Berlin. Sabine Menger hat in nur zwei Jahren 25 Kilo abgenommen – und dabei einen besonderen Weg gewählt. Ein Charité-Arzt schätzt diese Taktik ein.
- Mehr als jeder zweite Mensch in Deutschland ist übergewichtig
- Sabine Manger litt seit Jahren unter Übergewicht und Arthrose
- Mit einer neuen Routine hat sie jetzt 25 Kilo abgenommen
Es ist 07.15 Uhr morgens. Während andere gerade ihren Kaffee zubereiten, steht Sabine Menger auf ihrer Terrasse vor einer weißen Tonne. Sie ist gefüllt mit Wasser, darin schwimmen Eiswürfel. Seit zwei Jahren betreibt die Frankfurterin regelmäßig Eisbaden. Damals war Menger stark übergewichtig und hatte massive Probleme mit Arthrose in den Knien. „Seit Jahren konnte ich kaum Treppen laufen, hangelte mich an jedem Geländer hoch. Ich konnte 20 Minuten gehen, mehr ging nicht. Ich wurde immer dicker – obwohl ich auf eine kalorienbewusste und vegane Ernährung geachtet habe“, sagt sie.
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Als sie über einen Artikel auf die therapeutischen Effekte des Eisbadens aufmerksam wird, beschließt sie, dem Ganzen eine Chance zu geben. Menger ist vom ersten Moment an begeistert. Besonders ein Effekt, den sie der regelmäßigen Kälteexposition zuschreibt, verändert Mengers Leben: „Nachdem ich mit dem Eisbaden angefangen hatte, konnte ich mich das erste Mal seit Jahren wieder schmerzfrei bewegen“, erzählt sie.
25 Kilo Gewichtsverlust: „Eisbaden hat mein Leben verändert“
Mittlerweile geht sie während der Saison drei- bis viermal pro Woche zum Eisbaden, am liebsten im See. Dort genießt sie nicht nur das kalte Wasser, sondern auch die Stille und die Natur. Es sei wie eine Sucht für sie geworden, der Einfluss auf ihren Körper nicht zu übersehen: „Seit diesem Winter sind 25 Kilo runter“, so Menger. „Durch Gewichtsverlust und vor allem auch die Schmerzfreiheit kann ich mittlerweile bis zu zwei Stunden laufen, die gleiche Strecke auch mit dem Rad fahren. Ich habe viel mehr Energie und mache täglich mindestens eine Stunde Sport.“
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Was sagt die Forschung zu den Effekten des Eisbadens?
Doch lassen sich die positiven Effekte, die Sabine Menger beschreibt, auch wissenschaftlich belegen? Wir sprechen mit Charité-Professor Hanns-Christian Gunga. Auch er hat den Trend in den letzten Jahren aufmerksam beobachtet: „Oftmals wird von Anhängerinnen und Anhängern des Eisbadens mit der Aktivierung des sogenannten ‚braunen Fettgewebes‘ argumentiert, wenn es um gesundheitliche Vorteile und einen damit verbundenen Gewichtsverlust geht“, sagt Gunga.
Browning: Umwandlung von weißem zu braunem Fettgewebe
Braunes Fett, auch bekannt als braunes Fettgewebe (BAT), ist eine spezielle Art von Fett, die sich von weißem Fett (WAT) an Bauch und Oberschenkeln unterscheidet. Die Hauptfunktion des braunen Fettes besteht darin, Kalorien aus der Nahrung in Wärme umzuwandeln. Lange Zeit nahm man an, dass nur bestimmte Säugetiere und Babys braunes Fett besitzen, so Gunga. Neuere Erkenntnisse haben gezeigt, dass auch viele Erwachsene darüber verfügen. Das scheint Studien zufolge auch vor Übergewicht zu schützen: Menschen mit viel aktivem braunen Fett sind schlanker als Menschen mit weniger braunem Fett.
Die gute Nachricht: Weiße Fettzellen lassen sich „umprogrammieren“, ein Prozess, der als „Browning“ bekannt ist. Forscher vermuten, dass durch Browning gesundheitliche Probleme wie Fettleibigkeit bekämpft werden können. Denn je höher der Anteil von braunem Fett ist, desto mehr Energie wird durch reine Fettverbrennung unter Freisetzung von Wärme verbraucht. So wird die Körpertemperatur gesteigert und die Ansammlung von überschüssigem Fett reduziert. Aktuelle Studien zeigen, dass Browning zum Beispiel durch gezielte Kälteexposition oder die Gabe bestimmter Hormone möglich ist.
Fettreduktion durch Eisbaden: „Allgemein gültige Aussagen bislang nicht möglich“
Ist regelmäßiges Eisbaden also eine verlässliche Methode, um Fett im Körper zu reduzieren und Gewicht zu verlieren? Ganz so einfach ist es leider nicht. „Zum einen gibt es aus physiologischer Perspektive Unterschiede zwischen ethnischen Gruppen. Man findet etwa in Bevölkerungsgruppen auf dem afrikanischen Kontinent, also in warmen Klimazonen, deutlich weniger oder gar kein braunes Fettgewebe. Bei Menschen aus nordischen, kälteren Ländern deutlich mehr. Evolutionär war es dort ein Vorteil, über solches Fettgewebe zu verfügen: Bei Kälteexposition konnte dadurch zitterfrei Wärme gebildet werden, der Körper kühlte langsamer aus. Diese Unterschiede machen eine Vergleichbarkeit und allgemeine Aussagen zu möglichem Fettverlust durch Kälteexposition schwierig.“
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Gesicherte Erkenntnisse: Schmerzlinderung und Gefäßtraining durch Kälte
Zwar weisen einige Untersuchungen, wie eine Studie eines Forscherteams der Arctic University of Norway darauf hin, dass Eisbaden braunes Fett aktivieren kann, jedoch reichen die Erkenntnisse nicht aus, um allgemeine Richtlinien abzuleiten. „Frau Menger hat sicherlich nicht nur durch regelmäßiges Eisbaden 25 Kilo abgenommen“, sagt Gunga. „Gesichert ist aber: Kühlung kann bei entzündungsbedingter Arthrose sinnvoll sein. Das kennt man aus dem Sport. Auch da wird Kühlung, wie beispielsweise bei Entzündungen nach einer Verletzung oder bei Gelenkproblemen, eingesetzt.“
Positiv ist auch die Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System: Die Gefäßmuskulatur wird beim Eisbaden trainiert und Körper und Immunsystem können sich auf wechselnde Temperaturen schneller anpassen. „Man kühlt also beispielsweise im Winter weniger schnell aus, was den Körper weniger anfällig für Krankheitserreger macht“, erklärt Gunga.
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Wirkung von Eisbaden auf die Psyche
Zudem sei der psychologische Effekt von Eisbaden nicht zu unterschätzen: „Man merkt vielleicht: Das tut mir gut. Ich kann mich besser bewegen, ich kann wieder Sport machen. Man ist stolz, dass man sich zu dieser – erst mal so gar nicht angenehmen – Praxis überwinden kann. Das kann ein ‚Startschuss‘ in ein neues Leben sein und dabei helfen, den Weg auch durchzuhalten“, so Gunga.
Wichtig sei es aber, gewisse Vorsichtsmaßnahmen einzuhalten: „Bevor man mit dem Eisbaden beginnt, sollte man als Erstes Rücksprache mit ärztlichem Fachpersonal halten. Nicht für alle ist Eisbaden gesund und ohne Begleitung sollte man es aus Sicherheitsgründen auch nicht tun.“