Washington. J.D. Vance holen Aussagen aus seiner Vergangenheit ein. Und ein Trump-Insider weiß: Mit einer Rede hat er den Ex-Präsidenten verärgert.

Im Rennen um die US-Präsidentschaft erwägt der republikanische Spitzenkandidat Donald Trump offenbar, seinen designierten Stellvertreter J.D. Vance durch einen anderen Kandidaten zu ersetzen. Trump ist zum einen irritiert über herablassende und diskriminierende Äußerungen, die Vance über kinderlose Frauen gemacht hat. Hinzu kommt die Erkenntnis, dass der Senator aus Ohio bei Wählern ungewöhnlich schlecht angekommen ist.

Vergangene Woche hatten US-Medien ein drei Jahre altes Interview mit dem 39-jährigen Vance ausgestrahlt, das Trumps Präsidentschaftskampagne in Erklärungsnot gebracht hat. Der erzkonservative Senator sagte, dass die demokratische Partei von „unglücklichen, kinderlosen Katzenfrauen“ gesteuert werde. Deren Ziel sei es, „ihre persönliche und private Misere auch auf andere zu übertragen.“

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J.D. Vance irritiert mit Aussagen

Verblüffte Republikaner schlugen ratlos die Hände über dem Kopf zusammen und versuchten, die Aussagen herunterzuspielen. Vance selbst sagte anschließend, er habe damit nur den Wert und die Bedeutung der Familie in der amerikanischen Gesellschaft unterstreichen wollen. Gleichwohl meinen Experten, dass er seinem eigenen Image irreparablen Schaden zugefügt hat.

J.D. Vance steht seit seinem Fehlstart unter besonderer Beobachtung.
J.D. Vance steht seit seinem Fehlstart unter besonderer Beobachtung. © Getty Images via AFP | Stephen Maturen

Die Ursachen für die sich vertiefende Kluft zwischen Trump und seiner Nummer Zwei liegen aber weiter zurück. Anthony Scaramucci, der während der Trump-Präsidentschaft kurzzeitig Kommunikationschef im Weißen Haus war und sich später gegen dessen Wiederwahl aussprach, ist überzeugt, dass Risse in der Beziehung bereits während des republikanischen Nominierungsparteitags zu sehen waren.

Ex-Vertrauter von Trump: Vance hat einen verheerenden Fehler begangen

„Vance hat den Kardinalfehler begangen, dort bei seiner Rede am vorletzten Abend seine eigene Lebensgeschichte zu erzählen“, sagte Scaramucci, der Trump seit über 25 Jahren kennt. Wer den Narzissmus des ehemaligen Präsidenten aus nächster Nähe miterlebt hat, wisse aber, „dass ein Untergebener von Trump eine Minute lang über sich selbst reden sollte, und dann 35 Minuten über Trump, nicht umgekehrt“. Selbst die Körpersprache des Spitzenkandidaten habe verraten, dass die Ansprache nicht genügend Lob für ihn enthielt und ihm missfiel, ist Scaramucci überzeugt.

In den darauffolgenden Tagen litt die Beziehung weiter. Schließlich ergaben Wählerumfragen, dass Vance der unbeliebteste Vizepräsidentschaftskandidat seit über 50 Jahren ist, und zwar sowohl unter allen Republikanern als auch demokratischen Kandidaten. Trump ist bekanntlich besessen von Umfragen. Die Tatsache, dass sein designierter Stellvertreter dem Image der Kampagne nicht dienlich ist, sondern sogar schadet, versetzte den Immobilienunternehmer in Rage, berichteten enge Berater.

Tauscht Trump Vance aus? Die Nachfolger stehen bereit

Dass Trump seine Nummer zwei demnächst womöglich auswechseln wird, könnte politischen Beobachtern zufolge einen weiteren Grund haben. Schließlich kam der Republikaner mit kräftigem Rückenwind aus dem Parteikonvent im Milwaukee. Auch hatte er nach dem Anschlag in Pennsylvania sein Image als politischer Märtyrer kultiviert und daraus bei Wählern Kapital geschlagen. 

Als aber drei Tage später Präsident Joe Biden seinen Ausstieg aus dem Rennen verkündete und seine Stellvertreterin Kamala Harris nachrückte, nahm dies Trump komplett den Wind aus den Segeln. Möglich ist, dass der frühere Präsident hofft, mit seiner eigenen, sensationellen Ankündigung - nämlich Vance zu „feuern“ - selbst den nächsten Stimmungsumschwung herbeiführen will. Noch dementieren die Republikaner. Das Parteischwergewicht Lindsey Graham sagte gegenüber CNN, Trump erwäge „überhaupt nicht“ Vance auszutauschen.

Sollte es dennoch dazu kommen, stehen bereits andere Kandidaten parat, um sofort an die Stelle des Senators aus Ohio zu treten.