Berlin. Im Mai waren außergewöhnliche Polarlichter über Deutschland zu sehen. Ein Experte verrät, wie die Fotos beim nächsten Mal gelingen.
Polarlichter zu sehen ist ein besonderes Erlebnis: Wenn es dunkel ist, tanzen plötzlich bunte Schleier über den Himmel. Wer in den Genuss des Farbspiels kommen möchte, muss oft weit in den Norden reisen. Im Mai aber war das Spektakel sogar in Deutschland zu sehen: Ein Sonnensturm sorgte für Polarlichter auch bis weit in den Süden des Landes.
Die magisch-anmutenden Lichter begeistern, ziehen viele Hobby-Fotografen an. Sie richtig einzufangen, ist aber gar nicht so einfach. Ein Experte verrät, was bei Polarlicht-Fotografie zu beachten ist.
Wie entstehen Polarlichter?
Hinter dem bunten Spektakel, auch Aurora Borealis genannt, steckt die Sonne: Sie schleudert kleine elektrisch geladene Teilchen durch das All. Bevor diese aber auf die Erde treffen, werden sie vom Erdmagnetfeld abgewehrt. Dadurch wird das Magnetfeld der Erde so verformt, dass die Teilchen mit der Erdatmosphäre zusammenstoßen – besonders nah an den beiden Polen. Durch diesen Aufprall entsteht das bunte Leuchten am Himmel.
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Alle elf Jahre kommt es zu Sonnenstürmen, wobei die Sonne besonders viele Teilchen ins All schleudert. Dann können die Polarlichter sogar in Erdteilen zu sehen sein, die weiter von den Polen entfernt sind, wie etwa im Mai in Deutschland. Der vergangene Sonnensturm hatte 20 Jahre auf sich warten lassen. Zuletzt hatte es vergleichbare Aktivitäten im Oktober 2003 gegeben.
Polarlichter: Welche Regionen eignen sich besonders?
Wer aber nicht so lange warten will, sollte weiter in den Norden (oder Süden) reisen. In skandinavischen Ländern wie Finnland, Schweden und Norwegen werden viele Touren für Urlauber angeboten, die sich auf die Jagd nach den Nordlichtern machen. Auf der südlichen Erdhalbkugel werden die Polarlichter Aurora Australis genannt. Dort sind sie vor allem in Neuseeland, Tasmanien und Südchile zu sehen.
Geograf und Reiseveranstalter für Fototouren Dr. Oliver Schwenn hat sich auf die Polarlichter im Norden fokussiert. Gerade Küstenregionen seien beliebt, um die Polarlichter zu sehen, weiß Schwenn von seinen Reisen. Dort sei das Wetter aber oft launisch und die Wahrscheinlichkeit, dass Wolken aufziehen, höher.
Besonders hoch sind die Chancen auf Polarlichter in Gebieten mit wenig Lichtverschmutzung. Dabei sollte klare Sicht auf den Himmel bestehen und auch die eigene Umgebung möglichst dunkel sein. Wer gute Fotos machen möchte, sollte sich die Orte am besten schon bei Tageslicht anschauen, sagt Schwenn. Dabei komme es auch auf Details an, die die Bilder spannender machen: Etwa ein alter, verknöcherter Baum oder ein See, der die Polarlichter spiegelt. Vermieden werden sollten Gegenden in der Nähe von befahrenen Straßen oder Laternen.
Wann sollte man auf Polarlicht-Jagd gehen?
Die Polarlichter sind im Norden im Herbst, Winter und Frühling zu beobachten. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte Vorhersagen im Internet oder per App überprüfen. Im Sommer besteht im Norden keine große Hoffnung auf Polarlichter. „Durch die Mitternachtssonne ist es zu hell, auch wenn die solare Aktivität recht hoch ist“, erklärt Schwenn.
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Wer auf der südlichen Erdhalbkugel auf Polarlichter hofft, sollte am besten zwischen März oder September reisen. Hier sind die Lichter aber nicht so häufig zu sehen wie im Norden.
Polarlichter über Deutschland: Chancen dieses Jahr stehen gut
Nach den Sonnenstürmen im Mai ist fraglich, wann das nächste mal wieder bunte Schleier über Deutschland ziehen könnten. Ganz aufgeben sollte man die Hoffnung aber nicht: Die Sonne nähert sich aktuell noch ihrem Aktivitätsmaximum. Deswegen schließen Experten erneute Polarlichter über Deutschland nicht aus.
Schwenn empfiehlt insbesondere die Küstenregionen an der Nord- oder Ostsee, um in Deutschland Polarlichter zu sehen. Ähnliche Polarlichter wie im Mai hält er aber für unwahrscheinlich: „Das war ein Jahrhundert-Ereignis.“
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Fotos von Polarlichtern: Welche Ausrüstung sollte dabei sein?
Wer Profi-Fotos von dem Lichtspektakel machen will, braucht eine gute Kamera. Schwenn empfiehlt eine Vollformatkamera, da sie ein besonderes Rauschverhalten bietet. Alternativ sind auch Kameras mit APS-C geeignet. Außerdem sei auf eine lichtstarke Linse zu achten. „Ich empfehle Minimum eine 2,8er Lichterstärke, idealerweise sogar darunter“, gibt Schwenn preis. Der Experte selbst verwendet eine 14 Millimeter Linse mit 1,4 Offenblende.
„Ganz wichtig ist es, ein stabiles Stativ dabei zu haben, da die Bilder sonst verwackeln“, rät Schwenn. Auch ein Kugelkopf auf dem Stativ sei wichtig, um die Kamera schnell in alle Himmelsrichtungen schwenken zu können. Der Kameragurt sollte aber besser Zuhause gelassen werden. „Wenn der Gurt im Wind flattert, kann das zu Verwacklungen führen,“ gibt Schwenn zu bedenken.
Welche Einstellungen an der Kamera sind die Richtigen?
Entscheidend neben der Ausrüstung sind die richtigen Einstellungen an der Kamera. Dabei gebe es nach Schwenn zwei entscheidende Faktoren: Die Zeit und die ISO-Zahl. „Ich sage immer: Die ISO-Zahl sollte so niedrig wie möglich, aber so hoch wie nötig sein“, verrät der Fotoprofi. Die genaue Zahl sei davon abhängig, wie sich das Polarlicht verhält. „Bei wenig Aktivität kann man sich Belichtungszeiten von 25 bis 30 Sekunden erlauben. Ist aber viel Bewegung in den Lichtern, dann muss die Zeit möglichst kurz gehalten werden.“ Dann sollte lediglich zwischen drei bis acht Sekunden belichtet werden. Eine Faustformel gebe es laut Schwenn bei den richtigen Einstellungen aber nicht: „Das muss man sich vor Ort angucken.“
Auch sollten Polarlicht-Fotografen darauf achten, die Automatikfunktion vorher auszustellen. „Die Einstellung der Kamera sollte immer auf manuell sein“, erklärt Schwenn. Wer mit Autofokus fotografiert, solle immer wieder darauf achten, den unendlichen Punkt der Linse zu fixieren. Auch bei manuellem Fokus hat Schwenn einen Profi-Tipp: Die ausgewählte Einstellung mit Tontechniker-Klebeband festkleben. So kann im Dunkeln nicht aus Versehen die Linse verstellt werden.
Polarlichter mit dem Handy fotografieren
Auch mit dem Handy lassen sich die bunten Farben einfangen. Ähnlich wie bei einer guten Kamera sollte darauf geachtet werden, das Handy möglichst ruhig zu halten und die Belichtungszeit zu erhöhen. Besonders wichtig sei es, die Fotos vorher in den Einstellungen auf RAW zu stellen. JPEG Bilder könnten im Nachgang nur rudimentär bearbeitet werden, RAW-Fotos hingegen deutlich besser, so Schwenn.
Fotos von Polarlichtern richtig bearbeiten
Die Bearbeitung sei bei Polarlicht-Fotografie besonders wichtig, sagt Schwenn: „Das ist Fotografie im Grenzbereich. Es ist sehr dunkel und man fotografiert Farben, die das menschliche Auge so bunt gar nicht wahrnehmen kann.“ Schwenn rät, am besten noch in der Nacht ein paar Bilder zu bearbeiten, damit sie mit den Sinneseindrücken vor Ort bestmöglich übereinstimmen.
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Der erste Schritt bei der Bearbeitung sei das Entrauschen, so der Fotograf. Dafür gebe es inzwischen verschiedene Programme, die das automatisch mit einem Klick machen können. Im zweiten Schritt sollten laut Schwenn die einzelnen Bereiche auf dem Bild bearbeitet werden. Ist etwa ein Detail nur als schwarze Silhouette zu erkennen, können Strukturen durch mehr Tiefe hinzugefügt werden.