Berlin. In ihren Memoiren schreibt die Bundeskanzlerin a.D. über wichtige Gespräche ihrer Amtszeit. So denkt sie über Trump, Putin und Schröder.
Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erinnert sich in ihren am Dienstag erscheinenden Memoiren an ihr erstes Treffen mit dem damals neu gewählten US-Präsidenten Donald Trump: Dieser fragte sie im Oval Office des Weißes Hauses 2017 nach ihrem Verhältnis zu Wladimir Putin: „Der russische Präsident faszinierte ihn offenbar sehr. In den folgenden Jahren hatte ich den Eindruck, dass Politiker mit autokratischen und diktatorischen Zügen ihn in ihren Bann zogen“, schreibt Merkel.
Die anschließende Pressekonferenz gestaltete sich schwierig. Trump habe Deutschland Vorhaltungen gemacht, sie habe mit Zahlen und Fakten geantwortet. „Wir redeten auf zwei unterschiedlichen Ebenen. Trump auf der emotionalen, ich auf der sachlichen... Eine Lösung der angesprochenen Probleme schien nicht sein Ziel zu sein“, erinnert sie sich. „Es kam mir vor, als ob er es darauf anlegte, seinem Gesprächspartner ein schlechtes Gewissen zu machen. Als er merkte, dass ich energisch dagegenhielt, beendete er unvermittelt seine Tirade und wechselte das Thema. Gleichzeitig wollte er, so mein Eindruck, seinem Gesprächspartner auch gefallen.“
Demnach hat Trump alles aus der Perspektive des Immobilienunternehmers gesehen, der ein Grundstück haben wolle. „Für ihn standen alle Länder miteinander in einem Wettbewerb, bei dem der Erfolg des einen der Misserfolg des anderen war. Er glaubte nicht, dass durch Kooperation der Wohlstand aller gemehrt werden konnte“, heißt es in Merkels Autobiografie mit dem programmatischen Titel „Freiheit“. In dieser beschreibt sie denkwürdige Begegnungen mit dem damaligen und künftigen US-Präsidenten Trump, Russlands Präsidenten Wladimir Putin oder SPD-Kanzler Gerhard Schröder.
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Angela Merkel verteidigt in Biografie Haltung zur Ukraine
In ihren Memoiren bezieht Merkel auch Position zu aktuellen Entwicklungen: So bekennt sie etwa, dass sie sich bei der US-Präsidentschaftswahl einen Sieg der demokratischen Bewerberin Kamala Harris gewünscht habe, und zwar „von Herzen“, wie sie schreibt. Die „Zeit“ konnte vorab Auszüge aus Merkels Autobiografie veröffentlichen.
Bis heute vorgehalten wird der Ex-Kanzlerin ihre Politik gegenüber der Ukraine. Wie Merkel in ihrem Buch schreibt, habe sie den Wunsch des Landes nach einem schnellen Nato-Beitritt auszubremsen versucht, weil sie bereits damals eine militärische Antwort Russlands befürchtete. Über den entscheidenden Nato-Gipfel 2008 in Bukarest, als es um einen Plan für einen Beitrittskandidaten-Status der Ukraine und Georgiens ging, schreibt sie: „Ich verstand den Wunsch der mittel- und osteuropäischen Länder, so schnell wie möglich Mitglied der Nato zu werden.“ Aber: „Die Aufnahme eines neuen Mitglieds sollte nicht nur ihm ein Mehr an Sicherheit bringen, sondern auch der Nato.“
Dabei sah sie Risiken hinsichtlich der vertraglich abgesicherten Präsenz der russischen Schwarzmeerflotte auf der ukrainischen Halbinsel Krim. „Eine solche Verquickung mit russischen Militärstrukturen hatte es bislang bei keinem der Nato-Beitrittskandidaten gegeben. Außerdem unterstützte damals nur eine Minderheit der ukrainischen Bevölkerung eine Mitgliedschaft des Landes in der Nato“, erinnert sie sich.
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„Ich hielt es für eine Illusion anzunehmen, dass der MAP-Status (Beitrittskandidaten-Status) der Ukraine und Georgien Schutz vor Putins Aggression gegeben hätte, dass also dieser Status so abschreckend gewirkt hätte, dass Putin die Entwicklungen tatenlos hingenommen hätte. Wäre es damals im Ernstfall vorstellbar gewesen, dass die Nato-Mitgliedstaaten militärisch – mit Material wie mit Truppen – geantwortet und eingegriffen hätten? Wäre es vorstellbar gewesen, dass ich als Bundeskanzlerin den Deutschen Bundestag um ein solches Mandat auch für unsere Bundeswehr gebeten und dafür eine Mehrheit bekommen hätte?“
Am Ende stand ein Kompromiss, der aber einen Preis hatte, wie Merkel schreibt: „Dass Georgien und die Ukraine keine Zusage für einen MAP-Status bekamen, war für sie ein Nein zu ihren Hoffnungen. Dass die Nato ihnen zugleich eine generelle Zusage für ihre Mitgliedschaft in Aussicht stellte, war für Putin ein Ja zur Nato-Mitgliedschaft beider Länder, eine Kampfansage.“
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Merkel über Schröders Auftritt in der Elefantenrunde 2005
Denkwürdig war auch die Szene, mit der Merkel 2005 ins Amt kam: als nämlich der damalige SPD-Kanzler Gerhard Schröder in der Fernsehrunde am Abend der Bundestagswahl seine Niederlage nicht eingestehen wollte und der – allerdings denkbar knappen – Siegerin in rauem Ton sagte, seine Partei werde ihr niemals als Koalitionspartner ins Kanzleramt verhelfen.
„Ich selbst saß da, als wäre ich gar nicht Teil des Ganzen, sondern als schaute ich mir zu Hause vor dem Fernseher die Szene an. Immer wieder sagte ich mir: Begib dich nicht mit den anderen in den Clinch, dann fängst du auch noch an, dich im Ton zu vergreifen. Mir war vollkommen klar, dass ich etwas Besonderes erlebte, aber alles lief eher unbewusst ab. Ich bezweifelte sehr, ob Gerhard Schröder einem Mann gegenüber genauso aufgetreten wäre“, erinnert sich die Frau, die danach noch 16 Jahre lang regieren sollte, davon zwölf mit der SPD als Koalitionspartner.
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