Washington. Wer widerspricht eigentlich noch dem neuen Präsidenten? Der Widerstand lebt, ist aber noch klein und wirkt verunsichert.

„Jeder will mein Freund sein”, sagte Donald Trump im Dezember bei einer Pressekonferenz. Die Selbsteinschätzung des neuen, alten US-Präsidenten trügt. Trotz größerer Machtfülle und politischem Freispiel (doppelte republikanische Mehrheiten im Kongress) regt sich nach Wochen der Paralyse an vielen Orten zaghaft die Opposition. Wo sind die Zentren des Widerstands, die Trump 2.0 bremsen könnten?

USA: Die Kirchen, die mutige Bischöfin und ihre Gardinenpredigt für Trump

Mariann Edgar Budde war bisher nur Kirchen-Insidern bekannt. Seit die Bischöfin der Episkopalkirche Amerikas Donald Trump am Dienstag in der Kathedrale von Washington eine gleichermaßen respektvolle wie beinharte Gardinenpredigt über den Umgang mit gesellschaftlichen Minderheiten hielt, ist die Frau weltbekannt. Mit versteinerter Miene saßen Trump und seine Familie im Kirchenschiff, als Budde den Präsidenten eindringlich beschwor, „Erbarmen mit den Menschen in unserem Land zu haben, die jetzt Angst haben”.

Budde meinte homosexuelle Menschen und trans Kinder, „die jetzt um ihr Leben fürchten”. Weil Trump per Dekret verfügt hat, dass es künftig nur noch zwei Geschlechter und nichts dazwischen gibt: Mann und Frau. Auch wie die Geistliche in Bezug auf Trumps Massendeportationspläne über illegale Immigranten sprach, „die unsere Ernte einfahren und unsere Bürogebäude reinigen, die in Geflügelfarmen und Fleischverpackungsbetrieben arbeiten, die in Restaurants das Geschirr nach dem Essen abwaschen und in Krankenhäusern Nachtschichten übernehmen”, nötigte vielen Zuschauern Respekt ab und wurmte Trump, der die Bischöfin eine „radikale Linke” nannte, die sich bei ihm entschuldigen müsse.

Buddes Rede wurde international teilweise als „leuchtendes Beispiel” dafür gewertet, wie man Trump wirkungsvoll die Stirn bieten könne. „Andere Kirchenvertreter sollten sich daran ein Beispiel nehmen”, sagte ein katholischer Priester in Bethesda dieser Zeitung.

National Cathedral Holds A Service Of Prayer For The Nation
Bischöfin Mariann Edgar Budde nahm in ihrer Predigt kein Blatt vor den Mund und las dem neuen US-Präsidenten Donald Trump die Leviten. © Getty Images via AFP | Chip Somodevilla

Die Demokraten – de facto führungslos, aber mit Widerstandskraft

Auch wenn die Partei nach dem Abgang von Joe Biden und Kamala Harris de facto führungslos ist, gibt es Widerstandskraft. Im Repräsentantenhaus wie im Senat werden die Anführer Hakeem Jeffries und Chuck Schumer, da, wo es Erfolg verspricht, Trump in den Arm fallen und mit „Nein” stimmen, heißt es aus der demokratischen Parteizentrale. Dazu kommen Gouverneure wie Gavin Newsom (Kalifornien), Gretchen Whitmer (Michigan), Josh Shapiro (Pennsylvania), J. B. Pritzker (Illinois), die angekündigt haben, sich nicht von der Zentralregierung herumschubsen zu lassen. Sie sind dabei, ihre bundesstaatlichen Programme „Trump-sicher” zu machen.

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Die Gerichte: Auf die Justiz rollen zahlreiche Klagen zu

Trump wird auf vielen Ebenen den „Trigger” der Justiz auslösen. Zum Beispiel bei seiner frischen Anordnung, Bedienstete von Städten und Gemeinden strafrechtlich zu verfolgen, die sich seinem Mega-Projekt Massenabschiebungen widersetzen. Eine Anweisung an das offiziell noch führungslose Justizministerium hat in „Zufluchtsstädten”, die einen harten Umgang mit Migranten und der Einwanderungs-Polizei ablehnen, bereits Alarm ausgelöst. Dort machen sich Anwälte bereit, gegen Eingriffsversuche der Regierung in Washington den Rechtsweg zu mobilisieren. Sie sind nicht pessimistisch. In Trumps erster Amtszeit verlor er 80 Prozent der Fälle, wenn Zivilklagen gegen die Regelungswut seiner Behörden eingereicht wurden.

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Die Bundesstaaten leisten Widerstand gegen die Änderung des Geburtsrechts

Die Justizminister von über 20 demokratisch regierten Bundesstaaten haben Trump die erste Klage eingebracht. Sie wird bereits Seattle verhandelt. Es geht um die präsidiale Verfügung, das Geburtsrecht zu ändern. Kinder von illegalen Einwanderern, die in den USA zur Welt kommen, sollen künftig nicht mehr automatisch die amerikanische Staatsbürgerschaft erhalten.

Die Regel ist durch die Verfassung geschützt (14. Zusatzartikel) und kann nach Angaben von Rechtsexperten im Washington nur durch eine derzeit illusorische Zweidrittel-Mehrheit im Kongress aufgehoben werden. Trump weiß das. Er versucht trotzdem, ein Thema zu setzen, das integraler Bestandteil seines Feldzugs gegen illegale Einwanderer und Asylsuchende ist. Die Bundesstaaten sind es auch, die gegen Trumps Rolle rückwärts beim Klimaschutz regional vorgehen können. Ob sie es tun werden, wenn Trump Finanztöpfe des Bundes als Erpressungsmittel einsetzt, ist offen.

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Die Bürgerrechtsorganisationen, Verbände und Gewerkschaften sind auf Trump vorbereitet

Die „American Civil Liberties Union” (ACLU) hat sich seit Monaten auf eine zweite Trump-Präsidentschaft vorbereitet. Anwälte stehen mit Klagen parat, etwa wenn es um Abschiebungen geht. Das gilt auch für Interessengruppen von Frauen, die sich auf weitere Einschränkungen im Bereich Abtreibung einstellen. Drei Gruppen – „Public Citizen”, „State Democracy Defenders Fund” und „American Federation of Government Employees” – haben bereits in dieser Woche gegen Trumps Lieblingsspielzeug zur Reduzierung der Staatsausgaben geklagt. Das von Trump informell eingerichtete „Department of Government Efficiency“ unter der Leitung von Multi-Milliardär Elon Musk verstoße gegen Gesetze, die es Privatpersonen verbieten, zentrale Rollen in Entscheidungsprozessen der US-Regierung zu übernehmen, ohne dass die Öffentlichkeit transparent unterrichtet wird.

Die Mega-Republikaner – einige versagte Trump die Gefolgschaft

In beiden Kammern des Kongresses, den Trump für viele Gesetzesvorlagen benötigt, haben die Republikaner hauchdünne Mehrheiten. Trump kann sich nur eine Handvoll Abweichler leisten. Es gibt aber über ein Dutzend als wenig kompromissbereit bekannte Parlamentarier, die Trump schon mehrfach die Gefolgschaft versagt haben. Ziehen sie demnächst bei wichtigen Abstimmungen über das Staats-Budget durch, ist Trump der Gekniffene. Außerparlamentarisch könnte der ehemalige Chef-Trump-Berater Steve Bannon Sand ins Getriebe streuen. Er neidet Elon Musk den Platz an der Sonne neben Trump und will den Milliardär wegboxen.

Steve Bannon
Außerhalb des Parlaments könnte Steve Bannon, Trumps ehemaliger Chef-Stratege, Sand ins Getriebe streuen. © DPA Images | Julia Nikhinson

Die Medien – das krische Lager ist kleiner geworden, aber aktiv

Große Medienhäuser wie die „New York Times“ halten sich weiter Kommentatoren, die Trump jeden Tag in der Sache zerpflücken. Auch TV-Sender wie MSNBC und CNN sind nicht mit Pauken und Trompeten ins Lager eines Mannes übergewechselt, der zuletzt andeutete, dass es ihm nichts ausmachen würde, wenn Reporter erschossen würden. Der damit drohte, Journalisten, Redakteure und Verleger, die sich weigern, vertrauliche Quellen preiszugeben, ins Gefängnis zu stecken. Und der Nachrichtenorganisationen, die wenig vorteilhaft über ihn berichteten, die Sendelizenz entziehen lassen will. Eine kritische Öffentlichkeit, wenn auch kleiner als 2017, wird es weiter geben. Trump ist nicht allein.