Berlin. Finger, Knie oder Hüfte machen Geräusche – eine Physiotherapeutin und eine Orthopädin erklären, was Betroffene beachten müssen.
- Knackende Gelenke haben meist eine ganz bestimmte Ursache
- Dennoch gilt es bestimmte Warnzeichen zu kennen und zu beachten
- Expertinnen geben Rat: Bestimmte Verhaltensweisen und Übungen können Betroffenen helfen
Ein leises, meist helles Knacken, ein plötzliches Knirschen oder das ploppende Geräusch, wenn man sich streckt – die meisten Menschen haben diese Geräusche in ihren Gelenken schon einmal wahrgenommen. Doch was steckt eigentlich dahinter? Sind sie ein Grund zur Sorge um die eigene Gesundheit oder einfach nur ein normaler Teil des täglichen Bewegungsalltags? Eine Physiotherapeutin und eine Orthopädin geben Antworten auf die häufigsten Fragen und Tipps, wie sich die Geräusche mitunter reduzieren lassen.
Geräusche im Körper: Warum knacken Gelenke?
„Wir sind ein lebender Organismus“, erklärt Ina Hauser, erfahrene Physiotherapeutin und Ausbilderin, „und dass lebende Organismen Geräusche von sich geben, ist erst einmal ganz natürlich.“ Die Knackgeräusche entstünden häufig in den großen Gelenken wie den Knien, Schultern, Handgelenken oder Fingern. Das Phänomen wird medizinisch auch als Kavitation bezeichnet. Wodurch die Geräusche entstehen, ist nicht abschließend geklärt.
Die wahrscheinlichste Theorie: Bei bestimmten Bewegungen und in langen Ruhephasen bilden sich Gasbläschen in der Gelenkflüssigkeit, die durch einen plötzlichen Druckabfall austreten. „Wir vermuten in diesem Fall also, dass es sich um eine Verdampfung von Gelenkflüssigkeit handelt, die das Geräusch verursacht“, erklärt Ricarda Seemann von der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie.
Dies geschieht besonders häufig in Gelenken, die wenig Bewegung erfahren oder über längere Zeit in einer bestimmten Position verharren. „Ich spreche gerne von einem Gelenkpups“, erklärt Hauser. „Man kann sich das ein bisschen so vorstellen, als drückt man zwei Glasplatten mit etwas Flüssigkeit aufeinander und trennt diese dann wieder. Auch dann gibt es ein Ploppen.“ Aber natürlich sei dieser Vergleich nicht hundertprozentig medizinisch korrekt.
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Schadet das Knacken den Gelenken?
Die beschriebenen Knackgeräusche sind in der Regel harmlos und schmerzfrei. „Häufig ist gerade das Fingerknacken eine Angewohnheit und sorgt dafür, dass sie eine durch den Unterdruck entstandene Spannung löst“, so Hauser. Und das könne binnen kürzester Zeit direkt wieder passieren. Orthopädin und Unfallchirurgin Seemann ergänzt: „Warum diese Plopp-Geräusche bei manchen Menschen eher und bei manchen Menschen weniger auftreten, lässt sich leider wissenschaftlich nicht erklären.“ Bekannt sei jedoch, dass sich das Knacken je nach Lebensphase durchaus verändern könne. „Bei Jugendlichen in der Wachstumsphase knacken die Gelenke beispielsweise deutlich häufiger.“
Fest steht: Das Knacken ist in diesem Fall ein natürlicher Prozess, der nichts mit dem Abnutzen der Gelenke zu tun hat. „Das ist eine normale Reaktion des Gewebes auf Anpassung und Wachstumsvorgänge“, so Seemann. Studien konnten belegen, dass Fingerknacken keinen langfristigen Schaden an den Gelenken verursacht. „Im Gegenteil sorgt das Knacken oft dafür, dass man sich wieder mobiler und freier fühlt, da der zuvor entstandene Unterdruck in den Gelenken von einigen Menschen als unangenehm empfunden wird“, betont Hauser.
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Welche Geräusche muss man vom Knacken der Gelenke unterscheiden?
Das Knacken ist meist ein eher helles, hohes Geräusch. Das Knirschen in den Gelenken dagegen fühlt sich meist auch schon anders an als das Knacken. „Das ist eher, als habe man Sand im Getriebe“, erklärt Physiotherapeutin Hauser. Der Klang sei eher als ein raues, reibendes Geräusch zu beschreiben, das bei Bewegungen wiederholt auftritt, insbesondere im Knie oder in den Schultern. Dieses Knirschen – medizinisch als Krepitation bezeichnet – entsteht oft, wenn raue Oberflächen im Gelenk aneinander reiben. Ursachen hierfür können sein:
- Gelenkverschleiß (Arthrose): Wenn der Knorpel, der die Gelenkflächen schützt, im Laufe der Zeit abgenutzt wird, kann dies zu stärker Reibung und einem knirschenden Geräusch führen.
- Verkalkungen oder Ablagerungen: Kleine Knochen- oder Kalkablagerungen im Gelenk können ebenfalls reibende oder knirschende Geräusche verursachen.
Auch wenn Knirschen allein kein Grund zur Panik sei, könne es ein Hinweis auf eine beginnende Gelenkdegeneration sein, insbesondere wenn es von Schmerzen begleitet werde, so die Expertin.
Zusätzlich kann es auch zu einer Art Schnappen kommen. Die ist meist der Falle, wenn Sehnen über die Gelenke springen. Dieses Phänomen tritt insbesondere in der Hüfte auf und wird dort als Tractus-Schnappen bezeichnet, wobei Tänzer, Fußballspieler, Gewichtheber und Läufer davon gehäuft betroffen sind. „Der Klang ist eher dumpf und auch für das Umfeld deutlich zu hören“, erklärt Seemann.
Gesundheit: Sind Geräusche in den Gelenken gefährlich?
In den meisten Fällen sind Geräusche in den Gelenken völlig harmlos und haben keinen Einfluss auf die Gelenkfunktion. „Menschen, die anderen sagen, dass sie das lassen sollen, tun dies tatsächlich meist unbegründet – oder weil es sie das Geräusch schlicht nervt“, sagt Seemann mit einem Schmunzeln.
Allerdings gibt die Orthopädin und Unfallchirurgin zu bedenken, dass gerade im Halswirbelbereich das bewusste Knacken der Gelenke durchaus Einfluss auf die umliegenden Gewebestrukturen haben kann. „Passiert das regelmäßig, kann das dazu führen, dass sich Bewegungsmuster festsetzen und man dann dazu neigt, häufiger Blockierung zu bekommen“, sagt Seemann.
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Knackende Gelenke: Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?
Es gibt einige Punkte, bei denen man laut der Expertinnen hellhörig werden sollte:
- Wenn das Knacken oder Knirschen von anhaltenden Schmerzen, Schwellungen oder Bewegungseinschränkungen begleitet wird
- Wenn man plötzlich eine eingeschränkte Beweglichkeit oder Steifheit im Gelenk bemerkt
- Wenn die Geräusche plötzlich und ungewöhnlich häufig auftreten oder sich verschlimmern
Schnell entdeckt könne bei Muskel- und Gelenkproblemen oft schon eine gezielte Manuelle Therapie beim Arzt helfen, eventuell in Kombination mit einer physiotherapeutische Behandlung, meint Seemann. Bei Entzündungen oder starken Schmerzen können entzündungshemmende Medikamente oder Schmerzmittel vorübergehend Erleichterung verschaffen. Eine Operation sei eher das letzte Mittel der Wahl.
Kann man auch etwas gegen das harmlose Knacken der Gelenke tun?
Eine eindeutige Antwort gibt es hier nicht. Gegen das durch Unterdruck entstehende Knacken etwa lässt sich nichts tun. Es kann laut der Expertinnen auch nicht verhindert werden. „Bei einer knackenden Hüfte kann es dagegen durchaus helfen, die Hüftmechanik gezielt zu trainieren und die verschiedenen, an der Hüftbewegung beteiligten Muskelgruppen gezielt anzusteuern, zu stärken und in Harmonie zu bringen“, erklärt Seemann. Hauser empfiehlt grundsätzlich darauf zu achten, „den ganzen Körper regelmäßig durchzubewegen und insbesondere bei Bürojobs nie zu lange in einer Position zu verweilen.“ Die Gelenke profitieren von Bewegung, da dies die Gelenkflüssigkeit verteilt und den Knorpel mit Nährstoffen versorgt. „Außerdem wirken Bewegung in Muskulatur und Gelenken schmerzhemmend“, gibt Seemann zu bedenken.
Zudem raten Seemann und Hauser neben Mobilisation auch zu Entspannungsübungen, um den Druck aus Muskulatur und somit auch aus den Gelenken zu nehmen, gleichzeitig aber auch zu Kräftigungsübungen, da die umliegende Muskulatur die Gelenke nicht nur schützt, sondern auch stabilisiert. Hilfreich seien hier:
- Kniebeugen
- Schulterstabilisierungsübungen
- klassische Übungen aus dem Yoga
Auch Übergewicht gilt es laut der Expertinnen zu vermeiden, da dies die Gelenke zusätzlich belasten könne, insbesondere die Knie und Hüften.
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