Hagen/Iserlohn. Für Michael Imhof war das Hochbeet die Einstiegsdroge: Wie es ihn zum Garten-Experten gemacht hat und warum bei Tim Wilkes das Geschäft brummt.
Er sitzt beruflich viel vor dem Bildschirm, seine Arbeit spielt sich vorwiegend im Kopf ab. Dass Michael Imhof (51) trotzdem bisweilen mit Schmutz unter den Fingernägeln im Büro erscheint, wundert die Kolleginnen und Kollegen nicht mehr. Sie wissen, dass er einer Leidenschaft verfallen ist: dem Gärtnern. Sogar einen Youtubekanal und einen Instagram-Account („Dschungelgemüse“) betreibt der Fachinformatiker im Internet. Und für all dies gab es so etwas wie eine „Einstiegsdroge“: das Hochbeet.
An sein erstes erinnert er sich noch gut, es steht auch weiter im langgezogenen Garten hinter seinem Reihenhaus in Hagen. „Das habe ich selbst gemacht“, erinnert sich der Vater einer Teenager-Tochter. „Ich bin in den Baumarkt, habe vier Meter lange Lärchen-Bretter geholt – und es einfach gebaut.“ Gefüllt wird so ein Hochbeet in verschieden Schichten. Im Detail gibt es verschiedene Rezepte, im Grunde geht es aber um diesen Mix: Unten grober Gehölzschnitt wie Äste oder Strauchabfälle, darüber Pflanzenreste, Laub oder Rasenschnitt, dann Komposterde und oben Pflanzerde. Durch die Mischung und den Verrottungsprozess entstehen Wärme und Nährstoffe.
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Gut für den Rücken
Das alles kann der spät berufene Gartenexperte Michael Imhof heute fehlerfrei referieren. Am Anfang dieser Gartenlust stand die Gesundheit: „Ich wollte mich über gesunde Ernährung informieren und wo unsere Lebensmittel herkommen.“ In einem Youtube-Video ging es dann um den eigenen Anbau und bei ihm wuchs die Erkenntnis: „Das kann ich auch.“
Das Hochbeet erleichterte ihm dabei den Einstieg sehr: „Du musst nicht irgendeine Wiese umgraben, Du kannst klein anfangen. Und vor allem: Du musst Dich nicht so bücken“, sagt Michael Imhof. „Wenn ich da an Buschbohnen denke. Wenn Du die am Boden erntest, das geht in den Rücken. Da ist das Hochbeet ideal.“
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So wie dem Hagener geht es immer mehr Menschen: Sie entdecken das Hochbeet. Eine neue Erfindung unserer Zeit ist es nicht. Schon vor Tausenden Jahren im heutigen China oder dem Aztekenreich wird von Hochbeeten berichtet. Und auch bei uns gibt es sie lange. Doch erst in den vergangenen Jahren haben sie einen regelrechten Boom erlebt, wie Garten-Fachmagazine übereinstimmend melden. Wie viele es nun deutschlandweit gibt, lässt sich nicht quantifizieren. Aber eine Ahnung, wie stark der Trend ist, bekommt man bei einem Gespräch mit Tim Wilkes (36) aus Iserlohn-Drüpplingsen.
Produktion nach Feierabend
Er stellt Hochbeete her und verkauft sie. Nicht im Hauptberuf, da arbeitet der gelernte Tischler und Landwirt in der Landmaschinenbranche. Aber nach Feierabend fertigt er mit Hilfe seines Vaters Hochbeete und vertreibt sie seit 2016 über das Internet. „Vergangenes Jahr waren es etwa 130 und für dieses kann man schon sagen, dass wir wohl weit darüber hinaus landen werden“, sagt der frisch gebackene Vater. „Corona hat dem Geschäft einen mächtigen Schub gegeben.“
Generell gebe es einen Wandel in der Gesellschaft. Der Trend, sich selbst versorgen zu wollen, sei gewachsen. „Da ist der Einstieg mit einem Hochbeet gut, man kann schnell erste Erfolge erzielen“, sagt Tim Wilkes, ganz Geschäftsmann. Aber selbst, so erzählt er, habe er auch seine guten Erfahrungen gemacht. Als gelernter Landwirt habe er zwar schon vorher Gemüse im Garten angebaut. „Aber die Hasen haben mir das immer weggefressen.“
Das hörte auf, als er sein erstes Hochbeet baute. „Und auch die Schnecken bleiben weg, wenn man oben einen kleinen Überstand baut“, sagt Wilkes. Zunächst fragten Nachbarn, ob er ihnen nicht auch solch ein Hochbeet bauen könne, dann verkauft er die ersten über Ebay, schließlich merkte er, dass es eine große Nachfrage gibt.
Der 36-Jährige hat inzwischen viel experimentiert, auch Hochbeete aus Stahl verkauft oder eines in Form eines X. Aber herausgestellt hat sich, dass Lärchenholz am besten ist und bei den Kunden ankommt. 2 Meter lang, 1 Meter breit, 87 Zentimeter hoch ist die beliebteste Variante, das Holz kommt aus dem Sauerland von einem Händler aus Finnentrop. Kostenpunkt: zwischen 429 und 455 Euro.
Das ganze Jahr nutzbar
Zurück zu Michael Imhoff nach Hagen. Der junge Frühling zeigt sich noch einmal von seiner kalten Seite. Aber in Imhofs Hochbeet ist viel Grün zu sehen: „Das ist der Spinat, den ich im Oktober gepflanzt habe. Den kann man den ganzen Winter über draußen lassen“, sagt er. So ein Hochbeet könne man ohnehin das ganze Jahr über nutzen. Jetzt hat er schon Radieschen und Pastinakenpflanzen gezogen. „Und man kann auch mal experimentieren“, schwärmt er. „Ich hatte jetzt so runde Möhrchen. Sehr lecker. Oder Kartoffeln. Ich kann Sorten pflanzen, die man sonst im Laden nicht bekommt.“ Oder Tomaten: „Da gibt es eine unglaubliche Artenvielfalt.“
Trotz viel Arbeit entspannt ihn das Gärtnern. Etwa, wenn er Brennnesseln mit Wasser und Urgesteinsmehl zu einer düngenden Jauche mixt. Spart man auch Geld? „Eher nicht“, sagt Imhof. „Aber du schmeckst halt, dass alles frisch ist.“
>> INFO: Durch Verrottungsprozess mehr Wärme im Innern
- Hochbeete werden durch den Verrottungsprozess und die Sonneneinstrahlung schneller warm als normale Beete. Die Folge: Frühe Ernte und höhere Erträge.
- Mit Ausnahme von Balkonbeeten sind Hochbeete unten offen und haben Verbindung zur Erde, so dass Regenwürmer etc. in das Hochbeet krabbeln können. Ein Draht am Boden hält Mäuse ab.