Hagen/Sauerland. Alle Zeichen stehen auf Lockerung – außer in einer Stadt. Wie sich Inzidenzen und der Impf-Erfolg in den Kreisen entwickelt, zeigt die Rangliste.

Sie fällt flächendeckend: die Sieben-Tage-Inzidenz, die die Dynamik des Corona-Virus ausdrücken soll. Lockerungen winken auf breiter Front, nur eine Stadt tut sich weiter sehr schwer: Hagen. Die 190.000-Einwohner-Stadt hat inzwischen ein Alleinstellungsmerkmal: Von allen Kreisen und kreisfreien Städten in NRW ist sie die einzige, die noch über der 200er-Marke liegt. 215,7 lautet der Wert laut RKI am Freitagmorgen. Damit ist er auch hier im Wochenvergleich deutlich gesunken, aber nicht so stark wie in anderen Corona-Hochburgen.

Und so dürfte es wohl noch dauern, bis auch in Hagen die Schulen wieder in den Wechselunterricht gehen können oder zumindest Einkaufen mit Termin und Negativ-Test wieder möglich sein wird. Beides wird frühestens übernächste Woche Wirklichkeit werden können – wahrscheinlich aber noch etwas später.

Andere Gebiete eilen bei Lockerungsschritten davon

Damit eilen andere Gebiete in der Region Hagen davon: Im Ennepe-Ruhr-Kreis und im Kreis Siegen-Wittgenstein wird am Wochenende die Ausgangssperre fallen, Außengastronomie ist wieder möglich – sogar die 50er-Marke ist in Sichtweite. Dann winken noch viel mehr Freiheiten. Ebenfalls auf dem Weg dorthin ist der Hochsauerlandkreis. Bleibt dort die Inzidenz stabil unter 100, dann wird es pünktlich zu Pfingsten Perspektiven für die Öffnung der (Außen-)-Gastronomie geben – und auch touristische Übernachtungen wären möglich. Etwas länger wird das noch im Kreis Olpe dauern, aber auch hier ist die Inzidenz so deutlich zurückgegangen, dass in der kommenden Woche die 100-er-Grenze unterschritten werden könnte.

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Aber auch wenn das für Hagen noch so weit weg erscheint, ganz so düster sieht die Lage für die Großstadt zwischen Sauerland und Ruhrgebiet nicht aus: Trotz der seit Wochen so hohen Inzidenz ist die Zahl der Corona-Toten in jüngster Zeit zumindest nicht mehr stark angestiegen. Die Situation auf den Intensivstationen der Stadt ist wieder etwas angespannter, aber – zumindest an den Belegungszahlen gemessen – nicht dramatisch. Und beim Impffortschritt liegt man weiter sehr weit vorn: Fast 45 Prozent der Gesamtbevölkerung haben die Erstimpfung erhalten – Platz 2 im Regierungsbezirk Arnsberg. Und 11,7 Prozent haben schon den vollen Impfschutz, das ist sogar Platz 1.

Virologe: Inzidenz bei Impf-Erfolg nicht mehr so entscheidend

Bei weiter steigendem Impferfolg, so Professor Ulf Dittmer, Leiter der Virologie an der Uni-Klink Essen, zeige die Erfahrung aus anderen Ländern, dass sich selbst hohe Inzidenzen nicht so sehr auf die Intensivstation und Todeszahlen auswirkten. „Wenn man einmal die Hauptrisikogruppe geimpft hat – zum Beispiel die meisten über 50-Jährigen, dann können sich die Inzidenz-Zahlen nach oben bewegen, ohne dass das ein medizinisches Problem widerspiegelt.“ Das hätten Erfahrungen in den USA und in Israel gezeigt, sagt der Virologie im Podcast mit der Funke-Mediengruppe. „Dann müssten die Inzidenzzahlen etwa bei den jungen Altersgruppen schon dramatisch ansteigen, aber das war nicht der Fall.“ Es werde mit zunehmendem Impf-Erfolg eine Entkopplung von Inzidenzzahlen und Problemen für das Gesundheitswesen kommen.

Die Bilanz in der Region

  • Schaut man genauer auf die Zahlen, dann gibt es diese Kernaussagen für die Wochenbilanz:
  • Der wöchentliche Anstieg bei der Zahl der Corona-Toten fällt ein ganzes Stück geringer aus als in den Vorwochen.
  • Auf den Intensivstationen liegen insgesamt weniger Covid-Patienten, im Kreis Olpe und im Hochsauerlandkreis machen sie aber immer noch mehr als 20 Prozent aller Intensivpatienten aus. Und: Es gibt insgesamt weniger freie und verfügbare Betten. Die Lage bleibt also weiter angespannt.
  • Die Sieben-Tage-Inzidenz, die die Quote der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche misst, ist in alles zwölf Kreisen und Großstädten im Wochenvergleich gesunken – zum Teil sogar sehr stark. Der gesamte Regierungsbezirk liegt nun bei einem Durchschnittswert von 112,2 – das sind erneut gut 40 Punkte weniger als in der Vorwoche. Der Wert liegt aber noch etwas über der NRW-Inzidenz, aktuell 103,4 beträgt.
  • Beim Impfen gibt es, wie von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn angekündigt, eine Delle bei den Erstimpfungen. Der wöchentliche Anstieg ist nicht mehr so hoch – allerdings steht die Region kurz vor der Schwelle von 40 Prozent der Gesamtbevölkerung, die die Erstimpfung erhalten hat. Und: Die Unterschiede zwischen Städten und Kreisen bleiben groß.

Die Corona-Rangliste

Schaut man auf den Regierungsbezirk Arnsberg, führt Hagen weiter die Rangliste der Corona-Dynamik an. Sie basiert auf den Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI), Stand Freitag 0 Uhr.

  • 1 . (Rang 1 vor einer Woche): Hagen: 215,7 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen (297 Tote, 3 mehr als vor einer Woche)
  • 2. (3.) Olpe: 136,6 (151, + 5)
  • 3 . (2) Hamm: 129,5 (189, + 2)
  • 4. (5.) Dortmund: 128,9 (370, +9)
  • 5. (7.) Kreis Unna: 121,8 (476, +5)
  • 6. (9.) Bochum: 114,3 (231 , +9)
  • 7 . (6. ) Märkischer Kreis: 112,4 (385,+ 13)
  • 8. (4) Herne: 99,7 (259,+3)
  • 9. (8.) Hochsauerlandkreis: 97,4 (191, +4)
  • 10. (11.) Ennepe-Ruhr-Kreis: 75,0 (348, +5)
  • 11 . (10.) Siegen-Wittgenstein: 64,3 (173, +2)
  • 12. (12.) Kreis Soest: 51,0 (182, +2)

Die Verstorbenen-Zahlen

Im Regierungsbezirk Arnsberg sind nun seit März 2020 3252 Menschen im Zusammenhang mit dem Coronavirus verstorben. Das sind 62 mehr als vor einer Woche – damit fällt der Anstieg deutlich geringer aus als in den Vorwochen.

Die Intensivstationen

Es gibt deutlich weniger Corona-Patienten auf den Intensivstationen der Region, aber auch weniger freie und verfügbare Betten: 188 Covid-Patienten (davon 102 beatmet) werden aktuell im Regierungsbezirk auf Intensivstationen behandelt – das sind 19 weniger im Wochen-Vergleich. Die Zahl der freien Intensivbetten hat sich dagegen weiter verschlechtert: 151 (-10 im Wochenvergleich) der insgesamt 1276 (-12) aktuell zur Verfügung stehenden Intensivbetten in der Region sind noch frei.

Das Intensivbettenregister zeigt im Detail diese Werte:

  • 1. (Vorwoche 1.) Kreis Olpe: 28,6 % der Intensivbetten mit 8 Corona-Patienten belegt
  • 2. (3.) Hochsauerlandkreis: 23,1 %, 21
  • 3. (2.) Herne: 20,0 % , 13
  • 4. (10.) Hagen: 17,8 %, 14
  • 5. ( 4.) Märkischer Kreis: 16,8 %, 18
  • 6. (6.) Bochum: 15,7 %, 26
  • 7. (7.) Kreis Unna: 14,7 %, 16
  • 8. (5.) Hamm: 13,2 %, 9
  • 9. (8.) Dortmund: 12,2 %, 33
  • 10. (11.) Ennepe-Ruhr: 11,5 %, 12
  • 11. (12.) Kreis Soest: 9,9 %, 7
  • 12. (9.) Kreis Siegen-Wittgenstein: 9,2 %, 11

Die Impfungen

1.392.298 Menschen in den zwölf Kreisen und Großstädten des Regierungsbezirks Arnsberg haben bislang ihre Erstimpfung erhalten. Das sind 169.930 mehr als in der Vorwoche, der Fortschritt bei den Erstimpfungen lässt also etwas nach – das Plus liegt um gut 15.000 Impfungen unter dem Wert der Vorwoche. Insgesamt sind nun 39,9 Prozent der etwa 3,5 Millionen Menschen, die in der Region leben, einmal geimpft. 361.393 Menschen und damit 10,3 Prozent der Gesamtbevölkerung haben schon den vollen Impfschutz.

In ganz Westfalen-Lippe haben 54 Prozent der gut 4,12 Millionen Geimpften in Impfzentren die erste Spritze erhalten, 15 Prozent durch mobile Impfteams, 25 Prozent in Arztpraxen und 6 Prozent in Krankenhäusern. Der Anteil der Arztpraxen wächst also weiter. Auf die einzelnen Städte und Kreise verteilt sich das so:

  • 1. (Vorwoche 1.) Kreis Olpe: 62.062 Erstimpfungen, 46,3 % Prozent der Gesamtbevölkerung
  • 2. (2.) Hagen: 83.815, 44,4 %
  • 3. (3.) Herne: 65.833, 42,2 %
  • 4. (6.) Ennepe-Ruhr-Kreis: 129.536, 40,0 %
  • 5. (4.) Hochsauerlandkreis: 103.649, 39,9 %
  • 6. (4.) Kreis Soest: 118.560, 39,3 %
  • 7. (6.) Bochum: 142.442, 39,0 %
  • 8. (9.) Kreis Unna: 148.647, 37,6 %
  • 9. (8.) Märkischer Kreis: 152.874, 37,3 %
  • 10. (11.) Dortmund: 218.987, 37,2 %
  • 11. (10.) Hamm: 65.710, 36,5 %
  • 12. (12.) Kreis Siegen-Wittgenstein: 100.183, 36,2 %

Schaut man auf den Anteil der Menschen mit vollem Impfschutz (durch zwei Impfungen oder Impfstoff Johnsons&Johnson, der nur einmal geimpft werden muss), dann ergibt sich das folgende Bild:

  • 1. Hagen: 11,7 % Prozent der Gesamtbevölkerung haben schon den kompletten Impfschutz
  • 2. Kreis Olpe: 11,5 %
  • 3. Herne: 11,5 %
  • 4. Bochum: 10,9 %
  • 5. Kreis Soest: 10,8 %
  • 6. Hochsauerlandkreis: 10,5 %
  • 7. Hamm: 10,4 %
  • 8. Kreis Unna: 9,9 %
  • 9. Ennepe-Ruhr-Kreis: 9,8 %
  • 10. Märkischer Kreis: 9,7 %
  • 11. Kreis Siegen-Wittgenstein: 9,0 %
  • 12. Dortmund: 8,9 %