Hagen. . In Südwestfalen bleibt Carsharing noch immer auf wenige Städte – und ein Dorf – beschränkt. Meist geht es nur um Ersatz für den Zweitwagen.

  • In Südwestfalen bleibt das Carsharing-Angebot noch immer auf wenige Kommunen beschränkt.
  • Meist geht es nur um Ersatz für den Zweitwagen
  • Das Dorf Grund in Hilchenbach hat eine Vorreiterstellung

Oft braucht es am Anfang einfach einen, der es anpackt. Einen wie Jörg-Heiner Stein. Der Siegerländer hat in Hilchenbach-Grund ein Carsharing-Angebot mit einem Elektroauto etabliert: Das Dorf-E-Auto Grund. In dem 350-Einwohner-Dörfchen gibt es damit ein größeres Carsharing-Angebot als etwa in Arnsberg (78 000 Einwohner), Iserlohn (95 000) oder in der Universitätsstadt Siegen (102 000).

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Stein hat zusammen mit einem Mitstreiter einige Schwierigkeiten aus dem Weg räumen müssen auf dem Weg zum geteilten Elektroauto. Alles fing an mit einem testweise vom Energieriesen RWE zur Verfügung gestellten E-Mobil. Danach stellte eine ältere Dame ihr Auto als Anschubfinanzierung zur Verfügung, „ein alter Golf“, erinnert sich Stein, 4000 Euro habe dessen Verkauf eingebracht. Stein brauchte aber die zehnfache Summe. Das fehlende Geld holten die Carsharing-Enthusiasten über Werbepartner, die Südwestfalen-Agentur und Mittel aus dem bundesweiten Projekt Regio-Twin herein. „Man braucht schon eine gesunde Portion Mut und viel Eigeninitiative“, sagt Stein.

Grüner Strom für den Tank

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Das Elektroauto, das zumindest am festen Heimatstandort in Grund mit erneuerbarer Energie betankt wird, nutzen derzeit insgesamt 22 Mitglieder, allesamt aus Grund, fünf davon intensiv. „Es könnten mehr sein“, meint Stein. Im Dorf gebe es noch Potenzial, „die meisten hier gönnen sich einen Zweitwagen“, so Stein. Und darum gehe es beim Carsharing auf dem Land: Um die Abschaffung des Zweitwagens. Er selbst geht mit gutem Beispiel voran: Den eigenen Familien-Zweitwagen hat Stein an seinen Sohn weitergereicht, der damit zur Ausbildungsstelle fährt.

Geht es um die Zukunft der (Auto-)Mobilität, spielen die Elektromobilität und das autonome Fahren meist eine Schlüsselrolle. Oft wird dann aber schon das geteilte Auto genannt. So gesehen ist das Dorf Grund ganz vorne mit dabei – gerade in Südwestfalen, wo Carsharing meist ein Mauerblümchendasein fristet (siehe Karte). Es gibt viele weiße Flecken auf der Carsharing-Karte im Sauer- und Siegerland, selbst in Hagen ist das Angebot in den vergangenen Jahren zurückgeführt worden. „Es reicht nicht, einfach ein Auto aufzustellen und zu denken, das läuft schon“, weiß Willi Loose, Geschäftsführer des Bundesverbandes Carsharing (BCS): „Ein langer Atem ist erforderlich“.

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Darauf muss sich auch Karl-Wilhelm Giebeler einstellen. Der Seniorchef des Autohauses Giebeler bietet seit Juni Carsharing in Drolshagen an, gemeinsam mit der Stadtverwaltung. Die nutzt die zwei Kleinwagen tagsüber, abends und am Wochenende können die Drolshagener darauf zurückgreifen. Zehn Nutzer gebe es bisher, sagt Giebeler, „das finde ich für die paar Monate einen guten Anfang“.

Modell zielt auf Kleinstädte

Giebeler hat sein Angebot zusammen mit Ford aufgestellt, gebucht wird über Flinkster, den Carsharing-Ableger der Deutschen Bahn. Dieses Carsharing-Modell, das auf Händler vor Ort setzt, zielt nicht zuletzt Klein- und Mittelstädte, BCS-Geschäftsführer Loose findet dafür lobende Worte. Dennoch: „Für ausreichende Auslastung zu sorgen, ist ein schwieriges Unterfangen“, weiß Loose. „Ein Großteil der Bürger hängt weiterhin am eigenen Auto.“

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    In Winterberg sitzt ein Autohaus (Witteler) mit im Boot, das Angebot zielt vor allem auf Touristen, die ohne Auto anreisen. Nach einem Jahr zieht Ferienwelt-Geschäftsführer Michael Beckmann ein „eher bescheidenes“ Fazit. Zumal die Ferienwelt zugleich drei Elektroautos im klassischen Autovermiet-System anbietet – „das läuft deutlich besser“. Gerade für Erstnutzer sei die Einstiegshürde beim Carsharing oft zu hoch, glaubt Beckmann, weil man sich zunächst anmelden müsse. Der feste Standort für die Fahrzeuge sei ein weiteres Problem. Auch das Interesse der Winterberger Bürger und der örtliche Unternehmer falle geringer aus als erhofft.

    Jetzt hofft Beckmann, dass die Verlegung der Autos an die Mobilitätsstation am Bahnhof Winterberg das Interesse erhöht. „Das Pilotprojekt läuft über drei Jahre, dann sehen wir weiter“, sagt der Tourismusdirektor.