Berlin. Wie Nervenzellen in Genitalien funktionieren, ist nicht vollkommen klar. Eine Studie bringt nun neue Erkenntnisse zu Erektionsstörungen.
Eine neue Studie hat erstmals gezeigt, wie bestimmte Nervenenden in Penis und Klitoris winzige Vibrationen erkennen und so aktiviert werden. Ein Vorgang, der schließlich zu einer Erektion der Geschlechtsteile führen kann. Die Erkenntnisse könnten dazu beitragen, eine Behandlung für Erektionsstörungen zu finden. Auch für querschnittsgelähmte Menschen könnten sich neue Behandlungsmethoden ergeben. Die Studie wurde jüngst im Fachjournal „Nature“ veröffentlicht.
Im Fokus der Forscher waren dabei sogenannte Krause-Körperchen, also Nervenenden in Kugelform, die sich direkt unter der Haut befinden. Diese wurden bereits vor mehr als 150 Jahren an menschlichen Genitalien entdeckt, doch bislang nur wenig erforscht. Auch welche Rolle sie beim Sex spielen, ist noch weitgehend unklar. Allerdings ähnelt ihre Struktur jener von Teilchen, die sich auch in menschlichen Händen und Füßen durch Berührungen aktivieren lassen. „Die Forschung ist schwierig, weil viele Leute noch immer Probleme haben, über diese Dinge zu sprechen“, sagte David Ginty, Studienleiter und Neurobiologe an der Harvard Medical School.
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Erektion bei Mäusen: Ohne Krause-Körperchen keine Paarung
Für ihre Studie untersuchten die Forscher die Krause-Körperchen von männlichen und weiblichen Mäusen. Dabei stimulierten sie die Krause-Körperchen der Tiere mit elektrischen Signalen im niederfrequenten Bereich. Besonders aktiv wurden die Nervenenden bei Reizen im Bereich von 40 bis 80 Hertz – viele Sexspielzeuge bewegen sich genau in dieser Spanne.
Eine weitere überraschende Erkenntnis: Die Forscher fanden heraus, dass weibliche und männliche Mäuse etwa gleich viele Nervenenden an ihren Genitalien ausbilden, bei den Weibchen sind diese allerdings aufgrund des Größenunterschieds zwischen Penis und Klitoris deutlich konzentrierter.
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Sex & Stimulation: Welche Rolle spielt das Gehirn?
Die Forscher vermuten zudem, dass die Krause-Körperchen eine wichtige Rolle beim Sex spielen. Um das zu testen, veränderten sie die Genetik einiger Mäuse so, dass diese keine funktionierenden Krause-Körperchen mehr besaßen. Die Folge: Die Mäuse konnten sich nicht mehr normal paaren. Bei gesunden Mäusen hingegen führten Reizungen der Krause-Körperchen bei männlichen Mäusen zu Erektionen und bei weiblichen Mäusen zu Kontraktionen der Vagina.
Laut der Studie stehen die Krause-Körperchen in Verbindung mit einer bestimmten Region der Wirbelsäule. Wird diese stimuliert, löst das sexuelle Erregung aus – selbst wenn vorab die Verbindung zum Gehirn unterbrochen wurde. Das legt nahe, dass sexuelle Stimulation reflexhaft stattfindet. Wie und ob die Teilchen auch mit dem Gehirn in Verbindung stehen und ob sie auch dort zu Erregung führen können, ist noch unklar. Alexander Chesler, Biologe vom National Center for Complementary and Integrative Health in Bethesda, hofft, dass weitere Forschung an den Krause-Körperchen zu neuen Behandlungsansätzen etwa bei Erektionsstörungen führt.
lro