Hagen/Brilon. Biggesee, Möhnesee, Sorpesee: Seen in Südwestfalen sind bei Tauchern beliebt. Experten halten den Sport für sicher, warnen aber vor Leichtsinn.
Der Bergsee bei Messinghausen in der Nähe von Brilon ist bei Tauchern besonders beliebt – aber auch berüchtigt. Am vergangenen Sonntag kam ein 53 Jahre alter Sporttaucher ums Leben. Aus bislang ungeklärten Gründen, so die Polizei, habe der Mann „Probleme beim Wiederaufstieg an die Wasseroberfläche“ bekommen. Der achte Todesfall seit 1996. Auch im Tauchbergwerk Willingen kam es in den vergangenen drei Jahren zu zwei tödlichen Zwischenfällen. Gefährliche Faszination Tauchen?
„Messinghausen ist kein Todessee“, sagt Tauchexperte Matthias Richter. Seit 38 Jahren ist er auch unter Wasser zuhause. 5000 Tauchgänge hat er absolviert, er betreibt Tauchschulen an Bigge- und Sorpesee sowie im Bergwerk Nuttlar, dem größten betauchbaren Bergwerk Deutschlands.
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Der Bergsee, sagt Richter, sei besonders beliebt, da er auch in der Tiefe noch eine klare Sicht verspricht. Fluch und Segen zugleich, denn: „Durch die klare Sicht überschätzen viele ihre Grenzen“, erklärt Richter. Mit 45 Metern Tiefe ist der See in Messinghausen zugleich auch der tiefste in der Region. Nichtsdestotrotz – Unfälle können in jedem See passieren, passieren aber selten. „Tauchen ist sicherer als Fußball spielen“, sagt Richter.
Die Tauchausbildung
Der World Recreational Scuba Training Council (WRSTC), Weltweiter Freizeittauchsport-Ausbildungsverband, wurde 1999 gegründet, um weltweite Mindeststandards für die Tauchausbildung der verschiedenen Tauchsportverbände festzulegen.
Tauchexperte Matthias Richter gibt aber zu bedenken, dass nicht alle Tauchschulen Mitglied der zertifizierten Verbände sind. Die Ausbildung an verschiedenen Tauchschulen kann also variieren. „Billig muss nicht immer gut sein“, so Richter.
Der erste Tauchschein erlaubt eine Tiefe von 18 Metern. Für alle weiteren Qualifikationen müssen eine Vielzahl von Tauchgängen absolviert sowie spezielle Nachweise vorgelegt werden. Auch einen regelmäßigen Gesundheitscheck raten die Experten.
In der Tiefe besteht die Gefahr
Abgesehen von physiologischen Ursachen wie Ohnmacht, Schwindel oder einem Herzinfarkt gäbe es unter Wasser kein Problem, dass der Taucher nicht auch selbst lösen kann, so Tauchlehrer Richter: „Wenn man eine gute, fundierte Ausbildung hat, seine Ausrüstung regelmäßig und ordnungsgemäß wartet und ehrlich zu sich selber ist, zählt Tauchen zu den sichersten Sportarten überhaupt.“ Die größten Gefahren bestünden darin, sich selbst zu überschätzen, seine persönlichen Grenzen zu überschreiten oder einem Gruppenzwang zu folgen, dem man nicht gewachsen ist.
Patrick Spieß, Tauchlehrer und technischer Taucher bei der Polizei in Wuppertal, erklärt außerdem, dass je tiefer der See ist, desto größer auch das Unfallpotenzial sei. In der Tiefe bestehe die Gefahr, dass es zum so genannten „Tiefenrausch“ kommt; einem rauschartigen Narkosezustand, der eine beeinträchtigte Wahrnehmung sowie ein eingeschränktes Urteilsvermögen mit sich bringt. „Hinzu kommen Kälte und schlechte Sichtverhältnisse, die zu Orientierungslosigkeit führen, was in Kombination mit der Narkose schnell Panik verursacht“, erläutert der Polizeitaucher weiter.
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Richter erinnert aus diesem Grund daran, niemals alleine abzutauchen (so genanntes Solotauchen), was beispielsweise im Sorpesee ohnehin verboten ist. In den großen Seen der Region – Biggesee, Möhnesee und Sorpesee – ist das Tauchen erlaubt. Aber: Jeder See hat seine eigenen Nutzungsregeln für Taucher, in denen hinterlegt ist, über welche Vorkenntnisse die Freizeitsportler verfügen müssen. „Wir können die Leute nur bis zur Wasseroberfläche an die Hand nehmen und ansonsten nur an die Vernunft der Taucher appellieren“, sagt Richter.
Den Stickstoff wegatmen
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Gerade die letzten Meter eines Tauchgangs sind wichtig. Der Grund: Stickstoff, der über die Luft eingeatmet wird, sammelt sich während des Tauchgangs im Körper an. In Abhängigkeit von Dauer und von Tiefe bindet sich mehr Stickstoff im Gewebe, der beim Auftauchen wieder abgeatmet werden muss. „Hier ist es wichtig, dass der Aufstieg langsam erfolgt“, sagt Marco Löhken, Landesbeauftragter der DLRG im Fachbereich „Tauchen“. Als Richtwert könne pro Minute sechs Meter aufgetaucht werden. Auftauchgeschwindigkeit und Auftauchpausen müssen eingehalten werden, da ansonsten die Gefahr bestehe, dass der Stickstoff sich in den Körpergefäßen zu einer Gasblase ansammelt, die dann Blutgefäße verschließt und so beispielsweise zu einer Embolie führt, erklärt Löhken.