Hagen. In der Corona-Pandemie gönnen sich plötzlich viele einen Pool oder eine Sauna – und zwar nicht nur Reiche. Was Händler zu dem Boom sagen.

Bahnen ziehen könne er in seinem Schwimmbecken nicht gerade, schmunzelt Frank Steinfort. Drei Meter Durchmesser hat der Pool, den der Hagener in seinen Garten hat bauen lassen. 1,20 Meter tief, viel Eigenleistung, damit die Kosten nicht ausufern. Zur Abkühlung an heißen Tagen ist das wunderbar. „Ich habe schon seit einigen Jahren mit einem kleinen Pool geliebäugelt, die Corona-Pandemie hat dazu geführt, dass ich es tatsächlich mache“, sagt der Hagener und argumentiert: „Die Sommer werden heißer und man kann wegen Corona wenig machen.“

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Weil die Menschen derzeit erstens kein Geld ausgeben für Urlaub, für Tagestrips, für Restaurantbesuche, für Konzerte oder all die anderen Dinge, die ihnen sonst Freude bereiten, und weil sie zweitens die freie Zeit gezwungenermaßen zu Hause verbringen, investieren sie gespartes Geld in die eigenen vier Wände. Und dabei gern in Produkte, die früher als purer Luxus galten: Pools, Saunen, Klimaanlagen. Die Branchen boomen.

Pool-Händler: „Die Nachfrage derzeit ist außergewöhnlich“

Andreas Schneider ist Geschäftsführer der Schwimmbad- und Wassertechnik GmbH in Wilnsdorf bei Siegen. Pools im hochpreisigen Segment sind das Kerngeschäft, Edelstahlpools zum Beispiel, die ab 80.000 oder 90.000 Euro zu kriegen sind. Aber seine Firma setzt auch weniger kostenintensive Projekte um. Wer es preiswerter mag und selbst Hand anlegen kann, kommt mit 1000 bis 2000 Euro an einen kleinen Pool.

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„Die Nachfrage derzeit ist außergewöhnlich“, sagt Schneider: „Ende des Jahres 2020 waren wir schon ausgebucht für 2021.“ Nichts geht mehr – das ist, was potenzielle Kunden hören, wenn sie jetzt anrufen. „Wir können ja nicht mehr arbeiten als wir Mitarbeiter haben.“

Der Trend zum Home-Pool sei auch schon vor Corona erkennbar gewesen, weil die Anlagen im Allgemeinen immer günstiger geworden seien. „Aber seit Corona hat die Nachfrage stark angezogen, da gerade Familien den Kindern in den Sommerferien statt Urlaub etwas bieten wollen“, sagt Schneider.

Hersteller kommen mit der Produktion kaum nach

Die Auftragslage ist so gut, dass Hersteller mit der Produktion kaum nachkommen: An Filter, Pumpen und andere Materialien sei beim Großhändler kaum ranzukommen derzeit. Auf die Bestellung aus November wartet Schneider noch immer, sagt er. 2020 werde als das Jahr in Erinnerung bleiben, „in dem Schwimmbadbaufachunternehmer eine Rekordzahl an Poolprojekten realisierten“, erfreut sich der hübsch klingende Bundesverband Schwimmbad mit Sitz in Köln.

Nicht weniger begeistert ist der Deutsche Sauna-Bund in Bielefeld. Die Nachfrage von Privatleuten sei seit Ausbruch der Pandemie nach oben geschnellt, heißt es dort. Auch bei den wenigen Sauna-Anbietern der Region ist das feststellbar.

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Auf dem Hermannshof in Werl verkauft Familie Krüger Fass-Saunen. Normalerweise hat sie eine Ausstellung, die Kunden besichtigen können. Derzeit nicht, selbst die Ausstellungsstücke sind verkauft. Derzeitige Wartezeit: drei bis vier statt normalerweise zwei Monate. „Der Trend ist seit dem ersten Lockdown im März 2020 spürbar, als die öffentlichen Saunen erstmals geschlossen wurden“, sagt Hermann Krüger.

Investitionen ins Zuhause

Ein wenig später, im Herbst 2020, verortet Jonas Waldschmidt, Inhaber des gleichnamigen Sauna- und Kaminfachgeschäfts in Dortmund, den Beginn des Booms: „Ich glaube, als die Menschen gemerkt haben, dass auch der Herbsturlaub nichts wird, da haben sich viele entschlossen, sich etwas für ihr Zuhause, für das Wohlfühlen zu leisten. Wir merken das auch bei den Kaminöfen.“ Waldschmidt hat Kunden auch bis ins Sauerland und darüber hinaus. Dabei liefere er Saunen oder Kamine aber keineswegs nur in Villen oder teure Eigenheime: „Meine Kunden sind meist ganz normale Leute.“

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Auch die Firma E+K Kältetechnik in Arnsberg führt Schwitzkammern im Sortiment. „Wir haben zuletzt bestimmt die doppelte Nachfrage nach Saunen gehabt“, sagt Geschäftsführer Thomas Kleinehr, räumt aber ein, dass das nicht das Kerngeschäft sei. Privatkunden interessierten sich auch vermehrt für Klimaanlagen, da habe man die Saunen nicht auch noch erledigen können. Trotzdem: Gerade eben erst hat er wieder ein Sauna-Angebot rausgeschickt: Modernes Teil mit viel Glas statt nur Holz, zwei Mal zwei Meter, Eckeinstieg, Vollholzbohlen, rund 6000 Euro. Lieferung und Einbau inklusive. „Man merkt, dass die Menschen mehr zu Hause sind“, sagt Kleinehr. Dort machen sie es sich schön.

Langes Warten auf die Edelstahlwände

Frank Steinfort aus Hagen ist schon einen Schritt weiter. Er hat seinen Pool ja schon. Aber der Weg dorthin war ungeahnt beschwerlich. „Wir hatten das Loch im Garten schon ausgehoben, als wir die Edelstahlwände bestellen wollten“, blickt er zurück. Er dachte, dass das ja kein Problem sein könne. „Aber wir mussten lange warten, weil die Wände nirgendwo zu kriegen waren.“ Ausverkauft.

>> HINTERGRUND: Leih-Sauna

  • Ein weiteres Indiz dafür, dass Luxus für zu Hause boomt, ist in Menden im Sauerland zu finden. Dort bieten zwei befreundete Ehepaare seit einigen Wochen sowohl eine mobile Fass-Sauna als auch einen fahrbaren Jacuzzi auf Leihbasis an. Sarah Jortzick und ihr Mann Jens sowie das Ehepaar Rene und Margarethe Mälzer liefern die Wellness-Einheiten dorthin, wo sie gebraucht werden.
  • Ein ungeahnter Markt, waren die Anschaffungen eigentlich erst nur für die private Nutzung vorgesehen. Aber die Nachfrage ist immens, es gebe nur wenige Tage, „an denen die Sauna nicht vermietet war“, sagt Sarah Jortzick. Kostenpunkt für Leih-Sauna oder Leih-Jacuzzi: ab rund 150 Euro an einem Wochenendtag.