Wiehl. Familie Wahl bekam ihr Kind an Heiligabend in Olpe. Wie es dazu kam, was sich veränderte - und warum das Baby zu den Sternen schaute.

Katharina Wahl erinnert sich an den ersten Moment. Ein Jahr ist es jetzt her, dass man ihr ihre Tochter in den Arm legte. Auf den Fluren des Krankenhauses in Olpe? Stille. Im Zimmer? Frieden. "Das war ein toller, sehr emotionaler Moment, gerade wenn man weiß, was das für ein Tag ist." 24. Dezember. Heiligabend 2019, kurz nach 20 Uhr. "Sie ist unser Geschenk", sagt Katharina Wahl. Ehemann Marco nickt. Ihr Christkind. Lange hatten sie auf Marleen gewartet.

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"Wir hatten eigentlich nicht unbedingt gewollt, dass sie ausgerechnet an Weihnachten zur Welt kommt", sagt die Mama. Sie sitzt bei sich zu Hause am Tisch in Wiehl, einem Örtchen im Bergischen Land, 30 Kilometer von Olpe entfernt, 20 sind es bis nach Engelskirchen, wo die Deutsche Post jedes Jahr im Advent die Weihnachtspostfiliale öffnet. Zehntausende Briefe aus aller Welt gehen an diese Anschrift: An das Christkind in 51777 Engelskirchen.

"Man weiß ja, was die Leute erzählen, die an Weihnachten Geburtstag haben", sagt die Mama. Nicht viel Gutes offenbar: Als Kind gibt es nur an einem Tag Geschenke, als Erwachsener wird man an diesem Tag schlecht mit Freunden feiern können. Und überhaupt: Man teilt sich die Aufmerksamkeit immer mit diesem einen recht bekannten Typen.

Marleen sitzt bei Papa auf dem Schoß, die Mama in Griffweite. Die Kleine ist gerade aufgewacht von einem Vormittagsschläfchen. Sie blinzelt noch ein wenig gegen die weihnachtliche Beleuchtung auf dem Tisch an. Auf der Fensterbank steht ein Nikolaus, an die Scheiben sind Eiskristalle geklebt. Über den Dreien schwebt aus Holz der Stern von Bethlehem. Nur die größere Schwester Kathleen (4) fehlt, die ist in der Kita.

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Wenn die Eltern ein Jahr zurückdenken, dann war das eine aufregende Zeit. Denn sie mussten warten, lange warten. Der 15. Dezember war der errechnete Termin. Sie hatten gehofft, dass Marleen ein Nikolauskind werden würde. Wurde sie nicht. Dann hofften sie, dass es der errechnete Termin wurde. Wurde es nicht. Dass sie wenigstens vor Weihnachten käme. Kam sie nicht. "Wir wollten Marleen entscheiden lassen", sagt die Mama. Spätestens am 23. sollte die Geburt dann eingeleitet werden.

Aber Marleen kam einfach nicht. Erst am Abend des 24. wurde es dann ernst: Blasensprung. Kaiserschnitt. Denn Marleen war ein Sternengucker. Ein Kind also, das anders im Bauch liegt als es idealerweise sollte: es schaut sozusagen in den Himmel, nach den Sternen, nach dem Stern. Sehr angebracht an diesem Abend.

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"Es war schwer für uns, an Heiligabend nicht zu Hause und auch nicht bei unserer anderen Tochter sein zu können", erinnert sich Katharina Wahl. Die große Schwester wartet bei Oma und Opa und der Tante auf die Niederkunft des Christkindes. "Wir haben die Ärzte aus dem Abendprogramm geholt", sagt Marco Wahl, ein Falkner, der seine Tiere in Niederfischbach bei Siegen betreut. "Ich glaube für das Personal war das auch etwas Besonderes."

Sicher ist: Christkinder sind eher selten. Zwar werden im Schnitt in NRW rund 300 Kinder an Heiligabend entbunden. An Nicht-Weihnachtstagen sind es im Schnitt der vergangenen 20 Jahre aber 431. "Es sollte bei uns eben so sein. Unser Glückskind", sagt die Mama.

Ein pflegeleichtes noch dazu. Es schläft zuverlässig, schimpft nicht zu viel, und die große Schwester kümmert sich rührend. Der Geburtstag der Kleinen wird die Familie noch intensiver zusammenführen - zumindest wenn kein Virus die Welt in Atem hält. "Vormittags werden wir dann Geburtstag mit der ganzen Familie und den Verwandten feiern, nachmittags dann Weihnachten", sagt der Papa des Christkindes: "Alle kommen zu uns. Das ist schön."

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- Das Wort Advent hat seinen Ursprung im Lateinischen. Es bedeutet: Ankunft. Mit einer Ankunft verbunden ist: das Warten, auch das Erwarten. Diese Wörter stehen im Zentrum unserer Adventsserie. Jeden Tag erzählt uns ein Mensch, der wartet, seine Geschichte. Immer andere Menschen, immer ein anderes Warten.