegte Eisenbahn von Freudenberg nach Rothemühle. Heute liegt in dem zerklüfteten Gelände, da, wo einst die Gleise waren, ein Radweg – und offenbar der Ort eines Verbrechens.

Früher führten hier die Bahngleise entlang, heute ist es ein Rad- und Fußweg: Das Waldgebiet in der Nähe von Hohenhain. Der alte Bahnhof liegt etwa 300 Meter entfernt.
Früher führten hier die Bahngleise entlang, heute ist es ein Rad- und Fußweg: Das Waldgebiet in der Nähe von Hohenhain. Der alte Bahnhof liegt etwa 300 Meter entfernt. © Jan ReinolD

Ist der Fundort auch der Tatort?

Für Anwohnerin Böttger und ihre Bekannte war der Marsch über den Rad- und Fußweg durch „Kleintirol“ bisher Routine. Seit dem Wochenende aber ist vieles anders. Auch für Anke Mroz. „Man ist total fertig. Ich habe bis zum Schluss gehofft, dass es kein Gewaltverbrechen vor der Haustür ist“, sagte Mroz. Sie wohnt im alten Bahnhofsgebäude in Hohenhain, seit 1996, wie sie erzählt. Am Wochenende lag ihr Haus in der Sperrzone, welche die Polizei eingerichtet hatte, um den Leichenfundort ungestört zu untersuchen. Nur etwa 300 Meter entfernt von ihrem Wohnort soll der leblose Körper des Mädchens gefunden worden sein. „Man hatte gedacht, man wohnt hier im Ruhigen, es sei alles gut, man kennt jeden. Meine Kinder sind hier aufgewachsen. Das nimmt einen schon richtig mit“, sagte Mroz.

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Am Montag hatte die Polizei das Areal um den Fundort der Leiche wieder freigegeben, die Sperrung aufgehoben. Das Waldgebiet gleicht einem Niemandsland. Kein oder nur eingeschränkter Handyempfang, steile Hänge, Wildwuchs, matschige, verästelte Wege, teils kahle Hänge als Folge von Trockenheit und Borkenkäferplage. Ob die Zwölfjährige in diesem, einer Wildnis gleichenden Areal ums Leben kam, Fundort und Tatort also übereinstimmen, ist eine der noch offenen Fragen.

89,2 Meter bis zum „gemütlichen Biergarten“, 3,2 Kilometer bis Freudenberg: Der Rad- und Fußgängerweg an der ehemaligen Bahnstrecke zwischen Freudenberg und Rothemühle.
89,2 Meter bis zum „gemütlichen Biergarten“, 3,2 Kilometer bis Freudenberg: Der Rad- und Fußgängerweg an der ehemaligen Bahnstrecke zwischen Freudenberg und Rothemühle. © Jan ReinolD

Welche Behörde ist nun zuständig?

Laut Polizei wollte sie am Samstag, nach einem Besuch bei einer Freundin in Hohenhain, zu Fuß zurück zu ihrem Wohnort in der Nähe des Freudenberger Bethesda-Krankenhauses (die Strecke ist etwa drei Kilometer lang). Der Fundort der Leiche liegt jedoch in entgegengesetzter Richtung, nicht auf dem direkten Weg nach Hause. Zeugen hatten die beiden Mädchen in Hohenhain gegen 17.30 Uhr gesehen. Was danach passierte, ist Gegenstand der Ermittlungen.

Ob bei diesen weiter die Behörden in Rheinland-Pfalz das Sagen haben, ist noch offen. Da der Fundort der Leiche etwa 300 Meter hinter der Landesgrenze von Nordrhein-Westfalen auf rheinland-pfälzischem Gebiet liegen soll, hatten am Sonntag die Kriminaldirektion und die Staatsanwaltschaft Koblenz übernommen, während die Suchaktion und die ersten Ermittlungen von NRW-Kräften aus Siegen und Köln durchgeführt worden waren.

Am Montag teilte die Staatsanwaltschaft Koblenz nun mit, dass es „nicht ausgeschlossen“ sei, dass eine Rückübertragung der Zuständigkeit nach NRW erfolge. Dies sei unter anderem abgängig davon, wo der Tatort liege oder wo Täter vermutet würden.