Düsseldorf/Lüdenscheid. Gesperrte A-45-Brücke: Kann ein Nachtfahrverbot für Lkw den Umleitungs-Anliegern Entlastung bringen? Warum sich das Land nicht zuständig fühlt.

Gordan Dudas klingt frustriert. Seit drei Monaten ist die A 45 bei Lüdenscheid gesperrt, seit drei Monaten müssen die Anwohner mit nervtötenden Staus leben, mit ohrenbetäubendem Lkw-Lärm auch in der Nacht, mit permanentem Diesel-Gestank. „Bis jetzt ist viel zu wenig passiert“, sagt der SPD-Landtagsabgeordnete aus dem Märkischen Kreis. Am Mittwoch legte der Verkehrsausschuss im NRW-Landtag noch eine Schüppe Frust drauf.

Klar, niemand hatte erwartet, dass sich die schwarz-gelbe Mehrheit einem Antrag der Grünen anschließen würde, in dem das Land zum Beispiel aufgefordert wird, die Sanierung der Straßen- und Brückeninfrastruktur dem Neubau vorzuziehen. Denn damit hätte die Landesregierung ja eingestanden, in der Vergangenheit Fehler begangen zu haben, weil sie die Reparatur der maroden Rahmedetalbrücke vor Jahren auf die lange Bank geschoben hatte.

Land sieht keine Zuständigkeit

Aber dass ein mögliches Nachtfahrverbot für Lkw auf den Umleitungsstrecken noch immer im bürokratischen Nirwana unterwegs ist, und zwar genauso schnell wie der Umleitungsverkehr, also im Schneckentempo, das wurmt Gordan Dudas schon sehr.

+++ Lesen Sie auch: A-45-Brücke: Wo das Projekt nach einem Quartal steht +++

NRW-Verkehrsministerin Ina Brandes (CDU) hatte dem Ausschuss vorab nämlich mitgeteilt, das Land sei für die „Anordnung von Verkehrszeichen“ gar nicht zuständig. In der Pflicht stünden vielmehr die örtlichen Straßenverkehrsbehörden, also in diesem Fall die Stadt Lüdenscheid, der Märkische Kreis und die Bezirksregierung in Arnsberg als Genehmigungsinstanz. Das Verkehrsministerium sei gar nicht befugt, derartige Maßnahmen anzuweisen. Ohnehin seien Verkehrsverbote mit hohen rechtlichen Hürden verbunden, unter anderem weil damit straßenrechtliche Einstufungen in Frage gestellt werden könnten.

Wirtschaft gegen Lkw-Fahrverbote

Gar nicht toll findet die Industrie der Region mögliche Lkw-Fahrverbote. „Was soll denn ein Unternehmen sagen, dass die dritte Schicht einstellen muss, weil die Lkw nicht liefern können“, gab Ralf Geruschkat, Geschäftsführer der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer, als Gast in der Sitzung eine Stimme aus der Region wieder. Sollte der Neubau der Brücke tatsächlich fünf oder mehr Jahre dauern, werde die Region „ein anderes Gesicht haben“. Und das wäre dann nicht mehr das Gesicht der drittstärksten Wirtschaftsregion Deutschlands. Schon jetzt seien Lieferketten gefährdet, weil Unternehmen – etwa aus dem Ruhrgebiet – nicht mehr bereit seien, wegen der gestiegenen Kosten Waren nach Südwestfalen zu bringen.

Sebastian Wagemeyer, Bürgermeister der Stadt Lüdenscheid und Bürgerbeauftragter für den Brückenneubau, wies ebenfalls als Gast darauf hin, dass sich der Lkw-Verkehr dann auch in die Nachbarstädte verlagern könnte. Wagemeyer regte an, die kommenden fünf oder mehr Jahre bis zum Neubau der Brücke nicht in einem „Tal des Jammerns“ zu verbringen. Die Region müsse nun kreativ eine zukunftsfähige Mobilität entwickeln. Wagemeyer schlug vor, auch mit der Stärkung der Fachhochschule Südwestfalen ein Gegensignal zu setzen, um jungen Menschen zu zeigen, wir attraktiv die Region ist. Das Büro des Bürgerbeauftragten soll im April an den Start gehen, kündigte der SPD-Politiker an.

+++ Lesen Sie auch: Keine Ermittlungen wegen Friedensbotschaft auf A45-Brücke +++

Derweil sind alle von der Sperrung betroffenen gleich auf mehreren Ebenen „gekniffen“. Leiden sie doch noch stärker unter den drastisch gestiegenen Benzinpreisen als andere, weil sie im Stau nicht nur Zeit verlieren, sondern auch mehr Benzin verbrauchen, das sie an der Tankstelle so teuer wie nie bezahlen müssen. Darauf weisen die beiden regionalen CDU-Bundestagsabgeordneten Florian Müller und Paul Ziemiak sowie der CDU-Landtagsabgeordnete Thorsten Schick hin. Sie fordern eine finanzielle Entlastung bei den Spritpreisen. Bürgern und Unternehmen solle mit einer befristeten Mehrwertsteuersenkung auf Benzin unter die Arme gegriffen werden, um die langen Umleitungswege durch die Vollsperrung der A 45 und die rasant steigenden Preisen an der Zapfsäule abzufedern.

Paul Ziemiak: Mehrwertsteuer für Pendler senken

„Die Region ist bereits stark belastet durch die Vollsperrung der A 45. Die explodierenden Spritpreise sind in Kombination mit längeren Wegen ein Super-GAU für Unternehmen und Bürger vor Ort“, sagte Thorsten Schick, der auch Vorsitzender der CDU im Märkischen Kreis ist. Ziemiak regt eine befristete Mehrwertsteuersenkung auf Benzin an. In diesem Fall ist aber tatsächlich nicht das Land zuständig.

Jedes mal werde die Verantwortung auf den Bund, die Autobahn GmbH oder die Kommunen geschoben, kritisierte Gordan Dudas in der Ausschuss-Sitzung. „Das ist sehr unbefriedigend. Für die Betroffenen hat sich nichts Wesentliches geändert. Die Menschen haben das Gefühl, dass sie aufgegeben wurden.“ Das klingt sehr frustriert.