Bad Berleburg. Das Wisent-Projekt steht nach dem Angriff auf eine Wanderin auf der Kippe. Problem: Bei Gefahr darf das Projekt beendet werden. So steht's im Vertrag.

  • Zwei Millionen Förderung für Wisent-Projekt
  • Koordinierungsgruppe darf Projekt stoppen, wenn die Öffentlichkeit gefährdet wird
  • Schäden auch im Staatsforst hoch

Ende Mai wurde eine Wanderin von einer Wisent-Kuh bei Schmallenberg verletzt. Am Montag forderte Dr. Karl Schneider, Landrat des Hochsauerlandkreises, einen Zaun und damit indirekt das Ende des Auswilderungsprojektes. Der Verein hat nun vier Wochen Zeit, Lösungen anzubieten, um das Risiko für Menschen und die Schäden im Wald zu minimieren.

Wie sehen die Schäden im Staatsforst aus?

Waldbauern aus dem Hochsauerland streiten vor Gericht mit dem Trägerverein. Sie möchten, dass die Tiere ihre Privatflächen nicht mehr betreten. Zu groß seien die Schäden, zu gering der Schadensersatz. Brisant: Die Schäden im Staatsforst sollen weitaus größer sind. Intern heißt es, dass sich dazu kein Bediensteter öffentlich äußern darf. Denn der Landesbetrieb Wald und Holz ist als Forstbehörde und obere Jagdbehörde Vertragspartner des öffentlich-rechtlichen Vertrages, der für die Freisetzung aufgesetzt wurde.

Was steht im Vertrag mit Forst- und Jagdbehörde?

Während der Freisetzungsphase sind die Tiere nicht herrenlos. Sie befinden sich im Eigentum des Trägervereins, er haftet für Schäden. Diese Phase ist „auf mehrere Jahre“ angelegt, bis es einen neuen Vertrag gibt.

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© Grafik Manuela Nossutta

Ziel sei es, die Wisente im Projektgebiet zu halten. Die Koordinierungsgruppe, die am Montag tagte, hat das Recht, das Projekt „jederzeit abzubrechen, wenn aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit eine Weiterführung (...) nicht mehr zu vertreten ist“.

Was sagt Richard Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg?

Zu den aktuellen Entwicklungen möchte Richard Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg nichts dagegen. Er hatte zuerst die Vision von den frei laufenden Kolossen. Mehr als zehn Jahre ist das her, er stellte das 4300 Hektar große Projektgebiet zur Verfügung – auf dem sich die Herde allerdings gar nicht so gern aufhält.

Was sagt das Umweltministerium?

Von NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) gibt nur ein schriftliches Statement, in dem er den Verantwortlichen seine volle Unterstützung zusichert. Er betont, dass das Projekt seit zehn Jahren „egal in welcher parteipolitischen Zusammensetzung“ getragen werde.

Welche Fördergelder gab es?

Laut Bundesamt für Naturschutz beträgt das Finanzvolumen des Artenschutz-Projektes 1,9 Millionen Euro. 804 000 Euro davon zahlte das Bundesamt zwischen 2005 und 2015. Das NRW-Umweltministerium steuerte 85 000, der Wisent Verein 300 000 Euro bei.

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Hinzu kamen weitere Fördermittelgeber wie Zoologische Gesellschaft Frankfurt, Taurus Naturentwicklung, Deutsche Umwelthilfe, Large Herbivore Foundation, HIT Umwelt- und Naturschutzstiftung. Schälschäden werden aus einem Entschädigungsfonds beglichen, in den Land, Wisent-Verein, Kreis Siegen-Wittgenstein, Sayn-Wittgensteinsche Rentkammer und der Berleburger Touristikverein zahlen einzahlen. Pro Jahr gibt es 50 000 Euro.

Warum gab es keinen Zaun?

Wer Wisente auswildern möchte, kann sie nicht gleichzeitig einsperren, das ist klar. Klar ist auch, dass es für Wisente in einem Gehege keine Fördermittel zur Auswilderung gibt. Biologen der Uni Siegen testeten Zaun-Varianten. Ergebnis: Am wirkungsvollsten war ein dreilitziger Elektrozaun zwischen 1,80 und 0,7 Metern. Das Zaunsystem wurde jedoch nur getestet, um kleine Bereiche zu schützen“, so Biologe Philip Schmitz. Nicht für das gesamte Areal also.