Berlin/Washington. Wie steht es drei Monate vor der Wahl im Duell von Kamala Harris gegen Ex-Präsident Donald Trump? Die Chancen im Schnell-Check.
Die Demokratin Kamala Harris hat den US-Präsidentschaftswahlkampf aufgemischt. Der Rückstand zum republikanischen Kandidaten Donald Trump wird immer kleiner. Wie viel Geld haben die beiden Kontrahenten in ihrer Kriegskasse, wer unterstützt sie, wie fit und belastungsfähig sind sie? Ein Überblick.
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Die Kriegskasse:
Die Wahlkampfquellen sprudeln: Nach dem Rückzug von Joe Biden sammelte Kamala Harris innerhalb von einer Woche 200 Millionen Dollar an Spenden ein. Zwei Drittel davon kämen von Erstspendern, erklärte das Harris-Team. Der Betrag addiert sich zu den 95 Millionen Dollar, die bis Ende Juni in der Kriegskasse von Biden waren. Nach Angaben der Bundesbehörde Federal Election Commission (FEC) verfügte der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump Ende Juni über 128 Millionen Dollar an Spenden.
Die Vizekandidaten:
Bis zum 7. August will Harris ihren „Running Mate“ benennen. Die Demokratin, die aus dem linksliberalen Kalifornien kommt, braucht als Vize ein eher konservatives Gegengewicht. Das Rennen um das Weiße Haus wird in den heiß umkämpften Swing States wie Pennsylvania, Michigan, Wisconsin oder Arizona entschieden.
Einer der Favoriten für das Team Harris ist Josh Shapiro. Der 51-jährige Gouverneur von Pennsylvania gilt als moderat. Laut Umfragen stößt er nicht nur bei Demokraten, sondern auch bei einem Drittel der Trump-Wählerschaft auf Zustimmung. Gute Chancen hat auch Andy Beshear, seit 2019 Gouverneur des konservativen Bundesstaats Kentucky. Der „liebenswerte Kampfhund“, wie ihn die „New York Times“ nennt, spricht die weiße Arbeiterschaft ebenso an wie ländliche Wähler. Gleichzeitig hat er als Unterstützer des Rechts auf Abtreibung Glaubwürdigkeit bei Progressiven.
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Im Sonnengürtel mit seiner wachsenden Latino-Bevölkerung steht Mark Kelly, seit 2020 Senator für Arizona, oben auf der Liste. Als ehemaliger Astronaut und Kampfjetpilot der US-Luftwaffe hat der 60-Jährige einen Star-Appeal, der über seinen Bundesstaat hinausgeht. Weitere Kandidaten, die genannt werden, sind die Gouverneure Roy Cooper (North Carolina), Tim Walz (Minnesota) und Wes Moore (Maryland).
Donald Trump hat seine Wahl mit J. D. Vance, dem Senator aus Ohio, getroffen. Der 39-jährige Vizepräsidentschaftskandidat soll durch seine Herkunft aus der Arbeiterschicht vor allem im heftig umkämpften Mittleren Westen punkten. Jedoch ist Vance derzeit nicht mehr unumstritten, möglich, dass Trump den Job noch mal neu vergibt.
Gesundheit und Fitness:
Harris joggt regelmäßig. Bei öffentlichen Auftritten wirkt die 59-Jährige agil und frisch. Zwischen ihr und dem 81-jährigen Biden liegen Welten. Ihre Mutter, die Biomedizinerin Shyamala Gopalan, starb 2009 an Darmkrebs. Ein Ereignis, das Harris bis heute prägt. Auch deshalb fordert sie einen massiven Ausbau der Krankenversicherung.
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Mitte November veröffentlichte Trump ein kurzes Schreiben seines Arztes: Der Republikaner sei bei „ausgezeichneter“ Gesundheit, hieß es darin. Aber auch der 78-Jährige hat immer wieder mentale Aussetzer. So verwechselte er die ehemalige republikanische Präsidentschaftsbewerberin Nikki Haley mit der demokratischen Strippenzieherin Nancy Pelosi.
Umfragen:
Die Demokraten holen mit Harris offenbar ihren Rückstand auf. Nach der amerikanischen Umfragen-Webseite Fivethirtyeight liegt Trump in wichtigen Swing States wie Michigan, Arizona, Nevada, North Carolina und Georgia nur knapp vor Harris. In Pennsylvania und Wisconsin liefern sich beide ein Patt. Laut einer „New York Times“/Siena-College-Umfrage führt Trump auf nationaler Ebene mit zwei Prozentpunkten. Anfang Juli hatte er gegenüber Biden noch einen Vorsprung von acht Prozentpunkten.
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Harris gelingt es offenbar, traditionelle Wählergruppen der Demokraten zu mobilisieren, die Biden zum Teil verloren hat: Frauen, Junge, Schwarze und Latinos. Um zu gewinnen, bräuchte sie aber auch Teile der weißen Arbeiterschaft – so, wie dies Biden 2020 gelungen ist.
Unterstützer:
Hollywood und die Musikwelt stehen bei Harris Schlange. Die Schauspielikonen George Clooney, Barbra Streisand und Robert De Niro stellten sich umgehend hinter die Demokratin. Die Pop-Sängerin Beyoncé hat die Verwendung ihres Songs „Freedom“ für Harris‘ Wahlkampf autorisiert. Die Sängerinnen Katy Perry und Ariana Grande reihten sich in den sozialen Medien ebenfalls in den Jubelchor ein.
In der Familie kann Harris auf den Rückhalt durch Ehemann Doug Emhoff bauen. Der 59-jährige Anwalt ist seit Januar 2021 der erste „Second Gentleman“ in der US-Geschichte. Emhoff begleitet Harris regelmäßig zu offiziellen Terminen und reist mit ihr im Wahlkampf durchs Land.
Doch auch Trump hat prominente Unterstützer. So bezeichnete Tesla-Chef Elon Musk den Republikaner als „toughesten“ Kandidaten seit Theodore Roosevelt (US-Präsident von 1901 bis 1909). Aus der Schauspielerriege bekommt Trump Rückendeckung durch die Action-Stars Chuck Norris und Jean-Claude van Damme. Hinzu kommen Idole, die vor allem weiße Männer ansprechen: Dana White, Veranstalter der Mixed Martial Arts (MMA), der Wrestler Hulk Hogan oder der ehemalige Boxweltmeister Mike Tyson.
Die Familie unterstützt Trump nur zum Teil. Ehefrau Melania und Tochter Ivanka nahmen zwar am Nominierungsparteitag der Republikaner in Milwaukee teil, gaben aber keine „Testimonials“ auf offener Bühne. Das übernahmen die Trump-Söhne Donald und Eric. Letzterer ist mit Lara Trump verheiratet, der Co-Vorsitzenden des nationalen Organisationsgremiums der Republikanischen Partei.
Commander in Chief:
Mehr als 350 ehemalige Führungskräfte der nationalen Sicherheit – darunter auch einige Republikaner – sprachen sich in einem offenen Brief für Harris aus. Sie sei die „bestqualifizierte Person“ als Commander in Chief. Doch Harris‘ Fähigkeiten als Oberkommandierende sind unerprobt – die Vizepräsidentin steht laut Jobbeschreibung im Schatten des Staatschefs.
Trump präsentiert sich gern als Alphatier, vor dessen Macht die Welt erzittert. Die noch immer unangefochtene Stärke des US-Militärs sowie seine Unberechenbarkeit verschaffen Trump zwischen Moskau, Teheran und Peking ein gewisses Maß an Respekt.
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Da er in einer zweiten Amtszeit sehr wahrscheinlich nur noch von lupenreinen Gefolgsleuten umgeben sein wird, steigt der Unsicherheitsfaktor. So ist nicht auszuschließen, dass Trump Militäraktionen startet – etwa gegen das Mullah-Regime, um ein iranisches Atombombenprogramm zu verhindern. Allerdings hat Trump in seiner ersten Amtszeit keinen Krieg begonnen und ist getreu dem Motto „America First“ eher ein Isolationist.
Selbstkontrolle:
Kamala Harris hat als Staatsanwältin in Kalifornien gelernt, auf den Punkt zu argumentieren. Emotionale Ausfälle sind von der Juristin nicht bekannt. Wie belastungssicher Harris wirklich ist, müsste sie im Top-Job im Weißen Haus beweisen.
Trump und Selbstkontrolle: Das ist wie Feuer und Wasser. Egomanie, Narzissmus und Rache sind zentrale Triebfedern des 78-Jährigen. Ehemalige Mitarbeiter, die ihm nicht ewige Loyalität schwören, werden praktisch für vogelfrei erklärt. Umgekehrt hat er eine geradezu überschwängliche Affinität zu Autokraten wie Wladimir Putin oder dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un („Und dann haben wir uns verliebt“).