Berlin. Eine Doppelimpfung gegen Grippe und Corona sei medizinisch unbedenklich, sagen RKI und Hausärzte. Eine US-Studie hat die Folgen untersucht.
Um sich vor Grippe und Corona zu schützen, ist dem Verband der Hausärzte zufolge eine Doppelimpfung möglich und zur Entlastung der Praxen sogar nötig. Aus medizinischer Sicht spreche nichts gegen beide Impfungen an einem Termin, sagt die Vorsitzende des Verbandes, Nicola Buhlinger-Göpfarth.
„Zwischen einer Covid-Impfung und einer Impfung mit anderen Totimpfstoffen wie den Influenzavakzinen, bei denen keine lebenden Viren gespritzt werden, muss kein Impfabstand von 14 Tagen mehr eingehalten werden“, schreibt auch das Robert Koch-Institut. Die Impfungen könnten gleichzeitig verabreicht werden. „Die Injektion soll aber jeweils an unterschiedlichen Gliedmaßen erfolgen“, so das RKI auf seiner Informationsseite zu Influenza.
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Vor einer Doppelimpfung sollte laut RKI allerdings darüber aufgeklärt werden, dass es zu „vermehrten vorübergehenden lokalen und systemischen Impfreaktionen“ kommen könne. Lokale Reaktionen sind Schmerzen, Schwellungen oder Rötungen an der Einstichstelle. Zu systemischen Reaktionen gehören Fieber, Ausschlag oder Schwellungen der Lymphknoten.
Impfungen gegen Corona und Grippe: Studie soll Zusammenhang klären
Die Empfehlung zur Doppelimpfung gilt nicht nur in Deutschland, sondern auch etwa in den USA. Eine große Beobachtungsstudie hatte dort gezeigt, dass die gemeinsame Impfung zu mehr Reaktionen führen könne. Weil eine Beobachtungsstudie aber nicht den kausalen Zusammenhang aufklären kann, wollten es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Human Vaccine Instituts an der Duke Universität in North Caroline genauer wissen.
Unterstützt von der US-Gesundheitsbehörde CDC führten sie eine klinische Studie nach höchsten wissenschaftlichen Standards durch zu der Frage, wie und ob sich die Sicherheit sowie die Folgen für Gesundheit und Lebensqualität bei gleichzeitiger beziehungsweise nacheinander erfolgter Grippe- und Corona-Impfung unterscheiden. Der Beobachtungszeitraum für leichte Impfreaktionen betrug sieben, für schwere Nebenwirkungen 121 Tage.
Für ihre Studie teilten die Forscher 335 Männern und Frauen per Los in zwei Gruppen ein. Gruppe A bekam die beiden Impfungen auf einmal, Gruppe B im Abstand von ein bis zwei Wochen. Dabei kamen gegen Covid-19 die mRNA-Impfstoffe von Biontech und Moderna zum Einsatz.
„Kein Teilnehmer hat wegen einer Reaktion Hilfe suchen müssen“
Auch die Studienteilnehmer der Gruppe B erhielten bei ihrem ersten Impftermin zwei Spritzen, allerdings war eine davon mit einem Scheinimpfstoff gefüllt. Die Testpersonen aus Gruppe B sollten ebenso wie die Personen aus Gruppe A damit rechnen, dass sie eventuell verstärkte Impfreaktionen oder Nebenwirkungen zu spüren bekämen. Beim zweiten Termin erhielten dann die Teilnehmer aus Gruppe A einen Scheinimpfstoff.
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Trotz der doppelten Herausforderung für das Immunsystem litten die Mitglieder von Gruppe A in den kommenden sieben Tagen nicht häufiger oder stärker unter akuten Nebenwirkungen als Gruppe B. In beiden Gruppen klagte etwa jeder Vierte über Symptome wie Fieber, Schüttelfrost, Muskel- oder Gelenkschmerzen. Überraschend: Die Symptome waren unter den mit Abstand Geimpften sogar um einige Prozentpunkte häufiger, was statistisch aber nicht signifikant war.
„Insgesamt stellten wir keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen der gleichzeitigen und der sequenziellen Verabreichung fest, was das Auftreten von unerwünschten Nebenwirkungen innerhalb von sieben Tagen nach einem der beiden Impftermine oder schweren Nebenwirkungen während des 121-tägigen Studienzeitraums betrifft“, schreiben die US-Wissenschaftler. Die Reaktionen seien von kurzer Dauer gewesen, „kein Teilnehmer hat wegen einer Reaktion ärztliche Hilfe suchen müssen“.
Impf-Empfehlung für Menschen ab 60 und Risikogruppen
Die Studienergebnisse, so die US-Forscher, unterstützten die Option der gleichzeitigen Verabreichung dieser Impfstoffe. Die Doppelimpfung könne eine Strategie sein, um eine hohe Impfquote vor und während der Corona- und Grippesaison zu erreichen.
Die Ständige Impfkommission am RKI empfiehlt die Grippeimpfung für alle Personen ab 60 Jahren, für Schwangere, für Risikogruppen und Menschen, die mit älteren und kranken Menschen zusammenleben oder diese pflegen. Die Auffrischungsempfehlung gegen Corona gilt ebenfalls für Personen ab 60 Jahren sowie Erwachsene mit Grunderkrankungen, die ein erhöhtes Risiko für schwere Covid-19 Verläufe haben. „Personen, die zu der Risikogruppe gehören, können auf die Auffrischimpfung verzichten, wenn sie immungesund sind und sich im Laufe des Jahres mit SARS-CoV-2 infiziert haben“, so die Stiko.
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Auch der Hausärztinnen- und Hausärzteverband in Deutschland empfiehlt die Auffrischung gegen Corona sowie die Grippeschutzimpfung. Diese gelte vor allem für Risikogruppen, etwa alle, die älter als 60 Jahre seien, so der Verband. Die Impfungen sollten am besten im Herbst erfolgen.