Berlin. Die USA wählen den Präsidenten. Das Amt unterscheidet sich fundamental vom deutschen Staatsoberhaupt. Welche Unterschiede gibt es noch?
- Die USA wählen am 5. November ihren neuen Präsidenten
- Das Amt hat besonders viel Macht, ist in Teilen vergleichbar mit dem des Bundespräsidenten
- Welche Unterschiede hat das US-Wahlsystem im Vergleich mit Deutschland?
Alle vier Jahre wählen die Amerikaner ihren Präsidenten, während in Deutschland das Staatsoberhaupt, der Bundespräsident, für fünf Jahre im Amt bleibt. Doch die Unterschiede zwischen den Wahlsystemen beider Länder gehen weit über die Amtszeiten hinaus. Was sind die entscheidenden Unterschiede und Gemeinsamkeiten? Ein Vergleich.
Bundespräsident und US-Präsident: Wo liegen die größten Unterschiede?
Zunächst einmal beginnen die Unterschiede schon beim Amt und bei der Gewaltenteilung an sich. Der US-Präsident ist Staatsoberhaupt und Regierungschef in einem. Er regiert in Personalunion, hat besonders viel Macht.
Im Gegensatz dazu hat der Bundespräsident in Deutschland als Staatsoberhaupt vor allem repräsentative Aufgaben. Er steht als Symbol für den Staat, ohne wirklich in die Tagespolitik eingebunden zu sein. Als Exekutive fungieren dagegen die Bundesregierung und ihre Behörden. Sie werden vom Bundeskanzler kontrolliert, der deutlich mächtiger ist als der Bundespräsident.
Auch die Wahlsysteme sind grundverschieden. In Deutschland wird per Verhältniswahlrecht gewählt, in den USA per Mehrheitswahlrecht.
USA: Wie wird in den Vereinigten Staaten gewählt?
In den USA bestimmen die Wählerinnen und Wähler mit ihrer Stimme, wen sie sich für das Amt des Präsidenten wünschen. Doch sie wählen ihn nicht direkt: Vielmehr gibt es pro Bundesstaat eine gewisse Anzahl an Wahlleuten. Wie viele das sind, hängt von der Einwohnerzahl des Staates ab.
Diese Wahlmänner und -frauen wählen den Präsidenten. Sie sind aber größtenteils an die Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger in ihrem Bundesstaat gebunden. Dabei gilt das sogenannte Mehrheitswahlrecht: Der Kandidat, der in einem Bundesstaat die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler von sich überzeugen kann, erhält am Ende die Stimmen aller Wahlmänner und -frauen aus diesem Gebiet.
Das kann zu mitunter irritierenden Situationen führen. Möglich ist etwa, dass in einem Bundesstaat 51 Prozent der Wählerinnen und Wähler für Kandidat A und 49 Prozent für Kandidat B stimmen – und dennoch Kandidat A alle Stimmen der Wahlmänner und -frauen erhält. Denn: Die Mehrheit bestimmt, wer die Stimmen des "electoral college", das aus den Wahlmännern und -frauen besteht, erhält. Man sagt auch: "The winner takes it all".
Landesweit hat das die Auswirkung, dass nicht zwingend der Kandidat die US-Wahl gewinnt, der mehr Stimmen der Bürgerinnen und Bürger erhält. Bei der Wahl 2016 erhielt Hilary Clinton fast drei Millionen Stimmen mehr als Donald Trump. Doch aufgrund des Wahlsystems zog Trump ins Weiße Haus ein.
Vom Prinzip des Mehrheitswahlrechts gibt es jedoch auch Ausnahmen:
- In Maine und Nebraska werden nur zwei Wahlmänner und -frauen nach dem Prinzip „The winner takes it all“ entsandt.
- Die übrigen werden mit relativer Mehrheitswahl für einen Wahlkreis des Repräsentantenhauses gewählt. Allerdings ist die Anzahl begrenzt: Maine entsendet nur vier Wahlmänner und -frauen, Nebraska fünf.
- Und doch kommt es so zustande, dass sich das Bild etwas weitet. In Maine erhielt 2016 Hillary Clinton drei Wahlmännerstimmen, eine ging aber auch an Donald Trump.
Die gewählten Wahlmänner und -frauen übergeben am 14. Dezember die versiegelten Stimmzettel an den Vorsitzenden des US-Senats, den Vizepräsidenten. Ausgezählt werden die Stimmen am 6. Januar in einer gemeinsamen Sitzung von Senat und Repräsentantenhaus. Erst danach gilt das Staatsoberhaupt offiziell als gewählt. Die Amtseinführung findet schließlich am 20. Januar statt.
Swing States: Was hat es mit den "wechselnden" Bundesstaaten auf sich?
In den USA gibt es klassische Hochburgen von Demokraten und Republikanern. Kalifornien, New York und Illinois gelten beispielsweise als klassische Demokraten-Staaten, die Rede ist bisweilen von der „Blue Wall“, der blauen Wand. Dort wird immer der demokratische Kandidat gewählt.
Die Republikaner dominieren dagegen seit Jahrzehnten etwa in Texas, Alabama und South Carolina. Ohnehin ist der Süden und auch der Mittlere Westen eine Hochburg der Republikaner. Im Normalfall gibt es für die politischen Gegner in diesen Staaten nicht viel zu holen. Entsprechend verlagert sich der Fokus.
Entscheidend werden die Staaten, bei denen es erfahrungsgemäß knapp zugeht, die sogenannten „Swing States“. Dort wird der Wahlkampf meist besonders intensiv geführt, denn an ihnen entscheidet sich die Wahl.
Ein klassischer Swing States war lange Florida. 30 Wahlmänner und -frauen entsendet der südöstlichste Bundesstaat und hat damit ein hohes Gewicht. Besonders dramatisch war es im Jahr 2000: Über einen Monat mussten in Florida die Stimmen ausgezählt werden. Am Ende lag George W. Bush mit 537 Stimmen vor Herausforderer Al Gore und wurde der 43. Präsident der Vereinigten Staaten. Inzwischen hat sich Florida aber zu einer Hochburg der Republikaner entwickelt.
USA: Was ist der Unterschied zum deutschen Wahlsystem?
In Deutschland wird nach dem sogenannten personalisierten Verhältniswahlrecht gewählt, das streng genommen ein Mischsystem aus Verhältniswahl- und Mehrheitswahlrecht ist. Jeder Wähler hat dabei zwei Stimmen. Mit der ersten Stimme werden die Abgeordnete in 299 Wahlkreisen gewählt. Gewinnt ein Abgeordneter einen Wahlkreis, holt also die meisten Stimmen, ist ihm der Einzug in den Bundestag sicher – ein eigentlich klassisches Element einer Mehrheitswahl und wie in den USA.
Nun hat jeder Wähler aber noch eine Zweitstimme und dabei zeigt sich, warum in Deutschland von einem „personalisierten Verhältniswahlrecht“ die Rede ist. Mit dieser wählt er eine Partei und somit die Zusammensetzung des Deutschen Bundestages. Jede Partei, die mindestens fünf Prozent erhält, zieht in den Bundestag ein. Aus den Zweitstimmen, die auf sie entfallen, wird die Verteilung der Sitze im Bundestag berechnet.
Ein weiteres wichtiges Element sind die Landeslisten der Parteien. Wenn feststeht, wie viele Sitze auf die jeweilige Partei entfallen, entsendet die Partei die Kandidaten in der Reihenfolge der Liste in den Bundestag. Jede Partei in jedem Bundesland erstellt dabei eine eigene Liste. Je nach Anteil der Stimmen im jeweiligen Bundesland werden dann die Abgeordneten entsandt.
Deutschland: Wie wird die Kanzlerin oder der Kanzler gewählt?
Die Bundeskanzlerin oder der Bundeskanzler wird vom Bundespräsidenten vorgeschlagen und von den Abgeordneten gewählt. Nötig ist dafür eine absolute Mehrheit, also mindestens die Hälfte der Stimmen der im Bundestag vertretenen Abgeordneten plus einer zusätzlichen Stimme.
Bisher wurden alle Bundeskanzler in der Geschichte der Bundesrepublik im ersten Wahlgang gewählt. Denn vor der Kanzlerwahl bilden die Parteien in der Regel Koalitionen, mit der sie eine absolute Mehrheit im Bundestag auf sich vereinen. Sollte aber ein Kanzlerkandidat im ersten Wahlgang nicht die nötige Mehrheit haben, würde ein zweiter Wahlgang notwendig werden. Auch hier ist eine absolute Mehrheit notwendig. Wird auch diese nicht erzielt, reicht in der 3. Runde eine einfache, also eine relative Mehrheit. Das wäre der Fall bei einer sogenannten Minderheitsregierung.
Bürger: Wer darf in den USA und in Deutschland wählen?
Sowohl in den USA als auch in Deutschland sind Bürger wahlberechtigt, wenn sie das Alter von 18 Jahren überschritten haben. Im Gegensatz zu Deutschland müssen sich die Wähler in den USA für die Wahl registrieren. Das Problem: In einigen Bundesstaaten ist dafür ein Ausweis des jeweiligen Staats mit Foto nötig – den hat in den USA jedoch nicht jeder. Tendenziell sind es vor allem ärmere Bürgerinnen und Bürger, die das Dokument nicht besitzen. Sie werden also von der Wahl ausgeschlossen.
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