Berlin. Bisher wird bei Gebärmutterhalskrebs meist radikal operiert. Nun zeigen Studien, dass es bei Tumoren im frühen Stadium auch anders geht.
Gebärmutterhalskrebs ist weltweit die vierthäufigste bösartige Tumorerkrankung bei Frauen. In Deutschland erkranken jährlich rund 4500 Betroffene. Bisher werden Patientinnen mit einem Tumor im Frühstadium meist mit einer großen Radikaloperation behandelt. Jetzt haben zwei alternative OP-Methoden in Studien gezeigt, dass sie gleiche oder bessere Ergebnisse liefern.
Bei der Standardbehandlung werden die Gebärmutter, angrenzendes Bindegewebe und ein Teil der Scheide entfernt. Damit soll sichergestellt werden, dass keine Krebszellen im Körper verbleiben. Mitunter kommt es dann noch zu einer Strahlenbehandlung.
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Nach Angaben von Prof. Sven Mahner, Direktor der Frauenklinik am LMU-Klinikum in München, ist der radikale Ansatz mit schweren Nebenwirkungen verbunden: Verletzungen der Blase, Blasenschwäche oder langanhaltende Störungen beim Wasserlassen. Dies beeinträchtige Lebensqualität und die sexuelle Gesundheit der Betroffenen.
Gebärmutterhalskrebs: Rückfallrate vergleichbar niedrig
Alternativ zur Radikaloperation kann aber auch nur die Gebärmutter entfernt werden. Dass sich dadurch das Risiko für einen Rückfall nicht erhöht, hat jetzt eine international angelegte Studie gezeigt, deren Studien-Arm in Deutschland von Sven Mahner geleitet wurde.
Bei der Untersuchung, veröffentlicht im „New England Journal of Medicine“, waren 700 Frauen nach dem Zufallsprinzip entweder mit einer einfachen oder einer radikalen OP behandelt worden. Die Patientinnen hatten Tumore mit einer maximalen Größe von zwei Zentimetern. Den Ergebnissen zufolge war die Rückfallrate bei einer Nachbeobachtungszeit von viereinhalb Jahren in beiden Gruppen vergleichbar niedrig. Sie lag bei etwa zwei Prozent.
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„Die kurz- und langfristigen Nebenwirkungen reduzieren sich mit der schonenderen OP-Variante deutlich“, beschreibt Sven Mahner laut Mitteilung des LMU die Vorteile. Erklärbar sei das dadurch, dass das Bindegewebe neben der Gebärmutter bei der einfachen OP nicht beschädigt würde. „Dort verlaufen viele Nerven, die Blase, aber auch Scheide und Klitoris versorgen.“
Gebärmutterhalskrebs: Merkmale des Tumors gründlich untersuchen
Bei sorgfältig ausgewählten Tumoren, so Mahner, könnten Operateure fortan guten Gewissens die radikale durch die einfache Operation ersetzen. Entscheidend dabei sei, den Tumor und dessen Gewebe zuvor gründlich zu untersuchen, um sicherzustellen, dass eine Patientin wirklich ein geringes Risiko für einen Rückfall habe.
Darüber hinaus zeigt laut Studie auch eine in Leipzig entwickelte Operationsmethode, die Totale Mesometriale Resektion, kurz TMMR, Vorteile gegenüber der Standardtherapie. Sowohl das Risiko zu sterben als auch das Risiko eines Rückfalls war nach TMMR „wesentlich geringer“, heißt es in der im Fachjournal „Lancet eClinicalMedicine“ veröffentlichten Vergleichsanalyse.
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Nach Angaben des Universitätsklinikums in Leipzig basiert TMMR auf dem sogenannten ontogenetischen Krebsfeldmodell. Das leitet das örtliche Ausbreitungsmuster eines bösartigen Tumors aus der Embryonalentwicklung seines Ursprungsgewebes ab.
Auf Bestrahlung kann bei dieser Methode verzichtet werden
Bei der Operation werden Gewebestrukturen mit hohem Risiko für einen Krebsbefalls entfernt, die bei der herkömmlichen OP-Methode zurückgelassen werden. Dafür werden andere Strukturen trotz ihrer Nähe zum Tumor verschont, die für die Funktion angrenzender Organe, etwa der Harnblase, wichtig sind. Während bei der herkömmlichen Operation in bis zur Hälfte der Fälle noch eine anschließende Bestrahlung der Patientinnen nötig ist, kann bei TMMR darauf verzichtet werden.
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Um zu untersuchen, wie sich TMMR im Vergleich zur Standardtherapie auf die Gesundheit der Behandelten auswirkt, wurden 1007 Frauen mit frühem Gebärmutterhalskrebs, die von 2011 bis 2020 konventionell und mit TMMR behandelt worden waren, analysiert. Während 91,2 Prozent der mit TMMR therapierten Frauen nach fünf Jahren tumorfrei waren, war dies nur bei 81,8 Prozent der Frauen der Fall, die eine konventionelle Therapie erhalten hatten. Das Risiko, an der Tumorerkrankung zu versterben, lag im untersuchten Zeitraum in der TMMR-Kohorte um rund 58 Prozent niedriger.
„Die nun vorliegenden Daten werden weiter zur nationalen und internationalen Verbreitung von Prinzip und Praxis der in Leipzig entwickelten Krebsoperationen beitragen und mehr Patientinnen mit Gebärmutterhalskarzinom, aber auch mit anderen gynäkologischen Krebserkrankungen heilen“, sagt Bahriye Aktas, Professorin für Gynäkologie am Uniklinikum in Leipzig.