Arnsberg. Die Arnsbergerin Csilla von Boeselager war als „Engel von Budapest“ eine Ikone der Wendezeit. Wie ihre Stiftung jetzt in der Ukraine hilft.

Den zerstörerischen Raketen kamen sie nur zwei Stunden zuvor: Um 4 Uhr morgens erreichten die im polnischen Krakau gestarteten Helfer die Stadt Lemberg (Lwiw) in der West-Ukraine. Im Gepäck: Der dringend erwartete Generator für die Armenküche, in der Patres des Albertiner-Ordens in normalen Zeiten täglich 500 Suppen für Arme, Kranke und Waisenkinder zubereiten. Unterstützt von der Csilla-von-Boeselager-Stiftung mit Sitz in Arnsberg.

Doch jetzt ist nichts mehr normal, es herrscht Krieg in der Ukraine und die Patres müssen fürchten, dass die Stromversorgung nicht mehr funktioniert und dass sie nicht mehr die versorgen können, die nicht fliehen können: eben die Armen, die Kranken und die Waisenkinder. Und sie versorgen nun auch die, die neu hinzugekommen sind: Die Flüchtenden, die gen Westen ziehen und sich in Sicherheit bringen wollen – ganze Familien, die jetzt durch Lemberg ziehen.

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Ein Ort, der zunächst als relativ sicher galt in diesem Angriffskrieg von Putins Truppen gegen die Ukraine. Aber spätestens seit diesem Tag, an dem der Generator eintraf und wenig später Raketen nahe Lemberg einschlugen, weiß man, dass auch hier die Patres ihre Hilfe im Zweifel unter lebensgefährlichen Umständen leisten.

Patres wollen nicht in Sicherheit - sie wollen helfen

Ilona von Boeselager weiß, was diese Männer – obwohl schon 60 bis 75 Jahre alt – leisten: „Die Patres unserer Projektpartner sind so selbstlos und aufopferungsvoll“, sagt Ilona Boeselager. Wiederholt hat der Stiftungs-Vorstand die Geistlichen aufgefordert, die Ukraine wegen der angespannten Sicherheitslage zu verlassen. „Sie lehnen das ab, wollen die Menschen nicht im Stich lassen, wollen ihnen Hoffnung und Zuversicht vermitteln. Sie sagen: Wir bleiben bis zum Tod.“

Csilla von Boeselager war in der Zeit des Falls des Eisernen Vorhangs zwischen Ost und West eine Ikone. Sie galt als
Csilla von Boeselager war in der Zeit des Falls des Eisernen Vorhangs zwischen Ost und West eine Ikone. Sie galt als "Engel von Budapest“. © WP | Privat

Neben Lemberg unterstützt die Csilla-von-Boeselager-Stiftung zwei weitere Nothilfeprojekte in dem Kriegsland – in den Städten Beregovo und Saporischja. Es ist Teil des ideellen Vermächtnisses der 1994 verstorbenen Csilla von Boeslager, der Namensgeberin der Stiftung. In der Wendezeit, als der Eiserne Vorhang zwischen Ost und West fiel, wurde die Arnsbergerin zu einer Ikone. Als „Engel von Budapest“ wurde sie bekannt, die DDR-Flüchtlingen in Ungarn half.

Gute Vernetzung in Osteuropa hilft enorm

Ihre Tochter Ilona von Boeselager war damals als Kind mit ihrer Mutter zu Besuch in einem Flüchtlingslager. Damals war die Hoffnung groß, dass nun eine Epoche des Friedens kommen würde. Die Boeselager-Stiftung engagiert sich seitdem intensiv in Osteuropa, um materielle Not zu lindern. Aber hätte sich Ilona von Boeselager vorstellen können, dass die Stiftung auch in einem Kriegsgebiet tätig sein würde? „Nein, ich hätte das niemals gedacht“, sagt sie. „Ich empfinde es aber als Glück im Unglück, dass wir schon seit 20 Jahren in der Ukraine sind und deshalb am ersten Kriegstag schon Geld überweisen und Nahrungsmittel bringen konnten. Es ist ein Privileg, in diesen Zeiten der Ohnmacht sinnvoll und effizient helfen zu können.“

Ilona von Boeselager.
Ilona von Boeselager. © Boeselager

Und gerade diese Vernetzung in Osteuropa hilft der Arnsberger Stiftung nun, sehr gezielt zu helfen – bis weit ins Innere der Ukraine hinein. Nicht nur nach Lemberg, sondern auch in das viel weiter östlich gelegene Saporischja konnten inzwischen Generatoren geliefert werden. „Wir sammeln nicht einfach etwas und versuchen es zu verteilen, sondern wir besorgen gezielt das, was von unseren Kooperationspartnern gebraucht wird“, sagt Ilona von Boeselager.

Die Spendenbereitschaft ist sehr groß

Das sind Lebensmittel oder auch Campingsachen und Klappbetten für Notunterkünfte, die über die Grenze gebracht werden. In speziellen Fällen wird über Vertrauensleute auch Bargeld in die Ukraine gebracht – ein ungewöhnlicher, aber pragmatischer Schritt: „Vor dem Hintergrund, dass die Waren durch die Inflation teurer werden und manche Grundnahrungsmittel ausverkauft sind.“

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Finanziert wird dies alles durch Spenden. Die Verantwortlichen der Csilla-von-Boeselager Stiftung spüren, dass die Hilfsbereitschaft in Deutschland riesengroß ist. Seit Kriegsausbruch hat der Verein nur durch Social-Media-Aktivitäten und „Mund-zu-Mund-Propaganda“ mehr als eine Million Euro an Spendengeldern eingenommen. „Die Bandbreite ist groß: Das reicht von 10 Euro, die ein Schüler per Paypal überwiesen hat bis zu 50.000 Euro von einem Finanzinvestor.“

>> INFO: Osteuropahilfe

  • Die Boeselager-Stiftung mit Sitz in Arnsberg engagiert sich mit ihrer Osteuropahilfe in Polen, Serbien, Ungarn, Rumänien und der Ukraine.
  • Spendenkonto: Sparkasse Arnsberg-Sundern, IBAN: DE41 4665 0005 0000 0333 32. Mehr Infos: www.boeselager-osteuropahilfe.de